Allgemein

Lernraumgestaltung – ein Projekt der Mediothek Soziale Arbeit

Digitalisierung wird den Trend in Richtung selbstständiger Wissensaneignung weiter fördern; Lernen und Lehren geschieht schon jetzt und auch zukünftig immer mehr in virtuellen Räumen und ausserhalb der Hochschule. Welche Tätigkeiten werden aber weiterhin vor Ort stattfinden und welche Räume brauchen wir dafür?

Wenn Lernen eben nicht nur in formalen Räumen stattfindet, müssen wir unsere Konzeptionen von Learning Spaces neu überdenken: Lernräume können sowohl digital als auch  analog sein, bestenfalls ermöglichen sie individuelles Lernen nah am Menschen (Deborah Schnabel, Hochschulforum Digitalisierung). Das Thema Lernräume betrifft das Departement Soziale Arbeit und die Hochschule als solche; in Bibliotheken sind die Veränderungen durch Digitalisierung längst spürbar, auch deshalb beschäftigen sich die HSLU Bibliotheken im Projekt Lernwelten schon länger mit diesem Thema. Ziel des Projektes ist es, die Bibliotheken der Hochschule Luzern zu Räumen zu entwickeln, in welchen sich die unterschiedlichen Typen von Studierenden, Dozierenden und Forschenden treffen, austauschen und arbeiten. Bibliotheken sind nicht nur ein Ort, an dem Bücher und Medien zur Verfügung stehen, sondern werden potentiell zu Räumen, die diverse Aktivitäten rund um Studium, Lehre und Forschung ermöglichen (vgl. etwa Stang, 2016). Daher war es uns von Beginn an ein Anliegen, uns auch über die Mediothek hinaus in Fragen der Gestaltung von Lern- uns Wissensräumen zu engagieren uns im Departement zu vernetzen. Neben zahlreichen informellen Treffen konnten wir im Herbst 2017 einen Workshop im Rahmen des Entwicklungstages des Departments zum Thema «Gestaltung von Lern- und Wissensräumen» durchführen und unsere Netzwerke und Kompetenzen so weiter ausbauen.

In der Mediothek Soziale Arbeit selbst ist eine Umgestaltung eines Raumes schon länger Thema; 2016 nahm das Projekt konkrete Gestalt an: Auf Anregung der Studierenden sollte der hintere Raum der Mediothek gezielt als Ruheraum gestaltet werden. Für die Umgestaltung wurden die Bedürfnisse der Studierenden vom Mediotheksteam als Ausgangspunkt festgelegt, da die Studierenden die zentrale Nutzer_innengruppe des Raums sein werden. Um von Beginn an auch das Haus als Ganzes im Blick zu behalten, wurde ausserdem auch die Perspektive von Mitarbeitenden in unsere Überlegungen einbezogen.

Design Thinking als Methode
Die Studierenden sollten im Workshop „Gestaltung eines Ruheraums in der Mediothek“ Gelegenheit erhalten, ausgehend von ihren unterschiedlichen (Lern-)Aktivitäten an einem typischen (Schul)Alltag konkreten Bedürfnisse für einen ruhigen/stillen Ort herzuleiten. Methode und Didaktik des Workshops sollten dieses Ziel unterstützen. Für den Workshop mit Studierenden zur Gestaltung des Ruheraums in der Mediothek wurde die Methode „Design Thinking“ ausgewählt, angewendet und evaluiert. Design Thinking kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung. Die Methode erlaubt es, gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen für anstehende Probleme zu finden. Sie fokussiert auf eine offene und kreative Herangehensweise und bleibt trotzdem strukturiert. Die einzelnen Phasen erlauben Wechsel zwischen freiem, uneingeschränktem kreativem Denken und strukturiertem Vorgehen bzw. Fokussierung. (Brenner, Brenner, & Uebernickel, 2016, S. 25)

Über Zonen und Möbel zum Prototyp (Ergebnisse)
In den ersten beiden ersten Workshops wurde deutlich, dass sich nicht alle Bedürfnisse von Studierenden im „Ruheraum“ befriedigen lassen. Daher bringt die Umgestaltung auch einige Veränderungen im Freihandbereich der Mediothek mit sich. Unsere Ideen und schliesslich der erste Prototyp umfassen nicht nur die Einrichtung (die sich stark an Tätigkeiten orientiert), sondern auch ein Lärmkonzept, dass den unterschiedlichen Bedürfnissen möglichst gerecht wird.

