Liebe Städter*Innen
Wie wir letzte Woche im Podcast mit Outdoor-Fotograf David Hinnen gehört haben, musst du weder Profi-Fotograf sein, noch Profi-Ausrüstung haben, um beim Wandern schöne Bilder von den Bergen zu machen. Machst du wahrscheinlich ja auch schon! Aber man lernt ja bekanntlich nie aus. Deshalb habe ich David gebeten, uns einige Tipps zu geben, wie wir auf unserer nächsten Wanderung die Berge und Alpenlandschaft noch besser in Bildern festhalten können. Weil ich wohl so nett gefragt habe (oder einfach weil er ein total netter Typ ist 🙂 ) teilt er mit uns in diesem Beitrag sechs simple Tipps, die dir – egal welches Fotogerät du in der Hand hältst – dazu verhelfen, noch bessere Fotos auf deinen Wanderungen zu machen.
Let’s go!
Tipp 1: Überprüfe deinen Bildrand.
Suche den Bildrand nach störenden Elementen ab, wie beispielsweise einem ins Bild hängenden Ast oder einem speziell hellen Fleck. Eliminiere solche Störfaktoren, indem du deine Position oder deinen Foto-Winkel änderst.
Schneide wenn möglich nichts im Bild ab. Abgeschnittene Bergspitzen oder Baumwipfel sowie auch der fehlende Fuss des Wanderers lassen ein Bild unvollständig aussehen.
Platziere dein Hauptmotiv, wie beispielsweise eine schöne Berghütte, nicht komplett am Bildrand. Überlege dir beim Betrachten der Szene, wohin es das Auge am meisten zieht – dieser “Point of Interest” sollte nicht direkt am Bildrand liegen.
Tipp 2: Wovon willst du ein Bild machen?
Durch die Platzierung deines Subjekts im Bild kannst du die Aussage komplett verändern. Du glaubst mir nicht? Schau dir diese beiden Bilder an.
Bild 1 ist «ein Bild von einem Wanderer in einer Berglandschaft». Der Fokus liegt auf dem Wanderer. Bild 2 ist «ein Bild einer Berglandschaft mit einem Wanderer». Der Fokus liegt auf der Berglandschaft.
Also nochmal die Frage – wovon willst du ein Bild machen? Setze deinen Fokus dementsprechend. Es muss sich nicht unbedingt wie im Beispiel um einen Wanderer handeln, sondern das Prinzip gilt auch für jedes sonstige Motiv wie beispielsweise eine Berghütte, ein Tier oder eine Blume. Stelle also das Subjekt, das du ins Zentrum rücken willst, grösser dar indem du mit der Kamera etwas näher ran gehst. Dabei wird man übrigens auch automatisch mehr Details erkennen können.
Tipp 3: Finde die Balance.
Nein, das ist keine Anspielung auf deine Trittsicherheit (obwohl ein sicherer Stand beim Fotografieren in den Bergen sicher auch nicht schlecht ist). Gemeint ist, dass die Elemente in deinem Bild gegenseitig ausbalanciert sind. Was heisst das? Einfach gesagt bedeutet dies, dass einzelne Subjekte gleichmässig im Bild verteilt sein sollten und sich beispielsweise nicht alle in derselben Bildhälfte ballen. Im unteren Bild befinden sich sowohl die Berge, als auch die Berghütte eher in der unteren rechten Hälfte des Bildes.
Würden nun im oberen linken Ecken beispielsweise zwei oder drei Heissluftballons schweben, wäre das Bild schon viel ausbalancierter.
Da aber logischerweise beim Wandern nicht immer gerade Heissluftballons wie bestellt herumschweben, kann es auch eine schöne Wolkenformation sein 😉
Tipp 4: Beachte die Direktionalität.
Ich hab auch kurz leer geschluckt bei dem Wort und gedacht “o.k. ich folge bis hier und nicht weiter” 😀 !
Was sich aber kompliziert anhört, ist im Prinzip eigentlich ganz einfach. Eine Überlegung, welche viele ambitionierte Hobbyfotografen*Innen sich nicht machen, ist in welche Richtung die Bewegung oder der Blick eines Subjekts geht. Das Subjekt sollte im Bild so platziert werden, dass es Platz hat, sich “in das Bild hinein zu bewegen”.
Zum Beispiel:
- Der Wanderer läuft von links nach rechts; platziere ihn am linken Bildrand, damit er “in das Bild hineingehen kann”.
- Oder der Steinbock blickt von rechts nach links; platziere ihn am rechten Bildrand, damit er “in das Bild hineinsehen kann”.
In den Beispielbildern oben wäre Bild 1 korrekt und Bild 2 falsch. Das Prinzip gilt nicht nur bei Bewegung von links nach rechts oder umgekehrt, sondern auch bezüglich Bewegung von vorne nach hinten. Übersetzt: läufst du hinter deinem/r Wanderpartner*In und du fotografierst von hinten, solltest du oben im Bild Platz lassen, sodass der Weg vor euch ebenso abgebildet ist. Ragt vor euch zum Beispiel auch noch eine Bergspitze hinter dem Wald hervor, bietet es sich an, dieses “Ziel” mit auf das Bild zu nehmen.
