Bei meinem letzten Blogpost habe ich die wichtigsten Informationen zu den Vorlagen Trinkwasserinitiative, Pestizidverbot und CO2-Gesetz kurz zusammengefasst. Wenn du es noch nicht gelesen hast, klicke auf den Link.
Nun versuche ich über zwei weitere wichtige Abstimmungen, nämlich das Covid19-Gesetz sowie das PMT (Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus) zu berichten. Beide sorgen für grosse Diskussionen unter den Befürwortern und Gegner auf allen Medienplattformen. Auch in diesem Post möchte ich die Pros und Contras der beiden Vorlagen als Hilfsmittel aufzeigen jedoch mit einem kleinen Unterschied: Bei meinem letzten Beitrag bemühte ich mich möglichst neutral zu bleiben. Gemäss Wunsch von meinen werten Leser:innen werde ich in diesem Post nebst der neutralen Auflistung der Pros und Contras auch mehr über meine eigene Meinung äussern.
Covid-19-Gesetz
Das Ziel der Vorlage: Das Covid-19-Gesetz soll in Kraft bleiben.
Wer hätte gedacht, dass im 21. Jahrhundert eine Pandemie die gesamte Welt auf allen Ebenen stilllegen wird? Wir haben es erlebt. Die Pandemie hatte leider gesundheitliche, soziale aber auch enorme wirtschaftliche Folgen.
Die Konsequenzen waren beunruhigend, sodass der Bundesrat beschlossen hatte eine Reihe von Massnahmen und verschiedene Formen der Hilfe umzusetzen um den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie entgegenzuwirken: Entschädigungen für Erwerbsausfälle, Kurzarbeitsentschädigungen, Kreditvergaben für Firmen, Unterstützung für Sport, Kultur und Medien.
Jedoch war das bestehende Epidemiengesetz für all die obengenannten Massnahmen unzureichend, sodass sich der Bundesrat auf ein Notrecht stützen musste, welche in unserer Verfassung in solchen Krisensituationen verankert ist. Solches Notrecht ist aber auf nur sechs Monate befristet. Da die Pandemie leider länger als diese 6-Monats-Frist gedauert hat, brauchte es gesetzlich eine fortsetzende Lösung für die Regelungen, sodass das Parlament das Covid-19-Gesetz im 2020 beschlossen hat.
Viele denken, dass in der Abstimmung am 13. Juni über ein neues Gesetz abgestimmt wird, was nicht der Fall ist, denn das Covid-19-Gesetz besteht bereits und es trat ab September 2020 in Kraft. Das Gesetz ist in dieser Zeit eigentlich mehr “am Volk vorbei” geraten da sich die Bevölkerung mehr mit der Angst der unvorhersehbaren Zukunft befasste (1).
Aus diesem Grund wurde gegen das Covid-19-Gesetz das Referendum ergriffen und somit dürfen wir nun am 13. Juni darüber abstimmen, ob wir das Covid-19-Gesetz (wird zwar nie wirklich erwähnt, aber einige Artikel bleiben für weitere 10 Jahre in Kraft) so bestehen lassen möchten oder nicht. (Falls dir nicht klar sein sollte was ein Referendum bedeutet, weiter unten ist eine kurze Erläuterung).
Was beinhaltet das bereits vorhandene Gesetz?
Des Bundesrat darf mit dem Gesetz:
- die Entschädigung bei Kurzarbeit erweitern;
- Unternehmen und Arbeitnehmende entschädigen, die wegen der Corona-
Einschränkungen nicht arbeiten dürfen oder können; - die Kantone bei der Entschädigung von Unternehmen unterstützen, die wegen der Corona-Einschränkungen weniger Einnahmen haben;
- Kultur, Sportvereine und Medien unterstützen, die wegen der Corona-
Einschränkungen weniger Einnahmen haben; - Ausnahmen bei der Zulassung von Medikamenten beschliessen. Ausnahmen bei der Zulassung von Impfstoffen sind nicht vorgesehen.
Handelt es sich jedoch bei diesem Gesetz nur um wirtschaftliche Themen oder gibt es auch weitere relevante Details, die zu beachten sind?
