Wanderwochenende im Lötschental: eine Nacht in der autarken Anenhütte.

Liebe Städter*Innen

Im August 2019 durfte ich die Anenhütte im Lötschental besuchen und habe dort eine Nacht verbracht. Die Anenhütte ist eine der wenigen Alphütten, welche in Privatbesitz ist, es ist also keine SAC-Hütte. Die Hütte ist relativ neu (sie wurde im Jahr  2007/2008 neu aufgebaut, nachdem die alte Hütte 2007 durch eine Staublawine zerstört wurde) und hat einen vergleichsweise luxuriösen Ausbaustandard – sie vermarktet sich als exklusivste Berghütte. Entsprechend kostet eine Übernachtung auch etwas mehr als in einer SAC-Hütte. Ob sich dieser Spass auch wirklich lohnt und was ihr erwarten könnt, erfahrt ihr in meinem Bericht.

Tag 1 – Anreise Wiler (Lötschen) – Lauchernalp – Fafleralp – Anenhütte

Wir reisen früh mit dem öffentlichen Verkehr von Bern aus an. Ab Bern fahren wir ohne Umsteigen mit der BLS bis nach Goppenstein. Dabei muss man in Bern darauf achten, in den richtigen Teil des Zugs einzusteigen! Der Zug teilt sich nämlich in Spiez auf: während ein Teil Richtung Zweisimmen fährt, fährt der andere Teil Richtung Brig. Wir achten also auf dem Gleis darauf, in die Zughälfte Richtung Brig einzusteigen um später in Spiez nicht nochmal umsteigen zu müssen. In Goppenstein angekommen steigen wir um ins Postauto, welches uns zur Talstation der Luftseilbahn auf die Lauchernalp bringt (Haltestelle Wiler Lötschen, Talstation). Wir nehmen die Gondel auf die Lauchernalp wo unsere 15.8 km lange Route startet. Für die Wanderung, auf der man ca. 1’000 Höhenmeter auf- und 700 Höhenmeter absteigt, sollte man zwischen 5.5 – 6 Stunden einrechnen.

Route Tag 1 Lauchernalp Schwarzsee Fafleralp Anenhütte

Auf der Lauchernalp ist im Sommer der Betrieb der Sessellifte eingestellt, weshalb wir der Bahn entlang bis nach Stafel aufsteigen. Es ist wirklich ungewohnt die Lauchernalp im Sommerkleid zu sehen, da ich sie sonst nur in den Wintersportferien als schneesichere Ski- und Snowboard-Destination kenne. Wir kehren zuerst einmal in meinem Lieblings-Restaurant auf der Lauchernalp ein, dem Berghaus, und geniessen zum Kaffee einen Nussgipfel. Schade ist es noch so früh, die Pizza im Berghaus ist nämlich auch wirklich gut 🙂

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Nach der Stärkung laufen wir dem Höhenweg entlang weiter in das Tal hinein Richtung Schwarzsee-Fafleralp. Theoretisch kann man auch mit dem Postauto bis zur Fafleralp fahren, allerdings wäre das viel zu einfach 🙂 Auf dem Weg treffen wir auf einige Eringer-Kühe, die drauf und dran sind, ihre Rangordnung auszukämpfen. Um nicht in die Hitze des Gefechts zu geraten, machen wir einen grossen Bogen um die Tiere herum und schauen aus sicherer Distanz noch einen Moment lang zu.

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Sobald wir uns dem Schwarzsee nähern, treffen wir mehr Tagesausflügler an – man merkt es einfach sofort, wenn Ausflugsziele leicht erreichbar sind… Wir machen nur eine kurze Mittagspause am Schwarzsee, wonach wir weiter zu Fafleralp laufen. Irgendwie schon schade, dass es dort Parkplätze und eine Haltestelle gibt. Die Szenerie wäre um einiges schöner mit weniger Tagesausflüglern. Trotzdem ist die Landschaft, die sich im Gletschervorfeld des Langgletschers vor uns eröffnet atemberaubend schön und erinnert mich ein wenig an Herr der Ringe.

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Nur an wenigen Orten in der Schweiz ist ein Gletschervorfeld so einfach erreichbar wie hier. Nicht umsonst ist dieser von der UNESCO ausgezeichnete Flecken Natur von nationaler Bedeutung.

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Langsam aber sicher nähern wir uns dem Langgletscher und lesen auf dem Weg aufmerksam die Infotafeln, welche dessen Rückgang über die Jahrzehnte markieren. Seit 1850 hat der Langgletscher 2km an Länge verloren und er schmilzt schier unaufhaltsam weiter. Kein Wunder – denn zwischen 1974 und 1998 ist die Jahresdurchschnittstemperatur im Lötschental um 2°C gestiegen und die durchschnittlichen Schneehöhen haben sich mehr als halbiert. Auf Gletschervergleiche.ch ist der Unterschied durch die Visualisierung mittels Bild-Schieber eindrücklich dargestellt.

