Verpasst die Baubranche den Anschluss an die digitale Revolution?

Die Baubranche befindet sich im Aufbruch in die Ära der Digitalisierung, wobei einige Vorreiter bereits transformative Schritte unternehmen. Doch für die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) steht diese Entwicklung noch bevor. Die zentrale Frage lautet: Wie sollten Unternehmen mit dieser rasanten Veränderung umgehen?

Digitalisierung in der Baubranche

In den letzten Jahren haben die grossen Akteure in der Baubranche verstärkt Building Information Modeling, kurz BIM, im Baugewerbe zu forcieren. Einen dreidimensionalen Zwilling des Bauobjekts vor dem Baustart so mit Information anzureichern, dass dies vom Bauherrn bis zum Installateur und drüber hinaus einen Mehrwert bringt. Obwohl dies in der Planung bereits mehr oder weniger detailliert umgesetzt wird, zögern die kleinen und mittleren Montageunternehmen nach wie vor. Der digitale Twin ermöglicht dank neuen Softwaren und neuen Robotik Geräten effiziente Steigerung bei der Umsetzung. Der Auftraggeber tätigt seine Bestellung dank Virtualer Umgebung (VR), indem er sein Werk via 3D Modell verifiziert. Planungen können dank Use Cases kollisionsfrei erstellt werden. Die dreidimensionale Planung in Verbindung mit 3D-Lasergeräten ermöglicht es Unternehmern, die Markierung von entscheidenden Achsen, Punkten und Wänden auf Baustellen effizienter zu gestalten und somit Zeit einzusparen. Mengenauszüge sind dank informationsreicher Modelle vereinfachter zu erstellen.

Ausmessung von Begebenheiten auf der Baustelle
(Bildquelle: https://buildingpoint.ch/loesungen/bauvermessung/laserscanning/x7/)

Jedoch längst nicht alle Firmen besitzen Ressourcen und Know-How um hier mitzuhalten. Nicht sämtliche Unternehmen sind in der Lage, den Wandel mitzumachen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zögern noch, da es an Ressourcen und Budget mangelt. Die Skepsis gegenüber der Veränderung ist weit verbreitet. Wie sieht es jedoch mit der Einführung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz aus?

Blick zur Seite

Andere Sektoren wie Wirtschaft, Industrie und Technik haben bereits beeindruckende Fortschritte in einem raschen Tempo erzielt. In diesen Bereichen übernehmen automatisierte Maschinen bereits Aufgaben, die zuvor von Menschen ausgeführt wurden. Zum Beispiel versorgen Maschinen im Industriesektor Lager ohne menschliche Einwirkung, und intelligente Systeme stellen bei Bestellungen die gewünschten Produkte zusammen. In Banken kommt Künstliche Intelligenz besonders bei der Betrugsprävention und Sicherheit zum Einsatz. Verdächtige Transaktionen können in kürzester Zeit erkannt und in Echtzeit blockiert werden.

Im Bauwesen hingegen hat sich über Jahrzehnte hinweg die Gewohnheit entwickelt, fertige Anwendungsfälle zu erwerben und sie gewinnbringend in die Unternehmensprozesse zu integrieren. Doch wird dieser Ansatz auch in Zukunft erfolgreich sein? Welche Massnahmen sind erforderlich, damit die Baubranche den raschen Fortschritt nicht verpasst?

Den notwendigen Wandel annehmen

Es ist an der Zeit, die Veränderung anzunehmen und die Geschwindigkeit der Digitalisierung zu akzeptieren. Das traditionelle Modell, jahrelang zu lernen und anzuwenden, reicht nicht mehr aus. In der Ära von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz müssen Unternehmen sich dem stetigen Wandel stellen. Es bedarf Führungspersonen, die mit ihrer Agilität die Prozesse kontinuierlich optimieren können. Diese sollten die Mittel nutzen und spezifisch in die Integration von Technologien wie KI investieren, um einen echten Mehrwert zu schaffen. Neue Positionen in Unternehmen sind erforderlich, um nicht nur Prozesse zu digitalisieren, sondern auch innovative Modelle wie Künstliche Intelligenz zu verstehen und anzuwenden. Es erfordert Führungskräfte, die sich ganzheitlich sowohl mit den betrieblichen Aspekten als auch mit der digitalen Architektur auseinandersetzen. Es erfordert Querdenker, die das vorhandene Wissen nutzen, um durch Innovationen neue Massstäbe zu setzen. Heute ist es entscheidend, die Chancen der digitalen Welt zu erkennen und zu nutzen.

Die Zukunft der Zusammenarbeit

Das gegenwärtige Modell vieler KMUs, bei dem die Informatik ausgelagert wird, wird zwar kurzfristig funktionieren, aber die Betriebe nicht nachhaltig voranbringen. Obwohl kurzfristige Anpassungen vorgenommen und auftretende Probleme gelöst werden, tragen diese Massnahmen nicht zur Verwirklichung langfristiger Visionen bei. Es bedarf Fachkräfte, die sich aktiv mit der Informatik austauschen und eine zielgerichtete digitale Architektur planen können. Diese Fachkräfte sollten die Sprache verstehen und fachspezifische Anforderungen klar ausdrücken können. Kontinuierliche Weiterbildung und eine ständige Anpassung an aktuelle Entwicklungen sind entscheidend.

Wir leben in einer Zeit, in der Veränderung zur Norm geworden ist.  Was heute neu ist, wird morgen schon als alt betrachtet. Um in diesem Umfeld bestehen zu können, sind Personen erforderlich, die in Unternehmen nicht nur arbeiten, sondern auch weiterdenken. Indem sie das Geschäft auf den fahrenden digitalen Zügen halten, werden Themen wie Microsoft Copilot oder ChatGPT nicht an der Baubranche vorbeiziehen, sondern sinnvoll integriert und angewendet werden können.

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Dario Vistocco

Dario Vistocco ist Verantwortlicher IT & Digitalisierung sowie Fachplaner bei der Röösli AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Architect.

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