Wir haben möglichst flexible, modulare Möbel gewählt, denn wie im Design Thinking üblich ist unser Ruheraum eben ein Prototyp. der getestet und ggf. auch wieder verändert wird. Daher haben wir die Räume dann auch nicht „eingeweiht“, sondern mit einem Schreibabend getestet.

Lessons Learned
Die Kommunikation über unser Vorgehen und die einzelnen Schritte war für uns besonders bedeutsam um für die Nutzenden (hauptsächlich Studierende), aber auch für andere Mitarbeitende der HSLU SA möglichst viel Transparenz und Feedbackmöglichkeiten zu schaffen. Daher haben wir im Blog der HSLU-Bibliotheken regelmässig über unser Projekt berichtet und einzelne Beiträge an Interessierte und Stakeholder versendet. Zusätzlich haben wir Plakate für Feedback in der Mediothek selbst aufgehängt und eine digitale Feedbackmöglichkeit (padlet) geschaffen. Dabei standen wir permanent vor der Herausforderung, unser (für manche doch etwas ungewöhnliches Vorgehen) verständlich zu machen und ernstgenommen zu werden.

Weiterhin fiel unsere zufällig in einen Prozess, in dem die Räume der HSLU SA umgestaltet und aufgeräumt werden sollen; auch im Hinblick auf das anstehende Jubiläum 2018. Ein solche Perspektive muss zwangsläufig auch repräsentative Funktionen der Hochschule als Lernort berücksichtigen, während wir von Beginn an stark auf eine Nutzer_innenperspektive setzen konnten und unsere Planung nach den Bedürfnissen der Studierenden ausgerichtet haben. Raumtheoretisch geht es hier (in Anlehnung an Henri Lefebvre) vielleicht auch um Spannungen und Widersprüche zwischen geplantem und gelebtem Raum bzw. Raum der Praxis (vgl. Lefebvre 2007, Schmid 2005).

Nutzer_innenpartizipation hiess für uns auch, zeitlich sehr eingespannte Studierende dazu zu bewegen, sich zu engagieren; es war nicht ganz einfach Teilnehmende für unsere Workshops zu finden. Die Kaffeemaschine (für die Studierenden ein ganz wesentliches Anliegen) sollte von den Studierenden selbst beschafft und verwaltet werden, bis heute ist diesbezüglich jedoch nichts geschehen.

Zukunft?!
Wie bereits einleitend erwähnt betrifft die Veränderung von Lern- und Lehrwelten nicht nur Bibliotheken, sondern Hochschulen als Ganzes. Während unseres Projektes haben wir uns permanent mit engagierten Mitarbeitenden im Haus vernetzt, die auch am Thema Lernräume arbeiten oder sich dafür interessieren. Ausgehend von unseren Erfahrungen möchten wir weitere Prozesse im Haus anstossen. Sabine Depew postuliert in ihrem Artikel „Die vernetzte Gesellschaft sozial gestalten“, dass dem digitalen Wandel auch mit veränderten Räumen Rechnung getragen werden sollte: Solche Räume können virtuell sein, es bedarf aber auch physischer Orte, die Kreativität und Vernetzung ermöglichen. Für die HSLU Soziale Arbeit wünschen sich Studierende und Mitarbeitende zeitnah Räume, in dem ebensolches Ausprobieren möglich wird. Ausgehend von den veränderten Tätigkeiten wie Experimentieren, Interagieren, Üben, Wissen vertiefen haben wir vier Prototypen für einen Raum entwickelt, der Möglichkeiten zum Denken, Vernetzen und Ausprobieren fördert. Wir hoffen diese zeitnah konkretisieren zu können.

Literatur:
Brenner, W., Brenner, W., & Uebernickel, F. (2016): Design Thinking : das Handbuch. Cham: Springer.
Lefebvre, H. (2007): The production of space. Malden: Blackwell Publishing.
Schmid, C. (2005): Stadt, Raum und Gesellschaft: Henri Lefebvre und die Theorie der Produktion des Raumes. Stuttgart; Steiner.
Stang, R. (2016). Lernwelten im Wandel : Entwicklungen und Anforderungen bei der Gestaltung zukünftiger Lernumgebungen. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

annika.henrizi