Küche

Ein Zürcher Küchenchef im Interview über Food Waste

Was denkt Antoine Alessie über Food Waste in Zürich? Seit 2011 ist er in der Zürcher Gastronomie tätig, unter anderem als Küchenchef im 25hours Hotel wie auch im Restaurant BANK, und seit Juni 2020 führt er die Küche der ZFV-Unternehmungen im Toni Areal. Ich hatte das Vergnügen durch ein paar Interview-Fragen seine Meinung über Lebensmittelverschwendung kennenzulernen.

Was bedeutet für dich richtig gutes Essen?

«Gesunde Zutaten und Diversität auf dem Teller – es darf aber auch einmal deftig und ungesund sein.»

Besuchst du zwischendurch auch gerne einmal als Gast ein Restaurant?

«Ja sicher!»

Wo gehst du in Zürich denn gerne essen?

«In alle Restaurants, die neu und trendig sind. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen. Dabei interessiere ich mich besonders für nachhaltige Umsetzungen, die Präsentation des Essens sowie – für mich ganz wichtig – den Geschmack aller einzelnen Komponenten. Ich liebe Insider-Tipps und Pop-ups. Mein Tipp für alle Zürcherinnen und Zürcher: ‘Quartierkoch’ und der neue Lieferservice ‘Dabbavelo’.»

Was denkst du generell über das Thema Food Waste?

«Ich finde es ein wichtiges und grosses Thema. Ich bin der Meinung, dass jeder etwas dazu beitragen kann, um Food Waste zu verringern. Zumindest dort, wo es die Möglichkeiten dafür gibt.»

Wie nimmst du persönlich den Umgang mit diesem Problem in Zürich wahr?

«Zürich ist eine schöne Stadt, ich wohne direkt am See beim Chinagarten. Bei meinen Spaziergängen am Seeufer entlang muss ich leider oft feststellen, dass immer vieles am Boden liegen gelassen wird – ob Essensreste oder Take-Away-Geschirr zwischen gebrauchten Masken. Das finde ich schade.»

Wieso entstehen in der Zürcher Gastronomie erfahrungsgemäss Lebensmittelabfälle?

«Es gibt verschiedene Gründe. Nur ein Menü, ist auf jeden Fall einfacher als drei oder mehr zu kochen. Entsprechend hat das auch Auswirkungen auf den Einkauf, die Zubereitung, die längere Lagerung einzelner Produkte und viele weitere Faktoren. Wenn man möglichst saisonale wie auch lokale Produkte verwendet, muss man immer die Haltbarkeit im Auge behalten. Es kann auch vorkommen, dass man durch sehr gute Preisangebote mehr als man eigentlich braucht einkauft. Eine Lösung wäre hier gewisse Produkte in mehreren Menüs zu verwenden und nicht nur in einem.»

Wird deiner Meinung nach genug gegen Food Waste in der Zürcher Gastronomie getan?

«Jein. Ich kenne Betriebe, die etwas gegen Food Waste machen und gleichzeitig kenne ich Betriebe, die aus Angst vor den höheren Kosten nichts machen. Letztere rechnen oft nicht alles zu Ende.»

Wie geht ihr bei deinem aktuellen Arbeitgeber gegen dieses Problem vor?

«Bei uns werden die Lebensmittelabfälle mit dem KITRO-System (moderne Lösung, die eine sofortige Analyse der Lebensmittelabfälle ermöglicht) gemessen. Hierfür müssen wir von allem, das als Food Waste in den Mülleimer kommt, ein Foto machen. Sprich, jedes Mal, wenn wir etwas wegschmeissen, wird das registriert. Zusätzlich habe ich als Küchenchef alle zwei Wochen eine Online-Sitzung mit dem Betriebsmanager. Wir besprechen unser aktuelles Vorgehen und arbeiten weitere Verbesserungsvorschläge aus, um unseren Food Waste noch weiter zu reduzieren. In unserer Mensa haben wir neben unseren drei Menüs auch eine sogenannte «Free-Flow-Ecke». Hier offerieren wir unsere Restposten, von welchen unsere Gäste zu günstigen Preisen profitieren können. Zudem arbeiten wir mit dem Warenbewirtschaftungssystem Necta, welches unter anderem die Prozesse in der Lebensmittelproduktion optimiert. Wir kreieren ein Menü und das System berechnet für uns welche Menge an Lebensmittel wir für eine gewisse Anzahl Personen einkaufen müssen, damit wir am Ende keinen Überschuss verzeichnen. Übrigens verkaufen wir in unserem Bistro alles aus dem Glas, auf welches es ein Depot gibt. Uns ist wichtig, kein Plastik zu verwenden, weshalb wir für Take-Away- und Lieferservice-Gerichte reCIRCLE benutzen. Das ist ein Mehrwegsystem für Essen und Getränke.»

Was können deiner Meinung nach Zürcher Restaurants generell verstärkt unternehmen?

