Die Candidate Experience bildet das Herzstück vieler Employer Branding Massnahme. Durch eine Employer Branding Strategie, kann die Positionierung der Arbeitgebermarke optimiert und dadurch potenzielle Bewerbende angesprochen werden. Aber eine abstrakte Strategie muss auch an einem gewissen Punkt in konkrete Anwendungsbereiche runtergebrochen werden. Hier greift ein ausgereiftes Candidate Experience Management mit folgenden Fragestellungen:
- Wer sind unsere Kandidat*innen / Interessenten?
- Wie sieht die komplette Candidate Journey (Life cycle) aus?
- Was sind unsere Touchpoints?
- Wie kann ein Bewerbender optimal an den Touchpoint abgeholt werden?
- Wie kann die Candidate Journey optimiert und überwacht werden?
Candidate Experience ist ein Managementansatz, der seinen Ursprung im Wesentlichen aus Modellen des modernen Kundenmanagement – dem Customer Experience – adaptiert. So zu sagen Customer Experience für das Personalwesen. In der Literatur wird Customer Experience Management folgendermassen definiert (Verhoeven T., 2016: 11):
Candidate Experience Management (CXM) bezeichnet die aktive Gestaltung aller Kontaktpunkte des Bewerbers (Candidate Touchpoints) mit dem Unternehmen mit dem Ziel, einen positiven Gesamteindruck zu hinterlassen. Aus Sicht des Bewerbers als Kunden eines Unternehmens werden am Vorbild des CEM Systeme, Menschen und Prozesse schrittweise analysiert und interpretiert. Im Mittelpunkt steht das Erleben des Bewerbers. Weiterhin wird es mit der Sicht von außen möglich, zu verstehen, welche tatsächlichen Erwartungen.
Nachfolgend werden nun die einzelnen Themenbereiche des Candidate Experience Management genauer erläutert. Wie immer in meinen Blogposts finden sich im letzten Abschnitt, die Quick wins mit konkreten Anwendungsbereichen für das daily Business.
Candidate Journey
Die Candidate Journey beschreibt alle direkten und indirekten Berührungsprunkte (Touchpoints) zwischen dem Unternehmen und dem Bewerbenden. Auch die Candidate Journey wird von der Customer Journey abgeleitet und wird grob in ein 6-Phasen-Modell unterteilt:
- Awareness
Wie wird der/die Kandidat*in auf uns aufmerksam? Wie können wir jemanden auf das Unternehmen aufmerksam machen, der uns nicht als «Employer of Choice» einstuft?
- Consideration
Der Bewerbende hat uns und ähnliche Unternehmen bewusst wahrgenommen z.B. besucht er unsere Karriereseite und informiert sich über unsere Angebote.
- Interest
Der/die Kandidat*in hat das Unternehmen als einen passenden und potentiellen Arbeitgeber eingestuft (z.B. selbe Werte, spannende Tätigkeitsbereiche). Deshalb möchte er weitere Informationen erhalten oder in Kontakt bleiben (z.B. Social Media)
- Application
Während dem gesamten Bewerbungsprozess durchläuft er/sie verschiedene Kontaktpunkte. Im «Application» Touchpoint wird er/sie mit dem Stelleninserat und dem Bewerbungstool sich als erstes auseinandersetzten.
- Selection
Unter «Selection» wir der Kontakt mit den zuständigen Recruiting Partner des Unternehmens verstanden.
- Hire
Im letzten Touchpoint wird der gesamte Prozess zwischen Vertragsabschluss bis zum Onboarding des neuen Mitarbeitenden beschrieben
(…) eine positive Candidate Experience kann folglich zu einem Differenzierungsfaktor werden – dies ist insofern interessant, da Arbeitgeber in ihrer Employer Value Proposition (Arbeitgeberwerte-Versprechen) häufig nur geringes Differenzierungspotenzial haben. (…) Diese ist jedoch nur zu erreichen, wenn sie konsistent an allen Touchpoints durch ein systematisches Candidate Experience Management umgesetzt wird (Verhoeven T., 2016: 10).
Candidate Touchpoints
Durch das bewusste eingreifen in die verschiedenen Touchpoints in der Candidate Journey kann somit das Empfinden für den/die Kandidat*in positiv beeinflusst werden. Nachfolgende habe ich eine Übersicht möglicher Touchpoints in dem 6-Phasen-Modell unterteilt. Diese Auflistung ist nicht abschliessend und kann je nach Unternehmen oder Position anders ausfallen. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass nicht jeder Bewerbende jeweils alle Touchpoints durchlaufen muss. Deshalb soll die nachfolgende Tabelle als Orientierung und Inspiration dienen.