Wir Ihr wisst erhalten wir bei jeder Abstimmung auch ein Abstimmungsbüchlein mit den jeweiligen Informationen zu den Vorlagen. Schauen wir uns das Abstimmungsbüchlein genauer an sehen wir, dass folgende Unterkategorien zu diesem Gesetz aufgelistet sind: Umfangreiche finanzielle Unterstützung, Sicherung der Gesundheitsversorgung, Arbeitnehmerschutz und weitere Massnahmen sowie Erweiterung der Massnahmen.
In der Realität geht es bei dieser Covid-19-Pandemie Thematik doch nicht nur um wirtschaftliche Themen sondern insbesondere auch um das Thema Impfung, welches uns alle aktuell beschäftigt. Gemäss Statistika.com sind aktuell (Stand 25. Mai 2021) total 4.261.552 Personen mit der ersten Ladung geimpft worden (2). Nach wie vor gibt es aber auch Bürgerinnen und Bürger, die sich freiwillig nicht impfen lassen möchten, was gemäss Gesetz auch ihr Recht ist. Doch bringen die aktuellen und auch weitere Einschränkungen in Zukunft für Ungeimpfte grosse Diskussionen mit sich mit, sodass dies zu einer Zweiklassengesellschaft führen könnte. Für mich war es interessant zu sehen, dass im Abstimmungsbüchlein weder Informationen über die Impfung allgemein noch über die Massnahmen für Geimpfte oder Ungeimpfte erwähnt sind.
Schaut man jedoch auf der Seite admin.ch genauer hin, sind folgende Artikel im Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie nicht ausser Acht zu lassen (3):
Meiner Meinung nach sollten die oben aufgelisteten Artikel transparenter kommuniziert werden, da sie relevant für die Entscheidungsfindung wären. Viele Bürger und auch ich befürchten somit, dass das Gesetz die Ungeimpften diskriminieren und deren Grundrechte entziehen wird, was nicht der Fall sein sollte. Die Impfung sollte nach wie vor auf Freiwilligkeit basieren.
Weiter besteht auch das Risiko, dass in einem freien Staat wie Schweiz keine Grundlagen für eine Massenüberwachung mit unfassendem Contact Tracing geschafft werden sollte. Zu beachten ist auch, dass das Covid-Gesetz, falls die Vorlage angenommen wird, bis 2031 gültig bleibt und diese Massnahmen letztendlich wirtschaftlich auch zu einem Teufelskreis führen könnten.
Es ist mir bewusst, dass es weder für die Politik, noch für die Gesellschaft und Wirtschaft einfach war, mit einer solch ausserordentlichen Situation umzugehen. Bin auch schwer davon überzeugt, dass insbesondere in der Schweiz sich jede/r auf jeder Ebene (Politik, Gesellschaft und Wirtschaft) äusserst bemüht hat, die besten Entscheidungen für uns zu treffen. Letztendlich kam die Pandemie unerwartet und war sozusagen auch ein «Learning by Doing», was immer das Risiko mit sich bringt, nicht beim ersten Versuch die optimalsten Schritte vorzunehmen.
Nichtsdestotrotz haben meiner Meinung nach viele Massnahmen in dieser Zeit überhaupt keinen Sinn gemacht und wurden unnötig in die Länge gezogen, was wirtschaftlich gesehen somit viele KMU’s mit in den Abgrund und viele Arbeitnehmer:innen in die Arbeitslosigkeit gerissen hat. Als Mensch hat es mich tiefst getroffen zu lesen, dass in dieser Phase vor allem die Jugendarbeitslosigkeit, die häusliche Gewalt und Suizide zugenommen haben.
In Bezug zur ganzen Situation gibt es noch sehr viele Punkte zu erwähnen, als letztens möchte ich jedoch noch betonen, dass sich die Mediensubventionen mit dem Covid-Gesetz auf neu über CHF 100’000’000 erhöhen, was für mich einige Fragen in Bezug zur «Pressefreiheit in der Schweiz» aufwirft.
Ich persönlich werde für diese Vorlage mit NEIN abstimmen.
PMT-Gesetz
Ziel der Vorlage: Die Polizei soll mit neuen Massnahmen vorbeugend eingreifen können, um terroristische Aktivität zu verhindern.
