In der Staatsrechnung legen die Bundesbehörden Rechenschaft darüber ab, wofür sie die öffentlichen Gelder ausgegeben haben. Mit gezielter Leserführung wird die immense Informationsmenge überschaubar und damit leserlich und lesbar.
Seit dem 30. Januar 2013 schreiben sie wieder. Ungefähr 50 Autorinnen und Autoren der Eidgenössischen Finanzverwaltung berichten, erklären und kommentieren die Zahlen zur Staatsrechnung 2012. Im März wird ihr Werk präsentiert werden – vier Bände in fünf Büchern, ansprechend aufgemacht im Schuber. Fast 1000 Seiten im Format A4.
Niemand liest die ganze Staatsrechnung
Wer liest all das, fragen sich Laien angesichts des Papierstapels. Diese schiere Menge an Zahlen, Grafiken und Text vermag kaum zu motivieren, all das lesen und verstehen zu wollen. Aber all das soll auch gar niemand lesen. Vielmehr soll den Leserinnen und Lesern, die Teile davon lesen müssen, die Lektüre erleichtert werden. Im besten Fall kann gar mit ansprechenden Formen der Leserführung noch ein weiteres Publikum gewonnen werden.
Qualitativ hochstehendes Layout
Wer in die fünf Bände blickt, wird schnell feststellen: Ein ansprechendes Layout erhöht die Leserlichkeit des Textes. Dieses Layout wird jetzt auch weiter entwickelt. In der neusten Ausgabe werden alle Kapitel in den Bänden 1 und 3 – dort, wo die Zahlen erklärt und kommentiert werden – mit einem Lead beginnen. Die Grafiken erhalten zusätzlich einen zusammenfassenden Kommentar und zentrale Begriffe der Staatsrechnung werden in dezenten Textkästen auch Laien verständlich gemacht.
Abstimmungserläuterungen als Vorbild
Auch die textliche Gestaltung erfährt einige Neuerungen, die die Lesbarkeit der immensen Textmenge erhöhen soll. Mit diesen Neuerungen orientieren sich die Autorinnen und Autoren an einer anderen Publikation, nämlich an den Erläuterungen des Bundesrates. Dieser verschickt jeweils vor einer Abstimmung die rote Broschüre an sämtliche Stimmberechtigten des Landes. Für dieses „Abstimmungsbüchlein“ bildet aber nicht unbedingt die Textmenge die grosse Hürde. Oft ist es die Komplexität von Vorlagen. Sicher ist es immer der grosse Adressatenkreis: Der Text muss für ALLE Schweizerinnen und Schweizer lesbar und verständlich sein. Und auch viele von ihnen werden nicht den ganzen Text lesen (wollen).
Selektives Lesen erleichtern
Fünf textliche Änderungen sind für die Staatsrechnung 2012 geplant:
1. Ein über Jahre hinweg kaum verändertes Layout und ein gleichbleibender Aufbau sorgt dafür, dass sich die Lesenden schnell orientieren können – aus Gewohnheit. Diese Gewohnheit gilt es zu berücksichtigen. In Zukunft wird noch konsequenter eine Einheitlichkeit auch innerhalb der Teiltexte gesucht: Jeder Teiltext soll ähnlich aufgebaut sein.
2. Noch stärker als bisher werden rein orientierende Überschriften für die Kapitel, aber auch für Zwischenüberschriften verwendet. Dieses zentrale Hilfsmittel der Leserführung erfüllt damit ausschliesslich die Suchfunktion. Ausgewählt, zugespitzt und kommentiert wird nicht.
3. Ein kurzer Lead mit zwei drei Sätzen zu Beginn jedes Kapitels fasst die wesentlichen Punkte ganz knapp zusammen: Mit dieser Änderung wird nun für die Lesenden vorselektioniert. Selbstredend steigt dabei auch die Verantwortung für die Schreibenden, die mit dieser Auswahl immer auch kommentieren.
4. Kurze Kommentare zu den Grafiken bieten einerseits Lesehilfe, um die Visualisierungen von Zahlen zu verstehen. Sie sollen aber auch auf auffällige Entwicklungen hinweisen. Somit können solche Grafikkommentare ähnlich den Bildunterschriften in der Presse dazu dienen, Leserinnen und Leser für den Haupttext zu gewinnen.
5. Jeder Abschnitt soll in Zukunft möglichst nach einem einheitlichen Gliederungsmuster aufgebaut werden. Dieses orientiert sich an der umgekehrten Pyramide, die als prototypisch gilt für den Aufbau von Nachrichtentexten in der Presse: Jeweils am Anfang eines Hauptsatzes steht die Schlussfolgerung. Die Gründe, wie es zu dieser Schlussfolgerung gekommen ist, werden nachgeordnet. Ein solches Gliederungsmuster erlaubt es, jeweils nur den Anfang von einzelnen Abschnitten zu lesen.
Fürs Nichtlesen schreiben
Im März 2013 wird die Staatsrechnung erscheinen und dokumentieren, was alles mit den Steuergeldern im vergangenen Jahr passiert ist. Noch besser als bis anhin wird sie so konzipiert sein, dass Interessierte und auch eilige Leserinnen und Leser sich im Text schnell orientieren können. Sie wird fürs selektive Lesen geschrieben sein – sie wird fürs effiziente Nichtlesen geschrieben worden sein.