Angst vor dem Stürzen – und wie man damit umgeht

Ängste begegnen uns immer wieder im Alltag. Sie schützen uns vor gefährlichen Situationen, erschweren uns jedoch auch viele Momente. So ist es beim beim Klettern im Vorstieg die Sturzangst. Für viele, wie zum Beispiel Mischi, die hier im vorletzten Blog interviewt wurde, ist das Klettern über der zuvor passierten Zwischensicherung eine grosse mentale Herausforderung.

Wie du mit der Sturzangst umgehen kannst, erfährst du von Mathias. Er klettert schon sein halbes Leben lang und ist ein Profi in seinem Gebiet. Heute teilt er seine Tipps, damit du trotz Sturzangst deine geplanten Routen mit Freude schaffen kannst.

Etwas Grundsätzliches zur Sturzangst, das für besonders Betroffene wichtig ist: Jede und jeder hat Sturzangst, nur der Grad der Angst (ab welcher Sturzhöhe habe ich Angst) und das Angstmanagement (Selbstkontrolle bei Angst) sind von Person zu Person unterschiedlich. Zum Glück kann beides trainiert werden.

1. Sturztraining: Der wohl unangefochtene Tipp Nummer Eins im Umgang mit Sturzangst ist das Sturztraining. Wichtig beim Sturztraining ist, dass man sich langsam steigert und nur wenig aus der Komfortzone geht (z.B. die ersten Stürze im Toprope machen, beziehungsweise nicht über den geklippten Express steigen). Ausserdem finde ich es einfacher, aus einer dynamischen Bewegung zu fallen, als gleichzeitig beide Hände loszulassen. Das heisst, ich springe beim Sturztraining häufig nach einem Griff, den ich dann einfach nicht halte (aber auch hier gilt das Prinzip des langsamen Steigerns, vielleicht nicht gleich springen, sondern einfach einen dynamischen Zug machen). Zu guter Letzt ist es enorm wichtig, dass die sichernde Person beim Sturztraining mit dem dynamischen Sichern vertraut ist, da das Vertrauen ins Stürzen nur kommt, wenn die Stürze weich enden.

2. Ruhiges, tiefes Atmen: Wie bei so vielen Dingen, die mit Angst und Nervosität zu tun haben, hilft eine gute Atemtechnik enorm. Ich bin leider kein Spezialist auf diesem Gebiet, aber tiefes Durchatmen hilft mir beim Klettern immer, wenn die Sturzangst mich zu blockieren droht.

3. Etappiertes Klettern: Nicht an das Ende der Route oder den nächsten Express, sondern immer nur bis zum nächsten guten Griff denken, an welchem ich wieder Pause machen kann. Die Züge dazwischen würde ich versuchen so schnell und kraftsparend wie möglich zu klettern. Das bedeutet, man sollte sich beim guten Griff Zeit nehmen und die nächste Etappe planen und dann wieder möglichst schnell und effizient klettern.

4. Projektieren: Projektieren heisst eine eigentlich zu schwierige Route so häufig zu klettern, bis sie dann doch klappt. Das Gute dabei ist, dass man beim Projektieren eigentlich alle vorherigen drei Punkte automatisch anwenden muss. Da die Route zu schwierig ist, muss man zuerst die Route anschauen, man hängt sich dabei immer wieder ins Seil und tankt so Vertrauen. Es spielt dabei keine Rolle, ob man bei jedem Express mehrmals pausieren muss, da auch das schon ein “Sturztraining” ist. Da man dann irgendeinmal alle Züge kann und die Route schaffen will, ist der Fokus nicht mehr auf dem Stürzen, sondern eben auf den geübten Zügen und den eingeprägten Etappen, um sich von Pause zu Pause zu retten. Um das Ziel zu erreichen ist ruhiges und tiefes Atmen sehr wichtig, das merkt man schnell. Und zu guter Letzt wird es beim Projektieren über kurz oder lang auch an Stürzen nicht mangeln. Da der Fokus immer auf den Bewegungen und dem Ziel die Route zu schaffen ist, passieren sie einfach und schenken einem das Vertrauen, das man braucht.

Ist die Sturzangst für dich ebenfalls eine Herausforderung? Falls ja, wie gehst du damit um? Teile deine Tipps in den Kommentaren!

Du benötigst noch Tipps zur Technik? Hier findest du ein Video mit Tipps von einem Kletterinstruktor.