Auf der Seite admin.ch sind die folgenden Einführungszeilen zum Bundesgesetzt PMT zu lesen:
«Seit den Anschlägen von Paris im Jahr 2015 ist die terroristische Bedrohung erhöht. Zahlreiche Staaten haben ihre Gesetze verschärft, um den Terrorismus besser bekämpfen zu können. Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren ihr Instrumentarium kontinuierlich ergänzt. Trotzdem bestehen noch gewisse Lücken. Bundesrat und Parlament haben daher eine neue rechtliche Grundlage geschaffen, mit der die Polizei zusätzliche Instrumente erhält, um präventiv gegen terroristische Gefahren vorzugehen. Heute kann die Polizei nämlich nur eingreifen, wenn eine Person bereits eine Straftat begangen hat.» (4)
Heute kann die Polizei nur beschränkt Massnahmen ergreifen, um terroristische Aktivitäten zu verhindern. Das Parlament hat das Bundesgesetz PMT beschlossen, welches vorsieht, dass Kantone, Gemeinden oder der Nachrichtendienst des Bundes Massnahmen gegen eine Person beantragen können.
Welche Massnahmen könnten ergriffen werden, falls das Gesetz in Kraft tretet?
- Verpflichtung, regelmässig an Gesprächen mit Fachpersonen teilzunehmen;
• Verbot von Kontakt zu Personen, die z. B. terroristische Aktivitäten befürworten;
• Verbot der Ausreise aus der Schweiz;
• Verpflichtung, sich regelmässig bei einer Behörde zu melden;
• Verbot, bestimmte Orte zu betreten oder zu verlassen;
• Verhaften von Personen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit, um ihre Ausschaffung sicherzustellen;
• Hausarrest: Eine Person darf dann z. B. eine Wohnung nicht mehr verlassen. Der Hausarrest muss beim Gericht beantragt werden. Er kann bewilligt werden, wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Person eine Gefahr für andere Personen darstellt und sie eine oder mehrere andere Massnahmen nicht eingehalten hat (5).
Doch, möchten wir wirklich ein Polizeistaat? Gegnerkomitee findet, dass die neue Terrorismusdefinition somit stark ausgeweitet wird. Können in diesem Fall nebst Terrorverdächtigte auch unliebsame Politiker, Journalisten, Staatskritiker, Klimaaktivisten oder sogar auch Kinder ab 12 Jahren als Terroristen gelten? Ja, aufgrund unklaren Begrifflichkeiten, kann es wirklich so weit kommen.
Meiner Meinung nach ist das PMT rechtsstaatlich höchst problematisch insbesondere aus folgenden Gründen:
- Die Polizeigesetze sind gemäss Bundesverfassung Pflicht der Kantone
- Die unpräzise Begrifflichkeit kann dazu führen, dass eine politische Betätigung ohne Androhung von Gewalt oder einer Straftat als Terror verfolgt werden kann. Somit orientiert sich eine «Gefahr» nicht an der Begehung von einer konkreten Straftat, sondern an blossen «Anhaltspunkten». Verstösst dies nicht gegen das Legalitätsprinzip?** Ich denke schon. (Falls das Wort Legalitätsprinzip für dich unklar sein sollte, weiter unten kurze Definition)
- Mögliche PMT Massnahmen wie Kontaktverbot, Eingrenzung, Hausarrest oder Überwachung verletzen die Grundrechte der Betroffenen dar, weil sie sich nicht auf eine begangene Straftat stützen sondern wie erwähnt, bloss nur auf Anhaltspunkte.
- Da beim PMT alles ausserhalb von einem rechtlichen Strafverfahren erfolgen würde, verfügen die Betroffenen also nicht über die gleichen Rechte von Beschuldigten, was in einem Rechtstaat ein absolutes «no go» ist.
- Aus rechtsstaatlicher Sicht macht es zudem auch überhaupt keinen Sinn, dass die Massnahmen polizeilich angeordnet werden und nicht richterlich. Das heisst: bei einer falschen Einschätzung der Anhaltspunkte können auch nachträglich keine richterlichen Überprüfungen durchgeführt werden (6).