1. Awareness |
2. Consideration | 3. Interest | 4. Application | 5. Selection |
6. Hire |
Social Media |
Karriereseite Social Media Info-Broschüren Karriere-Messen |
Karriere-Events Social Media Talent Netzwerke Aktuelle Mitarbeitende |
JobInserat Bewerbungstool Email / Telefon (Rückmeldungen) Interview |
Email / Telefon (Feedback / Dauer)
|
Vertragsangebot |
Quick wins: Anwendung in drei Schritten
Wie in jedem Blogpost möchte ich der Leserschaft in konkreten Beispielen und Herangehensweisen aufzeigen, wie man das beschriebene Thema in der Praxis anwenden kann. Durch die nachfolgenden drei Schritten kann jede*r die eigene Candidate Experience analysieren und auch optimieren.
- Wer sind deine Kandidaten und Kandidatinnen?
Als ersten Schritt muss genau verstanden werden wer die Bewerbenden sind. Sind es Absolvierende oder Professionals? Internationasl oder locals ? MINT Talents ? Sie sehen, je nach Profil gibt es natürlich auch unterschiedliche Touchpoints. Um die Kandidat*innen besser kennenzulernen, kann man eine «Candidate Persona» erstellen. Dabei soll man sich Gedanken über die Charakteristika, Fähigkeiten, Eigenschaften, deren Ziele und Erwartungen. Nachfolgend ist eine beispielhafte Persona-Vorlage.
Quelle: https://intrvu.org/job-search/applicant-persona-and-job-seekers/
- Definiere die Candidate Journey
Nachdem man sich in einem ersten Schritt bewusst gemacht hat, welche genauen Eigenschaften der zukünftige Bewerbende hat, kann nun die Candidate Journey für diese heruntergebrochen werden. Um das Beispiel zu veranschaulichen, verfahre ich hier mit der Zielgruppe MINT Talents, die den Berufseinstieg nach dem Studium suchen:
- Awareness
Durch passende Social Media Posts (z.B. Instaram) machen wir uns als Unternehmen aufmerksam, dass wir Berufseinstiegsmöglichkeiten im MINT Bereich anbieten.
- Consideration
Durch den Auftritt an Absolventenmessen und inhouse Events für Studierende kommen wir mit den Absolvierenden in den direkten Kontakt. Wir können interagieren und über offene Punkte sprechen. Hierbei können auch physische Unterlagen, wie eine Broschüre, abgegeben werden.
- Interest
Die interessierten Absolvierenden abonnieren unsere Social Media Kanäle oder allenfalls ein Job-Allert. Dadurch bleiben sie über die aktuellen Änderungen oder Neuigkeiten informiert.
- Application
Sobald eine passende Stelle ausgeschrieben ist, bewirbt sich die Person. Dabei durchläuft sie unsere Rekrutierungsfragen in unserem Bewerbungstool. Die Dauer der Reaktion von Seiten des Unternehmens ist hier relevant: Bis zu einem Erstkontakt sollten nicht mehr als zwei Woche verstreichen.
- Selection
Bei den Interviewgesprächen ist eine angenehme Gesprächsatmosphäre wichtig. Es soll eine Vertrauensbasis aufgebaut werden zwischen Bewerbenden und Recruiter. - Hire
Die Information für die Anstellung sollte bei einem persönlichen Gespräch erfolgen. Beim Zusenden des Vertrages erhält der Bewerbende ein Dossier mit weiteren Informationen des Unternehmens (z.B. Broschüre über Benefits, Infos zum Onboarding, etc.),
- Optimieren und analysieren der Touchpoints
Nachdem nun der bestehende Candidate Journey für die Zielgruppe beschrieben wurde, kann dieser nun analysiert werden.
- Gibt es Touchpoints die vergessen gingen (z.B. soll auch LinkedIn anstatt nur Instagram bespielt werden)?
- Sind die gewählten Touchpoints die richtigen (z.B. Wurde die richtige Karrieremesse gewählt)?
- Kann man die bestehenden Touchpoints verbessern (z.B. Interviewgespräch, Ansprechpersonen auf Karriereseite hinterlegen, etc.)
Wichtig ist hier nochmals zu erwähnen, dass jedes Kandidatenprofil andere Journeys haben kann. Daher wird es vorkommen, dass man verschieden Massnahmen ergriffen werden müssen, um die geeigneten Kandidat*innen rekrutieren zu können.
In meinem nächsten Blogpost werde ich über Social Media im HR-Kontext schreiben und dabei einen besonderen Fokus auf LinkedIn legen.