Zwischen Information und Unterhaltung – Wie man die Verarbeitungsmotivation für Strom aus erneuerbaren Energien steigern kann

Acht Jahre Forschung zu Marketingkommunikation für Strom aus erneuerbaren Energien – sie haben uns geleitet von der Lesbarkeit über die Verständlichkeit hin zur Verarbeitungsmotivation. Jetzt ist das Projekt vorerst abgeschlossen und ein umfassender Bericht erscheint in Buchform.

Ende letzten Jahres ist das Projekt „Wirkungsvolle Strategien zur Vermarktung von Stromprodukten aus erneuerbaren Energien“ zu Ende gegangen. Wir sind darin der Frage nachgegangen, wie man die Verarbeitungsmotivation bei der Bevölkerung steigern kann, Texte zu Stromprodukten aus erneuerbaren Energien zu lesen. In anderen Projekten hatten wir zuvor bereits festgestellt, wie sich die Verständlichkeit von solchen Texten optimieren lässt. Wir haben aber auch gemerkt, dass der Entscheid über die Zuwendung zu solchen Texten lange fällt, bevor die Verständlichkeit greifen kann.

Von Verständlichkeit zur Verarbeitungsmotivation

Die Verständlichkeit ist entscheidend dafür, ob wir neue Informationen aus einem Text aufnehmen und verarbeiten können. Stromprodukte aus erneuerbaren Energien sind komplexe, erklärungsbedürftige Güter. Ihre Vorzüge können nicht einfach und schnell kommuniziert werden. Und während viele Menschen angeben, dass sie zwar gerne mehr für die Umwelt tun würden, interessieren sich die wenigsten für Informationen zu Stromprodukten. Entsprechend gibt es auch viele Unsicherheiten und Missverständnisse in diesem Bereich. Aber selbst verständlich aufbereitete Informationen werden oft nicht gelesen, weil die Verarbeitungsmotivation – die Motivation, sich solchen Inhalten überhaupt zuzuwenden – zu gering ist.

Dies hat uns dazu veranlasst, im Folgeprojekt gezielt der Frage nachzugehen, wie sich diese Verarbeitungsmotivation steigern lässt. Ausgehend von Ansätzen der Emotionalisierung, von Storytelling und von Gamification haben wir anhand von verschiedenen Beispielen die Wirkung im Hinblick auf die Zuwendung getestet. Die Motivation lässt sich durchaus beeinflussen, jedoch sind die Zusammenhänge komplizierter.

Information vs. Unterhaltung

Vielen Menschen die sich mit Massenkommunikation auseinandersetzen ist klar, dass Information und Unterhaltung sich nicht ausschliessen. Unsere Ergebnisse weisen jetzt aber darauf hin, dass diese Unterscheidung durchaus in den Köpfen der Menschen vorhanden ist. So konnten wir feststellen, dass die Erwartung, die durch den ersten Anblick eines Textes geweckt wird, massgebend ist für die Beurteilung der Qualität der folgenden Inhalte.

Wenn jemand einen Flyer anschaut und beim ersten Eindruck davon ausgeht, dass es sich um «Information» handelt, ist diese Person wahrscheinlich enttäuscht, wenn der Flyer danach eher unterhaltend kommuniziert. Ebenso macht sich Enttäuschung breit, wenn ein Video oder ein Spiel auf den ersten Blick unterhaltend wirkt und sich später als Information entpuppt.

Weiter wünschen sich bestimmte Zielgruppen im Zusammenhang mit Stromprodukten aus erneuerbaren Energien eher Informationen, andere sind an Informationen dagegen kaum interessiert, würden sich aber unterhaltenden Texten zuwenden, selbst wenn es dabei um Stromprodukte geht. Die entscheidende Frage für Kommunikatoren ist darum: Wer ist meine Zielgruppe und was wünscht sie sich, Information oder Unterhaltung? Es ist dabei keinesfalls ausgeschlossen, dass man Information auch in Unterhaltung packt. Nur muss man sich bewusst sein, dass Unterhaltung immer am Unterhaltungswert gemessen wird und entsprechend auch die Zuwendung nur solange anhält, wie dieses Anfangsversprechen eingehalten wird.

Abschuss und Neuanfang

Insgesamt haben wir am IKM in verschiedener Zusammensetzung über acht Jahre am Thema der Verständlichkeit von Marketingmaterialien für erneuerbare Stromprodukte geforscht. Mitgearbeitet haben im Kernteam: Sascha Demarmels und Dorothea Schaffner als Co-Projektleiterinnen, Sonja Kolberg, Anja Janoschka, Ursula Stalder, Matthias Albisser und Esther Federspiel.

Die gesamten Ergebnisse publizieren wir nun in Form eines umfassenden Berichts, der als Buch beim Springer-Verlag erscheinen wird. Herzstück davon ist eine Toolbox, die sich der Frage widmet, welche Zielgruppen mit welchen kommunikativen Strategien angesprochen werden können.

Zugleich möchten wir am Thema der Verarbeitungsmotivation dranbleiben. Mit Partnerunternehmen sind wir dabei, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen. Hier stehen die Zielgruppen und der Kontext im Zentrum: Unter welchen Bedingungen und mit welchen Gestaltungselementen kann man im öffentlichen Raum Personen gezielt dazu bringen, sich bestimmten Inhalten zuzuwenden?