«Nebst regelmässigen Optimierungen der bereits bestehenden Massnahmen gegen Food Waste, sollte die gesamte Branche auch mehr darauf achten weniger Plastikgeschirr, -besteck oder -tüten zu benutzen. Zumindest sollten biologisch abbaubare Produkte verwendet werden. Eventuell wäre es auch eine Lösung ein Zürcher Tupperware-System, das man gegen ein Depot in allen Zürcher Betrieben für Take Away wie auch Lieferdienste gebrauchen kann, zu erfinden. Wir sind hier in der Schweiz doch so gut mit Recyclen. Wieso sind wir nicht genau so gut im Kampf gegen Food Waste und Plastik?»

Was wünscht du dir von deinen Gästen betreffend Food Waste?

«Verständnis.»

Wie können wir als Gäste im Restaurant deiner Meinung nach Einfluss auf den Food Waste in Zürich nehmen?

«Offen zu sein für dieses wichtige Thema. Auch bewusster verstehen was man Gutes für uns Menschen und die Umwelt machen kann.»

Was sind deine persönlichen Tipps gegen Food Waste?

«Kaufe nicht mehr ein als du brauchst. Sei kreativ und versuche das was du einkaufst in mehreren Gerichten zu verwenden. Verzichte dabei auch gleich auf Plastik und alles andere, das nicht gut für die Umwelt ist.»

Möchtest du abschliessend noch etwas loswerden?

«Hoffentlich bleiben wir alle dabei etwas gegen Food Waste zu unternehmen.»

Sophia

Hoi zämme! Ich bin ein Food Lover aus Zürich. Ob zuhause oder in einem Restaurant, gutes Essen macht mich einfach glücklich. Vor allem für einen spontanen Restaurantbesuch mit Freunden bin ich immer zu haben. Darunter litten die Lebensmittel in meinem Kühlschrank aber leider schon öfters. Beim Entsorgen von verdorbenem Gemüse oder verschimmelten Brot, habe ich dann immer ein schlechtes Gewissen. Deshalb will ich lernen wie ich mit kleinen Schritten im Alltag meinen Food Waste zuhause verringern kann. Zudem wundere ich mich was ausserhalb meiner vier Wände, in Zürich, zu diesem Thema bereits geschieht und wie ich die Food Waste Reduzierung unterstützen kann.

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6 thoughts on “Ein Zürcher Küchenchef im Interview über Food Waste

    1. Hallo Katharina
      Vielen Dank für deine positive Rückmeldung. 🙂
      Liebe Grüsse und hoffentlich bis bald
      Sophia

  1. Spannendes Interview, Danke für die Einblicke in den beruflichen Umgang mit Food waste. Interessant wäre auch die Perspektive von Grossverteilern bzgl. Food Waste, gerade im wirtschaftlichen Kontext

    Ich finde Dabbavelo auch eine super Idee, ich hoffe es kann sich mehr und mehr etablieren und dass sich auch ähnliche, nachhaltige – eigentlich ja ganz simple – Ideen im grösseren Stil durchsetzen können.

    1. Liebe Corina
      Vielen Dank für deine Nachricht und deine wertvollen Inputs. Ich gebe dir Recht, die Perspektive der Grossverteiler ist ebenfalls sehr spannend. Besonders, weil sie ihr Angebot so stark auf die Verbrauchervorlieben abstimmen. Auf jeden Fall findet langsam, aber sicher auch bei den grössten Schweizer Grossverteilern wie “Migros” oder “Coop” ein Umdenken statt. Ich versuche diese Perspektive in meinen künftigen Beiträgen etwas mehr mit einzubringen. 🙂
      “Dabbavelo” habe ich noch nie ausprobiert. Der neue Zürcher Lieferservice hört sich aber nach einer super Sache an. Ich hoffe wie du, dass sich weitere solch nachhaltige wie auch innovative Ideen durchsetzen werden. Hier können wir Endkonsumenten meiner Meinung nach unseren Beitrag leisten und diese Dienstleistungen vermehrt benutzen. Deshalb wird es auch für mich nun Zeit, “Dabbavelo” bei der nächsten Gelegenheit einmal auszuprobieren.
      Liebe Grüsse und hoffentlich bis bald wieder auf meinem Blog
      Sophia

  2. Schön zu lesen, dass viele Gastronomiebetriebe bereits einiges gegen Food-Waste tun! Wiederum schade, dass es Kosten sind, die die anderen Betriebe von einer Vermeidung von Food-Waste abhalten. Wie wir bereits in den Berichten vorher gesehen haben, betrifft das Thema jeden von uns. Die Verantwortung kann meiner Meinung nach nicht einfach auf die Gastrobetriebe abgeschoben werden.

    1. Liebe Tamara
      Vielen Dank für deine Nachricht. 🙂
      Ich gebe dir völlig Recht. Man sollte die Verantwortung nicht auf eine Branche abschieben. Es tut meiner Meinung nach gut zu hören, dass es bereits Betriebe gibt, die aktiv etwas gegen dieses Problem unternehmen und somit ein Vorbild für andere Unternehmen sind. Food Waste geht uns alle etwas an. Ich denke, wenn wir alle bewusster mit dieser Problematik umgehen, können wir als Gesellschaft auch etwas verändern. Ob als Gastrobetrieb, Detailhändler oder Privatperson – in jedem Bereich kann durch uns Menschen etwas bewegt werden.
      Ganz liebe Grüsse und hoffentlich bis bald
      Sophia

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