Ist die Zeit für den Berufsstand Versicherungsbroker bald abgelaufen?

Die digitale Transformation stellt den Brokern die Frage zu deren Daseinsberechtigung. Und verlangt von ihnen einen starken Wandel und Entwicklung in deren Dienstleistungen und Organisation.

Broker, die sich auf die reine Vermittlung von Versicherungsdeckungen beschränken, werden vom Markt verschwinden. Je einfacher strukturierte Bedürfnisse und Versicherungslösungen vorhanden sind, umso schneller werden digitale Applikationen wie Vergleichsplattformen und intelligente Algorithmen (KI) die klassischen Funktionen der Versicherungsvermittler/-innen ablösen.

Die fortlaufenden Übernahmen und Zusammenschlüsse von Versicherungsbrokern visualisieren den grossen Konsolidierungsdruck im Brokermarkt. Denn den kleineren Akteuren fehlen die Mittel für Investitionen in die Digitalisierung und in fachliche Weiterbildungen für Spezialisierungen.

Die kompetenten Beratungsunternehmen, die glaubwürdig und unabhängig die Kundeninteressen vertreten, müssen mit ergänzenden Dienstleistungen beim Risikomanagement-Prozess ihrer Kunden wertvolle Impulse geben. Die Versicherungsbroker sind gefordert, innovative sowie intelligente Services anzubieten. Sie müssen sich vom Generalisten zum Spezialisten wandeln und in die Kompetenzen für die digitale Transformation sowie in die Innovationskraft für neue digitale Businessmodelle investieren. Die rasante technologische Entwicklung erfordert dabei eine hohe Agilität.

Für den Wandel der Unternehmenskultur ist die Organisation des Brokers anzupassen, bestehende Kulturen flexibler zu gestalten und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang zu bringen. Primäres Ziel: Die Kundenzufriedenheit verbessern und die Bindung zum Kunden stärken. Es gilt, den Markt intensiv zu beobachten, Markttrends und Kundenbedürfnisse zu erkennen und neue Serviceangebote zu erarbeiten. Mehr Dynamik in der Weiterentwicklung der Dienstleistung und dem Verständnis für neue – auch zu experimentierenden – Technologien und deren Verwendung wird mit dem Einbezug von externen Spezialisten und Insurtechs erzielt. Die Mitarbeitenden des Brokerunternehmens sollen zu kompetenten Akteuren in diesem Umwandlungsprozess gefördert werden.

Das Beispiel der französischen Muttergesellschaft des Versicherungsbrokers Verlingue zeigt, wie mit einem «Innovations-Labor» diese benötigten Kompetenzen gefördert und die digitale Transformation beschleunigt werden. Die «Digital Factory» (Video) vereint multidisziplinäre Teams, die ihre digitale Expertise in die verschiedenen Einheiten der Firmengruppe einbringen. Sie arbeiten agil in einem Co-Konstruktionsprozess, der Kunden, Dienstleister und Startups einbezieht.

Mit ihrer «Digital Factory» hat Verlingue in Frankreich unter anderem eine Plattform für Immobilienverwaltungen umgesetzt. Mieter/-innen können darauf Versicherungen abschliessen (Mietkaution, Hausrat). Über das Portal werden Schadenfälle aller Art gemeldet und der Broker koordiniert bei der Bearbeitung der Leistungsfälle auch Reparaturservices. Eine andere Plattform bietet Dienste für das Management von Motorfahrzeugflotten inklusive Assistance-Dienstleistungen an.

Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. (Carly Fiorina)

Die technologischen Innovationen soll die Menschen in ihren Dienstleistungen unterstützen und den Kunden neue Services mit Mehrwert mit regelmässigen Anknüpfpunkten generieren. Das Fliessband wird digitalisiert und die Beratungsqualität erhöht. Wer sich entsprechend organisiert und den Wandel offen angeht, wird am Markt bestehen bleiben.

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Andy Bovo

Andy Bovo ist Head of IT bei der Verlingue AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Chief Digital Officer

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