Somit unterstütze ich das Referendum gegen das sogenannte Anti-Terrorgesetz und werde mit NEIN abstimmen.
Ich hoffe meinen Leser:innen mit diesen Informationen ein wenig weitergeholfen zu haben.
In meinem nächsten Blogpost werde ich ein Video auf Youtube hochladen, bei welchem ich Generation Z am Bellevue über die politische Partizipation in der Schweiz befragt habe. Don’t miss it 🙂
Bei Fragen, Anregungen oder auch Feedbacks jederzeit gerne auch über E-Mail 😉
mailto:nagihan.aydin@outlook.com
Liebe Grüsse
Nagihan
Weitere Erläuterungen:
*Referendum:
Das obligatorische und das fakultative Referendum in der Schweiz:
Die meisten Gesetze und anderen Erlasse, die das Parlament beschliesst, treten ohne Volksabstimmung in Kraft. Eine Volksabstimmung (Referendum) ist aber in zwei Fällen möglich:
- Wenn die Stimmberechtigten gegen Beschlüsse des Parlaments sind, können sie das Referendum ergreifen (fakultatives Referendum). Die Stimmberechtigten müssen dann innerhalb von 100 Tagen 50 000 gültige Unterschriften sammeln. Diese Frist beginnt zu laufen mit dem Tag, an dem der betreffende Erlass amtlich veröffentlicht wird. Das Referendum kann auch von acht Kantonen gemeinsam verlangt werden. Das Gesetz tritt nur in Kraft, wenn es von der Mehrheit der Abstimmenden angenommen wird.
Wie ergreift man auf Bundesebene das fakultative Referendum?
- Eine Volksabstimmung muss durchgeführt werden, wenn das Parlament gewisse Erlasse verabschiedet, insbesondere wenn es die Verfassung ändert. (obligatorisches Referendum) Verfassungsänderungen treten nur in Kraft, wenn sie von der Mehrheit des Stimmvolks und der Mehrheit der Kantone in der Volksabstimmung angenommen werden.
Quelle: Fakultatives Referendum Schweiz CH
**Legalitätsprinzip Schweiz
In der Schweiz hat der Begriff eine grundlegende Bedeutung innerhalb des Strafrechts und der Rechtsetzungslehre. Das Legalitätsprinzip ist Teil des rechtsstaatlichen Grundprinzips und legt fest, dass die staatliche Verwaltung ausschliesslich auf Grund von Gesetzen ausgeübt werden darf. Das bedeutet, dass jeder eingeleitete Verwaltungsakt durch den Gesetzgeber gedeckt sein muss. Dadurch zeigt sich dir als Schweizer Bürger das staatliche Handeln als berechenbar und vorhersehbar.
Quelle: Anwaltvergleich.ch – Legalitätsprinzip Schweiz
Weitere Quellen zum Text:
(2) Statistika.com
(3) Fedlex Admin.ch
Fakultatives Referendum – Schweiz
Vielen Dank für diesen Post mit sehr aktuellem Thema! Bin selbst gerade dabei mich schlau zu machen bzgl. der Abstimmung und ich empfand deinen Artikel als sehr hilfreich und fand es interessant deine Meinung zu lesen.
Hallo Valentina
Vielen lieben Dank für den Feedback. Freut mich sehr zu lesen, dass ich behilflich sein konnte.
Viel Spass beim Abstimmen und hoffen wir nur das Beste für die Schweiz <3
Dein Beitrag ist deswegen so wichtig, weil die meisten bezüglich dem Covid-Gesetz nicht ausreichend informiert sind, denke ich. Danke für die Aufklärung! ?In vielen Punkten bin ich derselben Meinung wie du.
Vor allem möchte ich explizit darauf hinweisen, dass die seit dem September 2020 vorgenommenen Änderungen resp. Verschärfungen im Abstimmungsbüchlein nicht zu sehen sind, die meiner Meinung nach eine entscheidende Rolle spielen. Die Artikel 1a, 3a und 3b sollten sich alle mal ansehen. Es geht um weitgehende Kompetenzen, die der BR erhält, es geht um Impfprivilegien und das Contact-Tracing usw. Diese Artikel implizieren eine Zweiklassegsellschaft. Und genau das sollte verhindert werden.