Tipp 5: Es werde Licht.
Licht ist gut – ohne Licht gibt es kein Bild. Aber zu viel Licht ist eben auch nicht das Wahre. Denn ein Bild lebt auch vom Zusammenspiel zwischen Licht und Schatten! Je nach Konstellation zwischen Sonne, Kamera und Subjekt ergeben sich drei Szenarien: “Front-Light”, “Side-Light” und “Back-Light”.
«Front-light»
Front-Light gibt es vor allem um die Mittagszeit, wenn die Sonne gerade vom Himmel strahlt. Dabei sieht die Kamera praktisch keine Schatten. Der Effekt ist, dass ein Bild sehr leblos wirken kann wie beispielsweise beim Bild dieses Bären. In diesem Bild haben wir nicht nur zu wenig Schattenspiel – wie ihr mittlerweile auch wisst stört der dürre Ast, der oben rechts ins Bild hängt, ebenso. Es soll nicht gesagt sein, dass du am Mittag keine guten Bilder machen kannst – es gilt dann einfach die vorgängigen Tipps stärker zu beachten, da du allein durch Licht-Schatten-Kontraste nicht genug Spannung im Bild aufbauen kannst. Aber du kannst auch gut einfach dein Mittagessen geniessen und später die Kamera zur Hand nehmen 🙂
«Side-light»
Bei diesen Lichtverhältnissen entsteht dramatische Stimmung, da auch prominente Schatten im Bild vorkommen. Diese Lichtverhältnisse trifft man am ehesten am frühen Vormittag oder am frühen Abend an, wenn die Sonne tiefer steht und grössere Schatten werfen kann. Aus diesem Grund gehen viele Fotografen auch nur kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang fotografieren. Es lohnt sich also auch mal früh aufzustehen oder bei der Übernachtung in der Berghütte nach dem Abendessen nochmal mit der Kamera / dem Smartphone in der Hand raus zu gehen!
In diesem Bild kommt das Licht von vorne rechts – der Schatten gibt dem Bild Tiefe und Drama. Die Berge in der Distanz sind nicht abgeschnitten und haben oberhalb noch ein wenig Platz zum “Atmen”. Trotzdem ist klar die Düne das vordergründige Subjekt in diesem Bild.
«Back-light»
Diese Lichtverhältnisse sind eine Herausforderung für Kamera und Fotograf*In, da die Kamera gleichzeitig die Lichtquelle und all die dadurch geworfenen Schatten abbilden soll. Bei diesem Lichtszenario können tolle Silhouettenbilder entstehen!
Tipp 6: Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit!*
Dies ist David’s Top-Tipp wenn es ums Wandern geht: Geniesse zuerst die Aussicht, bevor du die Kamera zur Hand nimmst.
https://flic.kr/p/2j41PEK
Nimm dir ein paar Minuten Zeit die Szene zu betrachten. Trink einen Schluck Wasser (Hydrieren ist immer gut) und wenn du danach immer noch denkst, dass sich ein Foto lohnt, dann mach dich in Ruhe daran, die 5 Tipps in diesem Beitrag durchzugehen, um ein tolles Bild aufzunehmen. Oft ist weniger mehr: 2 – 3 gut überlegte Bilder einer Wanderung können viel mehr aussagen, als 20 – 30 Snapshots. Ausserdem ist es später weniger mühsam, die Bilder durchzugehen und zu sortieren 😉
*Tipp 6 gilt logischerweise nicht, wenn die Möglichkeit auf ein gutes Bild zeitlich extrem begrenzt ist: zum Beispiel wenn ein Steinbock 2 Murmeltiere auf seinen Hörnern balanciert während dahinter gerade die Spitze des Matterhorns aus einem Wolkenloch guckt und das ganze von einem Regenbogen eingerahmt wird.
Noch ein Wort zum Sonntag von der Autorin.
Kein noch so spektakuläres Bild ist es jemals Wert, dass du auf irgendeinem Felsvorsprung dein Leben aufs Spiel setzt. Instagram is just not that important. Das war’s. AMEN. Viel Spass beim Wandern und Fotografieren :-)!
Dieser Beitrag wurde gesponsort von David Hinnen Photography, vielen Dank für deine erstklassigen Tipps und deine Unterstützung!
Dave’s tolle Bilder findest auf…
Website: www.davidhinnen.com/about Instagram: instagram.com/davidhinnen Facebook: facebook.com/davidhinnen
Noch nicht genug vom Wandern?
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I love the tutorial with images and the tips you gave! You can clearly visualize it!
Thank you so much for your feedback, I am happy you enjoyed the post and I hope you learned something new as well 🙂