Tech-Trends 2021: R.I.P Daten oder doch nicht?

Immer gegen Jahresende wird es spannend. Denn die grössten Marktforschungsfirmen präsentieren jeweils ihre Top-Tech-Trends-Prognosen. Wie sieht es 2021 aus? Und welchen Stellenwert erhält der Datenschutz? Hier ein kurzer Trend-Check.

Internet of Behaviors, Privacy-enhancing Computation oder Federated Learning: Das sind nur einige der Trends, die Marktforschungsunternehmen für dieses Jahr identifiziert haben. Im Mittelpunkt steht dabei hauptsächlich der Mensch… und seine Daten.

Codierter Mensch.

Nicht selten bin ich beunruhigt, wenn es um die Verwendung oder Bearbeitung meiner persönlichen Daten geht. So habe ich mich schon oft gefragt, was ein Unternehmen alles mit meinen Daten macht und ob diese gar missbräuchlich verwendet werden. Und falls es tatsächlich so wäre, würde ich das überhaupt merken? Eine Antwort darauf habe ich leider nicht gefunden. Fakt ist aber, dass mit der fortschreitenden Digitalisierung immer mehr Daten über mich gesammelt und verarbeitet werden. Ob diese Entwicklung nun gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage. Mich interessiert vielmehr, wie es bei diesen Trends um den Datenschutz steht. Vorweg sei gesagt: Auch 2021 lässt sich keinen Haken hinter das Thema Datenschutz setzen.

Drei Tech-Trends im Datenschutz-Check.

Internet of Behaviors

Eines der interessantesten und zugleich besorgniserregenden Trends ist das sogenannte Internet der Verhaltensweisen (englische Abkürzung: IoB). Zugrunde liegen beispielsweise bereits bekannte Technologien wie die Gesichts- und Spracherkennung sowie das Tracking. Konkret zielt der Trend darauf ab, die Verhaltensweise von Personen aufgrund von Analysen und Nutzung von Daten nachhaltig zu verändern.

Damit man sich ein Bild davon machen kann: Mit Sensoren, Kameras oder RFID-Tags wird festgestellt, ob sich Mitarbeitende regelmässig die Hände waschen. Ein Programm analysiert dann die Daten und fordert bei Verstössen die Mitarbeitenden beispielsweise auf, ihr Verhalten zu überdenken.

Dieser Trend lässt sich natürlich nicht nur zur Überwachung von Mitarbeitenden einsetzen, sondern auf alle erdenklichen Situationen – auch im Alltag. IoB hat deshalb eine Reihe von ethischen und gesellschaftlichen Implikationen. Ein anderes Beispiel: Die gleichen Wearables, die beispielsweise Krankenversicherungen zur Überwachung körperlicher Aktivitäten nutzen um Prämien zu senken, könnten auch zur Überwachung von (Lebensmittel)Einkäufen verwendet werden, um die Prämien zu erhöhen (kauft man „ungesunde“ Lebensmittel und konsumiert diese, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung, was wiederum zu einer Erhöhung der Prämien führen kann). Beunruhigend.

Auf mögliche negative Aspekte in der Nutzung von IoB geht Gartner Inc. in seinem Bericht nicht ein. Es wird jedoch explizit auf den verantwortungsvollen Umgang mit Kundendaten, dem Tracking und den technologischen Möglichkeiten hingewiesen. So sollen beispielsweise Anwendungen auf dem Prinzip der «Privacy-by-Design» basieren.

 Prinzip Internet of Behavior
Prinzip Internet of Behavior (Quelle: GBKSOFT)
Privacy-enhancing Computation

Bei diesem Trend geht es vor allem um die Optimierung der Sicherheit. Gartner Inc. ist der Ansicht, dass die Datenschutz-Compliance und die zunehmenden Regulierungen dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Datenpools noch besser schützen müssen und gleichzeitig die bestmögliche Sicherheit gegenüber ihren Kundinnen und Kunden bieten wollen. Denn durch die Zusammenführung vieler unterschiedlichen Daten, steigt auch der Bedarf an Methoden, die die Privatsphäre jedes einzelnen Nutzers gewähren. Dabei gehört die Schaffung einer vertrauenswürdigen Umgebung, in der die (sensiblen) Daten analysiert werden können, die Schaffung einer dezentralen Verarbeitung der Daten mittels datenschutzkonformen künstlichen Intelligenz und einer (kryptografischen) Verschlüsselung der Daten. Und letzteres noch vor der Verarbeitung. Damit soll sichergestellt werden, dass nur die daraus resultierenden Ergebnisse durch ein Unternehmen verwendet wird. Und zwar in anonymisierter Form.

Federated Learning

Die grosse Befürchtung bleibt, dass ich als Konsument Informationen über mich preisgebe – auch diejenigen Informationen, die ich vielleicht nicht preisgeben möchte. Nur die Vorstellung löst Gänsehaut aus: Andere wissen vermutlich mehr über mich als ich selbst. Da gibt es aber glücklicherweise auch andere Entwicklungen: Ein Beispiel davon ist das Federated Learning. Konkret bedeutet das, dass meine Daten nicht mehr zentral in einem Server bei einem Unternehmen liegen, sondern dezentral verteilt und verwaltet werden. Beispielsweise bei mir als Konsument selbst. Ich allein entscheide also, wer in welcher Form von meinen Daten Gebrauch machen kann.

Current model of identity vs. Self-sovereign identity
Current model of identity vs. Self-sovereign identity (Quelle: GoodAudience)

Datenhoheit und digitale Souveränität als Erfolgsfaktoren.

Wie eingangs erwähnt rückt das Thema Datenschutz durch die fortschreitende Digitalisierung immer weiter in den Vordergrund. Und das ist auch gut so. Der eine oder andere Trend mag vielleicht datenschutzmässig beunruhigend wirken, aber es gibt auch Ansätze, die für den Schutz der eigenen Daten unterstützend sein könnte wie beispielsweise das «Federated Learning» oder die «Self-Sovereign Identity». Diese Trends könnten in Zukunft zu einer Daten Souveränität führen, die es so vermutlich noch nicht gibt. Das ist im grundgenommen das, was sich der Mensch wünscht: Die Kontrolle über seinen eigenen Daten. Denn schlussendlich geht es nicht darum, auf digitale Annehmlichkeiten zu verzichten, sondern viel mehr um die Hoheit seines «digitalen Ich» zu haben.

 

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Gianni Di Paola

Gianni Di Paola ist Projektleiter Datenschutz & Analyse bei der Alliance SwissPass und bloggt aus dem Unterricht des CAS Data Privacy Officer.

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