„Wir dürfen festhalten, dass es uns trotz den gegenwärtigen herausfordernden Zeiten gelungen ist das Schiff auf Kurs zu halten.“
„Die kurze Zeit konnte bestmöglich genutzt werden, um unseren Profit zu optimieren.“
„Leider wirken sich die gegenwärtigen Wechselkursprobleme wie Sand im Getriebe aus.“
Der Gebrauch von Metaphern ist in vielen Präsentationen ein beliebter und vielgepriesener rhetorischer Kniff, um Gedanken und Konzepte mittels allseits bekannten Bildern einfach und einprägsam an den Hörer zu bringen.
Metaphern klären und verzerren
Metaphern kreieren durch die Verbindung von zwei i.d.R. nicht direkt miteinander konnotierten Themenkreisen (Schiff und Kurs, Geld und Zeit, Maschine und Unternehmen) neue, manchmal mehr, manchmal eher weniger innovative Perspektiven (Wir sind strategisch richtig aufgestellt / Wir haben unsere Zeit gut investiert / Die Geschäfte laufen gut).
Gerade in organisationalen Zusammenhängen können Metaphern sehr viele Informationen zum Selbstverständnis von Institutionen, auf die sie bezogen werden, auf manchmal ganz banale Art auf den Punkt bringen. Oft verraten sie aber noch mehr über das Selbst-verständnis derjenigen, die sie als Illustration im organisationalen Kontext heranziehen. Navigationsmetaphern bemühen beispielsweise die klischierte Vorstellung von Schiffen, die durch die Nacht oder schwierige Gewässer navigieren und pflegen dabei ein konservativ-traditionelles Verständnis von organisationalen Rollen: Kapitän, Offiziere, Mannschaft.
Und manchmal verstecken sie auch mehr, als sie erkennen lassen. Wenn Organisationen Bezug nehmen auf die ‚Spitze eines Eisberges‘, so lässt sich erahnen, dass dasjenige, was unterhalb der (fiktiven) Wasseroberfläche ist, potentiell gross und noch nicht bekannt ist oder werden soll. Insofern können Metaphern Verständlichkeit auch verklausulieren oder verzerren (Tietze et al. 2008:38).
Metaphern sind Ausdruck eines spezifischen kulturellen Deutungssystems, eines Wertesystems
Metaphern machen nur Sinn, wenn sie in einem Kontext genutzt werden, in dem das Zielpublikum sie mittels seines jederzeit zur Verfügung stehenden Alltagswissens einfach erkennen kann. ‚Zeit ist Geld‘ kann nur verstanden werden, wenn das Konzept Geld kulturell mit Zeit korreliert erlebt wird. Das Bedeutungssystem muss kulturell etabliert sein, sonst funktioniert es nicht.
Metaphern drücken aber auch Wertehaltungen aus und können sich auf emotionale Realitäten beziehen, die in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich verstanden werden. Ob ein ‚guter Teamplayer‘ zwingend positiv besetzt ist, hängt vom organisationalen Verständnis und kulturellen Hintergrund des Zielpublikums ab. Metaphern sind insofern auch nicht einfach wahr im Sinne einer objektiv bestehenden Wahrheit, sondern sind Teil eines kulturell geprägten, abstrakt-bildlichen Verständnisses von sozialen und organisationalen Welten, von etablierten Konzepten (z.B. die Organisation als Team).
Metaphern sind nicht kontrollierbar
Der/die BenutzerIn von Metaphern hat keine Möglichkeit zu kontrollieren, wie diese von den Hörern dekodiert wird.
Metaphern sind trotz oftmals allgemein akzeptierter, kulturabhängiger Deutungsübereinkunft per se interpretationsabhängig und demzufolge nicht kontrollierbar. Angesichts des inhärenten Risikos, dass die individuelle Interpretation immer in einer nicht intendierten Auslegung enden kann, ist die Häufigkeit des (unbedarften) Gebrauchs dieses rhetorischen Instrumentes in Präsentationen doch einigermassen erstaunlich.
Die Begründung für den sorglosen Umgang mit Metaphern in Präsentationen mag einerseits damit zusammenhängen, dass bestimmte Metaphern so stark in den Alltagssprachgebrauch diffundiert sind, dass sie gar nicht mehr als Metaphern wahrgenommen werden – dies wären gemäss Steven Pinker ‚tote‘ Metaphern (Pinker 2007:238ff). Die ‚Team‘ Metapher kann beispielsweise als Teil unserer Kultur interpretiert werden, weil sie unsere Sicht von organisationalen Realitäten formt und unser Erleben Organisationskulturen prägt.
Fehlende Kultur- und/oder Deutungssensitivität?
Andererseits kann vermutlich davon ausgegangen werden, dass trotz der gerade im Wirtschaftskontext häufig bemühten Schlagwörter ‚Internationalisierung‘ und ‚Globalisierung‘ das kommunikative Problembewusstsein bezüglich der Andersartigkeit von Präsentationen vor internationalem Publikum oft nicht genügend entwickelt ist.
Obwohl Bilder und/oder Metaphern in Präsentationen manchmal tatsächlich mehr als tausend Worte sagen können, müsste deren Gebrauch in einem nicht-muttersprachlichen Kontext sogar noch vorsichtiger angegangen werden als in heimatlichen Gefilden.
Einerseits müssen ganz profane sprachliche Barrieren überwunden werden (was war schon wieder der Unterschied zwischen ‚committed‘ und ‚engaged‘ oder ‚minutes‘ und ‚protocol‘ oder ‚chef‘ und ‚boss‘), andererseits muss die geplante Choreographie der Präsentation kultur- und deutungssensitiv bespielt werden können. Dazu gehört mitunter, dass neben den rein sprachlichen auch grundsätzliche interkulturelle Dimensionen mit Bezug auf die Verständlichkeit der Präsentation abgefragt werden müssen. Das grundsätzliche Wissen darum, dass eine Kultur eine kollektivistische oder individualistische Prägung hat, dass sie stark oder wenig kontextbezogen ist, dass sie synchron oder asynchron denkt, sollte die Entscheidung (insbesondere muttersprachlich geprägte) Metaphern als einprägsame Bilder zu nutzen, oder eben nicht (!), wesentlich beeinflussen.
Das Schiff kann eben nur auf Kurs sein, wenn das Verständnis für die Deutungsproblematik von Metaphern und Bildern in geeigneter Form vorhanden ist.