Backen fällt nicht allen leicht. Das kann ich total verstehen, denn mir ging das auch mal so. Als ich beispielsweise aus meiner ersten Wohnung auszog, war der Backofen so unbenutzt, dass ich ihn einfach so abgeben konnte, wie ich ihn beim Einzug vorgefunden hatte. Ich musste ihn nicht mal ein bisschen reinigen. Wenn ich heute aus meiner Wohnung ausziehen würde, ginge das nicht mehr so einfach. Mein Backofen musste mittlerweile schon viel mit mir durchmachen.
Bis zu meinem Entscheid, auf dem zweiten Bildungsweg ein Studium durchzuziehen, lebte ich einen ziemlich ungesunden Lifestyle. Ich ass viel zu viel Fleisch, Kohlenhydrate und Zucker und bewegte mich zu wenig. Und das «Training» im örtlichen Fitnessstudio halfen eher meinem schlechten Gewissen als meiner Fitness. Als ich jedoch für meine Studienzulassung nach Fribourg für meine Berufsmaturität zog, änderte ich auch meine Essgewohnheiten. Schuld daran hatte vor allem einer meiner damaligen Mitbewohner –Harry.
Der allererste Crossfit-, Fitness- und Low-Carb-Influencer
Harry hatte eben sein Doktorat gestartet – und wenn er nicht am Feiern war, machte er Crossfit. Das war 2012, noch bevor die ersten Fitness-Influencer Crossfit überhaupt buchstabieren konnten. Er war auch der erste, der mir zeigte was TRX Suspension Training ist. Harry erklärte mir, welche Bewegungen welche Muskeln trainierten und welche Inhaltsstoffe für den Körper wichtig sind. Er erzählte mir von den Leuten, die Proteinpräparate assen wie Gummibärchen – nur um sich dann über die Gewichtszunahme zu wundern. Harry war es auch, der mir erklärte, dass es in der Ernährung nicht immer viele Kohlenhydrate braucht, sondern dass ich mich auch mit wenig oder keinen Kohlenhydraten ernähren könne, Low- oder No-Carb halt. Aber was zum Teufel hat Low-carb oder No-carb mit backen zu tun?
Von bewusstem Einkaufen und dem Weg zum Ofen
Während meiner Zeit in Fribourg wurden Filme über die Nahrungsmittelindustrie immer populärer (Supersize Me, More than Honey, The Future of Food). Schockierende Bilder über Tierhaltung, verödete Landstriche oder der Diskurs über Diabetes als nächste Volkskrankheit wurden zu allgegenwärtigen Themen in der Gesellschaft. Das ging auch an mir nicht spurlos vorbei. Plötzlich achtete ich auf Inhaltsstoffe, legte Produkte mit hohem Palmöl-Anteil zurück ins Regal und versuchte so gut wie möglich auf industrielle «Kohlenhydrat-Endprodukte», wie Brot, Fertiggerichte oder Pasta zu verzichten. Aber nur weil ich weniger Kohlehydrate ass, heisst das nicht, dass ich komplett auf Zucker und Mehl verzichten konnte – und wollte. Und da entdeckte ich etwas, das mein Leben verändern sollte: den Backofen.
Ich fragte mich, warum ich industriell hergestelltes Brot vom Coop oder Migros kaufen sollte, wenn ich es doch selber machen könnte – und auch noch weiss, was wirklich drin ist. Ich fragte mich, warum ich Guetzli mit Geschmacksverstärker und undurchsichtigen Mengen an Zucker kaufen sollte, wenn ich genauso gut eigene, leckere und gesündere Süssigkeiten machen könnte. Und was als kleines Selbstexperiment startete, wurde grösser als ich es je erwartet hätte.
Die (Brot-)Mischung macht das Glück
Die ersten Versuche waren noch holprig, doch je mehr ich testete und ausprobierte, desto besser wurde meine Kreationen. Anfangs buk ich noch einfache Dinge, beispielsweise eine Low-Carb Dinkelteig Apfel-Wähe, ohne Guss. Oder die ersten Vollkorn-Brote mit Kürbis- und Sonnenblumenkernen. In der Küche entstand eine neue Welt für mich, meine Welt. Eine Welt, in der ich komplett mich selber sein konnte. Eine Welt, in der ich den Alltagstress vergass. Eine Welt, in der ich meine Kreativität ausleben konnte, so wie ich wollte. Ich merkte, wie mich das Backen erfüllte, wie ich nach neuen Rezepten lechzte, wie ich es vermisste, wenn ich lange keine Zutaten zu etwas Wunderbarem zusammenmischen konnte. Und ich merkte, wie dass auch andere Freude an meinen Backwaren haben. Erst waren das nur meine Mitbewohner, die ich meine Brot- und Backkreationen testen liess. Erst brauchte es für ein Brot drei bis vier Tage bis es weg war. Aber mit jedem weiteren Versuch, waren die Brote und Kuchen schneller weg. Bis sie irgendwann weggingen wie heisse Brötchen (haha, Wortwitz).
Deine Freude beim Essen ist meine Freude fürs Backen
Meine Mitbewohner blieben aber nicht die einzigen «Glücklichen». Auch meine Familie kam in den Genuss, mir Verbesserungsvorschläge für Kuchen und Co zu geben. Die Feuertaufe kam aber erst noch: ein Geburtstagskuchen für meine damalige Freundin. Sage und schreibe einen ganzen Nachmittag buk ich an der selbstgemachten Himbeerroulade mit gestürztem Biskuitteig – aber es lohnte sich. Dafür brauchte es auch keine Worte, der Blick in die Augen meiner damaligen Freundin reichte. Diese Freude erfüllte mich, sie gab mir ein gutes Gefühl.
Wie ein Adrenalinjunkie wollte ich dieses Gefühl wiederholen – die Freude in den Augen, wenn meine Kreationen die Geschmacksknospen erreichen. So kam es, dass ich bis heute Freunden, Familie, Arbeitskollegen und meiner besseren Hälfte mit meinen Backkünsten Freude bereite – auch wenn mein Backofen manchmal darunter leiden muss.
Weitere spannende Artikel rund ums Backen findest du direkt auf meinem Blog: www.bakingben.ch
Hi Ben. Backen ist etwas wunderbares – es öffnet das Herz und lässt die Augen glänzen! Ich sehe, wir haben eine sehr ähnliche Passion, das freut mich zu sehen! Für mich ist es das Grösste meine Liebsten mit meinen kleinen Kunstwerken aus der Backstube zu verwöhnen! Gerne lasse ich mich von deinen Künsten für meinen FoodDeco Blog inspirieren. 🙂