Was bringen Cumulus, Supercard & Co der Gastronomie?

Jeder kennt die Kundenkarten von Coop und Migros. Beim Kauf meines Kaffees auf dem Weg zur Hochschule Luzern habe ich sogar bei der Confiserie Bachmann eine Kundenkarte entdeckt. Als Absolvent der Hotelfachschule stellte ich mir nun die Frage, funktioniert das in der Gastronomie auch und macht das schon jemand?

 

Mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass bei einer einfachen Googlesuche nicht wirklich viele Restaurants eine solche Karte anpreisen, es aber viele Anbieter wie E-Guma oder bonVito gibt, die das „perfekte“ Loyalty-Programm anbieten.

Braucht es denn überhaupt ein Loyalty-Programm?

Ein einzelnes Restaurant mit dem Patron, der täglich hinter dem Tresen steht und Gäste beim zweiten Besuch wiedererkennt braucht bestimmt nicht grosse technische Hilfsmittel. Wie sieht es aber in einem Unternehmen aus, welches mehrere Restaurants führt? Kennt Betriebsleiter des Restaurants A den Stammgast aus Restaurant B? Wohl kaum. Es wäre doch eine grossartige Kundenverblüffung, wenn der Gast beim Besuch des Restaurants ein monetäres Dankeschön bekommt, weil er auch andere Restaurants der Gruppe berücksichtig. Auch eine geziehlt personalisierte Werbung, welche auf den Gast zugeschnitten ist kann durch ein Loyalty-Programm ermöglicht werden.  Es dient aber auch als eine Art Frühwarnsystem für Änderungen des Gästeverhaltens.   

Datensammeln leicht gemacht (Quelle: https://unsplash.com/)

Was bringt den ein Loyalty-Programm?

Bei der Kundenverblüffung hört es aber nicht auf. Durch die Kundenkarte werden auch Daten gesammelt. Wo war der Kunde und was hat er in welcher Menge bei seinem Besuch konsumiert? Dadurch haben wir zum einen die erwähnte Stammkundenpflege aber auch gleichzeitig eine Zielgruppenanalyse und ein Anhaltspunkt für die Angebotsgestaltung. Wir erfahren, wer unsere besten Kunden sind und was Sie gerne wollen. Weiter können durch zielgerichtete Kampagnen weniger frequentierte Betriebe und Öffnungstage, spezielle Events oder Einführungen von neuen Produkten beworben werden.

 

Mit den Richtigen Anreizen kann man zudem Umsätze steigern. Der Mensch an sich sammelt gerne und wird dafür noch so gerne belohnt. 2019 kührte delish.com die 11 besten Loyalty Programme. Vergleicht man diese untereinander sieht man schnell, dass das Ziel nie wirklich das Datensammeln ist sondern vor allem der Versuch den Gast zu mehr Umsatz zu verleiten. Was man auch erkennt ist die Einfachheit der Programme. Pro geleistetem Umsatz gibt es eine Anzahl von Punkten und ab einem gewissen Punktestand gibt es eine Gratisabgabe.

 

Es gibt also theoretisch viele Chancen. Gibt es denn keine Risiken? Doch die gibt es. So einfach ist es dann halt doch nicht. Die Beschaffung und Bewirtschaftung der Kundenkarte ist per se nicht günstig. Die Verarbeitung der Daten brauch Zeit und Knowhow. Weiter schwierig ist die Akzeptanz beim Kunden. Es braucht einen genug guten Anreiz für den Kunden, sich registrieren zu lassen. Genau dieser Anreiz ist in der Margen-Schwachen Gastrobranche wohl der grösste Knackpunkt.

 

Wie sieht das perfekte Loyalty-Programm aus?

Wie es so ist im Leben, eine Musterlösung gibt es leider nicht. Upserve Restaurant Insider liefert aber 5 passende Tipps & Tricks was man bei der Einführung beachten sollte.

 

  • Digital – Physische Karten vermeiden
  • Einfach – Keine komplexen Regeln
  • Mitarbeiter müssen bescheid wissen
  • Wer nicht dabei ist soll denken er/sie verpasst etwas
  • Loyalty Programm überall bewerben

Jeder kennt das Problem, dass man mittlerweile eine Vielzahl von Karten im Portemonnai hat, da braucht es nicht noch eine Karte. Eine physische Karte birgt zudem die Gefahr des Vergessens oder des Verlierens. Das Handy ist mittlerweile fast bei jedem täglicher Begleiter, wieso also nicht die Karte in einer App zur Verfügung stellen. So entstehen keine Kosten für Kartendruck oder das ersetzen von defekten, verlorenen Karten.

Das Programm soll einfach sein. Restriktionen wie „nur einlösbar an Montagen von 10-12 Uhr“ sind zu vermeiden. Kein Gast studiert zu erst das Regelwerk. Wenn dieses zu komplex ist wird er sich wohl gar nicht erst anmelden.