Ich habe ein kleines Video gemacht, in dem man anhand der Moräne die langfristige Veränderung sehr gut erkennen kann (mit Klick auf das Bild wirst du auf Flickr.com weitergeleitet):
Langgletscher

RückgangLanggletscher
Ungefähre Markierung der Gletscherlängen 1933 – 2020

Wir wandern über den kleinen Grat, welcher neben dem Gletscher entlang führt. Ich muss immer wieder aufpassen nicht vor lauter staunen das Gleichgewicht zu verlieren. Als endlich gegen 17:00 Uhr die Anenhütte in Sicht kommt, staune ich aufgrund der modernen Architektur der Hütte, die sich wie ein grauer Fels in die Landschaft einschmiegt.

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Lötschental Fafleralp | von michele.schneider92

Wir geniessen erst einmal ein kühles Bier auf der Terrasse der Hütte, welche auf 2’358 m.ü.M liegt. Allerdings werden wir ziemlich rasch darauf Aufmerksam gemacht, dass es schon sehr bald Zeit für das Abendessen ist und das heisse Wasser der Duschen demnächst abgestellt wird.

Das Check-In läuft daraufhin etwas chaotisch ab, da alle Angestellten schon mit der Vorbereitung des Abendessens beschäftigt sind und es keine offizielle “Reception” oder Ähnliches gibt. Wir erhalten je ein Dusch-Jeton (pro Person gibt es 5 Minuten warmes Wasser) sowie ein paar “Hütten-Crocs” und werden angewiesen, unsere Wanderschuhe im Schuhraum im Untergeschoss auszuziehen. Das Hüttenpersonal macht bei der Ankunft einen etwas gestressten Eindruck. Allerdings bin ich dafür von den Zimmern sehr positiv überrascht. Da die Übernachtung nicht günstig ist, hatten wir uns für das Mehrbettzimmer mit 3 Doppelbetten entschieden. Da wir zu viert unterwegs waren, teilten wir somit unser Zimmer mit einem Pärchen – was allerdings überhaupt kein Problem war. Die Zimmer sind sehr gemütlich mit Holz ausgekleidet, haben bequeme Betten sowie ein kleines Bad mit WC und Lavabo. Und das Beste: vom Bett aus kann man durch das Fenster den Blick direkt auf den Langgletscher geniessen. Duschen muss man allerdings im Untergeschoss in Gemeinschafts-Duschen (zumindest bei unserer Zimmerkategorie).

MehrbettzimmerAnenhütte
Bildquelle https://anenhuette.ch/site/de/uebernachten/zimmer/mehrbettzimmer

Die Hütte funktioniert autark, ist also nicht an die Strom- und Wasserversorgung des Lötschentals angebunden. Stattdessen wird das Wasser im Wasserhahn aus einer Quelle in der Nähe bezogen und in die Hütte geleitet. Der Strom wird mit einem eigenen kleinen Wassererkraftwerk erzeugt – die Peltonturbine steht nur ca. 200m neben der Hütte. Mehr Infos dazu findest du hier. Es ist erstaunlich, dass man als Gast relativ wenig davon mitbekommt. Abgesehen von den Duschjetons, bekommt man in der Hütte fast jeden Luxus geboten.

Da wir eher spät dran sind, müssen wir uns etwas beeilen mit der Dusche, denn das Gemeinschaftsessen (ein 4-Gänger) gibt es für alle um eine fixe Uhrzeit. Das Hüttenteam kocht auf Vorankündigung auch ein Spezialmenu für Vegetarier/Veganer. Man bekommt auf jeden Fall genug zu Essen – pro Tisch gibt es einen grossen Topf, aus dem man solange nachschöpfen kann, bis er leer ist. Dazu gibt es eine Auswahl guter Walliser Weine. Diese sind allerdings nicht inbegriffen und leider auch nicht ganz günstig. Trotzdem gönnen wir uns eine Flasche und spielen nach dem Essen noch eine Runde Yatzy und machen einen Verdauungs-Sparziergang um die Hütte. Wir fallen aber dann doch relativ bald ins gemütliche Bett und einen tiefen Schlaf.

