There is no I in Team – But there is a ME

Scrum und übergeordnete Frameworks wie SAFe, Scrum@Scale und das Spotify Modell bieten neue Modelle der ergebnisorientierten Zusammenarbeit. Im Kern geht es darum, die einzelnen Individuen in der Organisation mit höchstmöglicher Eigenverantwortung produktiv an der übergeordneten Zielerreichung mitwirken zu lassen. Aber warum sollte mich das Individuum überhaupt kümmern?

„Build projects around motivated individuals.
Give them the environment and support they need,
and trust them to get the job done.“
 – Principles behind the Agile Manifesto

Was kann und was darf man
In der Scrum Methodik geht davon aus, dass man fähige Personen im Unternehmen angestellt hat. Was wie eine Binsenweisheit klingt, wird aber oft nicht im Alltag berücksichtigt. Viele in der Praxis gelebte Management-Ansätze sind darauf ausgerichtet, auf Grundlage von Prozessen, Normen und Konformität vermeintliche Kontrolle zu erreichen.

So hat man etwa hochbezahlte Spezialist*innen mit mehr als 160k/Jahr Gehalt, die nicht über die Kompetenz verfügen, eine Anschaffung von CHF 100 zu tätigen, ohne dafür eine Freigabe von einem Vorgesetzten zu erhalten. Oder ein*e Chef*in verteilt mit ständig wechselnden Priorität und sehr kurzen Zeiträumen einzelne Aufgaben, um den Überblick zu erhalten und dem eigenen Führungsverständnis gerecht zu werden. Die Gründe dafür sind Regularien, und Firmenkulturelle Handhabungen, die vermeintlich dem Wohl der Firma dienen. In der Praxis sind solche Handhabungen aber hinderlich und am Ende schädlich für die Firma.

Systeme, in denen die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden auf die reine Fachexpertise reduziert wird, führen zur Unselbstständigkeit und am Ende zu „Muda“, also Unnötigem oder Verschwendung.

Fähig durch Coaching
Wenn man die agilen Werte lebt, werden die Mitarbeitenden als Fachkräfte gesehen, die in der Lage sind, innerhalb einer Aufgabenstellung und eines definierten Zeitraums in der Lage sind, sich selbstständig und im Team zu organisieren. Dies fördert die Motivation der einzelnen Individuen und ermöglicht es, einen optimalen Beitrag zu leisten.

Entsprechend ist es zentral, den Individuen ein Umfeld zu bieten, in denen sie optimal wirken können. Dies wird einerseits durch die operative Organisation erreicht. Dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, damit das individuelle Potenzial ausgelebt werden kann. Genauso wichtig ist es aber auch, die einzelnen Individuen zu befähigen, dieses Potenzial auch zu nutzten.

Um diese persönliche Entwicklung positiv zu beeinflussen, braucht es Coaches, die sich den einzelnen Teammitgliedern und deren individuellen Entwicklung annahmen. Diese Coaches sind im Scrum-Umfeld die Scrum-Master. Die Rolle des Scrum-Masters wacht nicht nur über die Einhaltung der Scrum Artefakte. Die Rolle des Scrum Masters umfasst auch das individuelle Coaching der Teammitglieder in Bezug auf den individuellen Beitrag im Team.

Hierbei geht es nicht um fachliche Themen. Diese sind weiterhin über der Linie organisiert und werden auch dort entwickelt. Hier geht es um die Entwicklung des Individuums innerhalb des agilen Systems. Wenn man diese Entwicklung vernachlässigt oder gar nicht betreut, ist einer der meistgenannten Gründe, warum Scrum Implementationen fehlschlägt (Scrum Master As The Development Team Manager).

Aber es geht doch um Teams?
Das führt zu einem vermeidlichen Paradox. In der Scrum Methodik wird grosser Wert auf die Zusammenarbeit im Team gelegt. Hierbei erscheint es widersprüchlich, das Individuum zu gewichten. Aber es ist das Gegenteil der Fall. Indem man die Organisation darauf ausrichtet, dass die einzelnen Individuen sich selbst bestimmt innerhalb eines Teams organisieren, schafft man überhaupt erst die Grundlage, damit die einzelnen Teams erfolgreich sein können.

Das bedeutet nicht, dass das Individuum über das Wohl des Teams zustellen. Hier geht es um ein zentrales Element des sozialen Zusammenlebens. Die Freiheit und Individualität des einzelnen darf so weit gehen, bis sie die Freiheit und Individualität anderer beeinträchtigt.

Hier zeigt sich eine zentrale Herausforderung der Selbst-Organisation. Wer reagiert auf Verhalten, das dem Team schadet? Die Antwort ist, das Team selbst. Aber das ist eine schwierige Aufgabe, die gerade Fach-Expert*innen überfordern kann. Auch hier kann der Scrum-Master den Prozess unterstützen und das Team coachen.

Bin „Ich“ also wichtiger als das „Team“
Nein. Aber ein Team oder eine Organisation, in der „Ich“ nicht wichtig bin und nicht gefördert werde, wird nie eine Organisation sein, die ihr Potenzial ausschöpft.

Beitrag teilen

Mathias Keller

Mathias Keller ist Projektleiter bei der W&W Immo Informatik AG.

Alle Beiträge ansehen von Mathias Keller →

Schreibe einen Kommentar