Die Mitarbeiter an der Front müssen genau wissen, was das Loyalty-Programm zu bieten hat und wie es funktioniert. Sie sind diejenigen, die das Programm nach Aussen verkaufen. Wenn es die Mitarbeiter nichts vom Programm wissen, wie soll es dann der Gast verstehen.

Für eine gute Lancierung muss man dem Gast zu verstehen geben, dass er etwas verpasst wenn er nicht mitmacht. Diesen Mehrwert sollte man so gut es geht Vermarkten in dem man sie auf den sozialen Medien und Websites postet oder in Mailings anpreist. Wer würde sich nicht für eine potentielle Gratismahlzeit registrieren lassen?

Der letze Tipp von Upserve klingt einfach ist aber der wohl schwierigste. Es beginnt mit einem Aufsteller auf jedem Tisch und endet je nach Budget wohl in einer grossen Marketingkampagne. Wichtig ist einfach, dass jeder Gast bei seinem Besuch das Loyalty-Programm wahrnimmt.

War da nicht noch was mit Datenschutz?

Sicherlich ist der Datenschutz ein omnipräsentes Thema. Ein Loyalty-Programm ist kein Gästeüberwachungsprogramm. So dürfen ohne die Zustimmung eines Kunden kein Profil von ihm erstellt werden. Die meisten AGB’s von Loyalty-Programmanbietern weisen hierzu aber bereits bei der Registration klar darauf hin. Im Grundsatz ist es aber egal ob „Kunde A“ „Max Muster“ ist oder einfach Anonymisiert „Kunde A“ bleibt. Hauptsache hier ist, dass wir ein Muster eines Konsumenten haben. Also eine Art Customer Journey erkennen können und so auf andere nicht registrierte Kunden schliessen könnten. 

 

Wie viel Daten darf und kann man von seinen Kunden sammeln?

Ist das schon Big Data?

Ein Loyalty-Programm hat noch nicht viel mit Big Data zu tun. Die meisten Programme bieten die Funktion von verschiedenen Kampagnen an, welche durch einfache Bedingungen Rabatte auslösen. Ein Beispiel ist die Bedingung, dass bei einem Einkauf von 100 CHF ein Rabatt auf den nächsten Besuch gewährt wird. Spezialisiert sind diese Tools somit eher in der Vergabe von Rabatten und eher weniger in der Analyse von verschiedensten Faktoren. 

 

Um „Big“ zu werden braucht es mehr und zeitnahere Daten, die man zusammen miteinander verknüpfen kann. Ein Klassiker sind hier die Wetterdaten, die bei einem Restaurantbetrieb klar mit Umsätzen und Frequenzen in Relation gebracht werden können. Auch „Internet der Dinge“ Daten könnten eingebracht werden, in dem man den Gästefluss mit Sensoren trackt. Zusätzlich können Daten zur Umgebung gesammelt werden. Beispiel hierfür sind Veranstaltungen im Ort, Feiertage oder sonstige speziellen Events. Je mehr Daten umso besser. Bringt man nun alle Daten zusammen kann angefangen werden, diese auszuwerten. Genau diese Auswertungen können dann durch Informationen über zu erwartende Gäste und deren Konsumationen liefern. Es zeigt aber auch, wo vielleicht Cross-Selling potentiale bestehen könnten. 

 

Was nun?

Jede Unternehmung muss sich im Grundsatz selbst entscheiden, wie viele Daten sie sammeln möchte. Es ist klar mit Aufwand verbunden, da eine Ansammlung an Daten noch keinen Mehrwert generieren kann. Um wirtschaftliche vorteile zu generieren ist eine Analyse und Auswertung dieser Daten unumgänglich.  Zudem muss man natürlich auch erkennen wie weit man gesellschaftlich gehen kann um seine Kunden zu binden. Stichwort: Der gläserne Kunde. 

 

Trivial zum Schluss stellen sich also die folgende Frage, die jeder Gastronom für sich selbst beantworten muss.

  • Gibt es „Stammgäste“ die ich nicht kenne? 
  • Kann ich dem Gast einen genug guten Anreiz schaffen, damit er mir seine Daten zur Verfügung stellt und kann ich diesen gewährten Anreiz in eine Umsatzsteigerung verwandeln? 
  • Ist das Knowhow vorhanden, um aus den gesammelten Daten auch eine gute Auswertung zu machen?

Wenn alle drei Fragen mit Ja beantwortet werden können, wäre es wohl Zeit für ein Kunden-Loyalty Programm. Wenn alles gut läuft resultieren daraus treuere Gäste, mehr Umsatz und Entscheidungshilfen bei der Gestaltung des Sortiments oder der Planung Marketingkampagnen welche aus den Daten gewonnen werden können.

 

 

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Simon Wieser

Der Autor ist in der Gastronomie tätig und Absolvent der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern (SHL).

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