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Tag 2 – Abreise & Rückweg dem Gletscher entlang

Nach einer erholsamen Nacht ist das Aufwachen mit Sicht auf den Gletscher absolut einzigartig. Wir geniessen das Frühstücksbuffet, welches sehr lecker ist. Nur für Veganer ist die Auswahl ein bisschen eingeschränkt. Bevor man auschecken kann, muss man die Betten allerdings selbst abziehen, was mich ein wenig irritiert. Denn die Übernachtung hat doch einen stolzen Preis und die Anenhütte wird als “exklusivste Berghütte” vermarktet.

Für den Rückweg entschliessen wir uns dem Gletscher entlang zurück zur Fafleralp zu wandern und von dort aus mit dem Postauto zurück via Goppenstein nach Hause zu fahren. Für diesen Abstieg von ca. 600 Höhenmetern planen wir ca. 2h – 2.5h ein – denn ich möchte einen kurzen Abstecher in die Nähe des Gletschertors machen. Sofern man am Vorabend ein Lunchpaket bestellt hat, kann man Proviant von der Hütte mitnehmen.

Route Tag 2 Anenhütte Fafleralp

Der Weg am Gletscher entlang ist als blau-weiss gekennzeichnet, ich finde ihn allerdings nicht übermässig schwierig. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass der Weg bei Nässe gefährlich sein kann, da es oft über das vom Gletscher glatt-geschliffene Gestein geht.

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Auf der Höhe des Gletschertors verlasse ich den Wanderweg, um es etwas näher anschauen zu können, ich habe nämlich noch nie einen Gletscher aus der Nähe betrachtet. Dabei bin ich natürlich sehr vorsichtig und mir ist bewusst, dass das Gletschertor des Langgletscher gerade 2017 das letzte Mal eingestürzt ist.

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Was für ein komisches Gefühl ein Stück ewiges Eis in meinen Händen schmelzen zu sehen… Von hier aus geht es wieder durch das wunderschöne Gletschervorfeld zurück zur Fafleralp. Dort holen wir uns noch eine erfrischende Glace und schon nach wenigen Minuten können wir ins “Poschi” einsteigen.

Mein Fazit zur Anenhütte ist, dass sie wirklich ausgezeichneten Komfort und ein einmaliges Erlebnis bietet. Die Lage ist einfach atemberaubend – wie auch der Weg dorthin. Das Essen ist ausgezeichnet und die Stimmung unter den Hüttengästen war zumindest bei unserem Besuch geprägt von gemütlichem Zusammensein. Die Hüttencrew hat allerdings einen sichtlich stressigen Arbeitsalltag und entsprechend wenig Zeit für Gastfreundlichkeit. Ebenfalls etwas schräg ist, wie der Hüttenbesitzer auf jedem Leaflet, das auf jedem Nachtisch liegt, erwähnt wird und schon fast etwas Guru-ähnlich umschrieben wird (sich selbst beschreibt?). Die Hütte trägt wohl nicht umsonst den bescheidenden Namen “Peter Tscherrig Anenhütte” (Herr Tscherrig ist der Besitzer)… Wer die Hütte besuchen möchte, sollte allerdings nicht mit der Erwartung hingehen, einen Hotel-Service zu erhalten. Es ist nach wie vor noch eine Berghütte und kein 5-Sterne-Resort.

Unter diesem Vorbehalt kann ich eine Übernachtung in der Anenhütte und besonders auch die Wanderung durch das Gletschervorfeld sehr empfehlen!

Noch nicht genug vom Wandern?

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Quellen

https://anenhuette.ch/site/images/wandern/flyer-gletschervorfeld-loetschental.pdf
https://anenhuette.ch/site/de/news/77-100-autark

Michèle

Die Schweiz darf ich seit knapp 20 Jahren mein Zuhause nennen und seit etwas mehr als einem Jahr besitze ich sogar das kleine rote Büchlein aka den Schweizer Pass. Ein grosser Teil meiner Schweizer Identität ist das Wandern in den Alpen. Schon jetzt freue ich mich wieder auf die tollen Wanderungen in diesem Jahr und möchte mit meinem Blog den Stadtkindern der Schweiz Inspiration, Tipps und Infos rund um das Wandern in den Schweizer Bergen liefern, damit auch ihr in der kommenden Wandersaison bereit seid, die Gipfel der Alpen zu stürmen :-)

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2 thoughts on “Wanderwochenende im Lötschental: eine Nacht in der autarken Anenhütte.

  1. Danke für die tolle Beschreibung der Wanderung. Das klingt definitiv nach einer schönen Wanderung in einer sehr schönen Landschaft. Ich freue mich auf den Sommer, wer weiss, vielleicht komme ich dann mal ins Lötschental.

    1. Hoi Andrea, dein Feedback freut mich sehr – vielen Dank! Ich kann die Wanderung wirklich sehr empfehlen und hoffe, du wirst sie so geniessen wie ich damals 🙂

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