Faces of HSLU – Von Design Management, International zu Service Design

Noah Büchel (he/him) hat 2022 seinen Bachelor in Design Management, International – Communication Design an der HSLU abgeschlossen. Heute arbeitet er im Service Design bei Accenture Song. In diesem Interview erzählt er, wie er vom eigentlichen Traum in der Modeindustrie zum Design Management kam, was ihn am Service Design begeistert und warum learning by doing der Schlüssel zum Erfolg ist.

Von der Mode zur Vision: Wie Neugier den Weg ins Service Design ebnete

Wie bist du auf die Idee gekommen den Studiengang Design Management, International – Communication Design an der HSLU zu wählen? 

Nach meinem gestalterischen Vorkurs, bei welchem ich Einblicke in unterschiedliche Gestaltungsdisziplinen erhalten hatte, wusste ich: Ich möchte weiter kreativ arbeiten – aber nicht in der freien Kunst, sondern in einem Umfeld, das Kreativität mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen verknüpft. Die Auseinandersetzung mit Disziplinen wie Performance, Fotografie und Grafikdesign war inspirierend, aber ich spürte, dass ich einen Rahmen suchte, der über reine Gestaltung hinausgeht. Am Infotag der HSLU beim Studiengang Design Management landete ich eher zufällig über einen Freund und ich war sofort begeistert! Schon der Name weckte in mir Neugier. Die Kombination aus Design und Management klang mehrdeutig und interdisziplinär. Dass ich mich schlussendlich beworben habe, ohne ganz genau zu wissen, was mich erwartet, sagt wohl am meisten: Es war gerade diese Unsicherheit und Offenheit, die mich am stärksten gepackt hat. Design Management war für mich ein undefiniertes Feld voller unbekannter Möglichkeiten und genau das, was ich gesucht hatte.

War dir bereits während des Studiums klar, dass du in Richtung Service & Business Design gehen willst oder hat sich das erst entwickelt?

Ursprünglich zog es mich ins Brand Management der Modeindustrie – ehrlich gesagt vor allem deshalb, weil ich mir zu diesem Zeitpunkt kaum andere Möglichkeiten vorstellen konnte. Erst im Laufe des Studiums, als ich die ganze Bandbreite des Designbegriffs kennenlernte, eröffneten sich mir neue Perspektiven. Ich begann zu realisieren, dass ich mich nicht voreilig auf eine bestimmte Branche festlegen wollte. Stattdessen rückte für mich die gestalterische Praxis stärker in den Vordergrund – insbesondere im Bereich Service Design, also der Gestaltung von Dienstleistungen mit Blick auf Nutzerbedürfnisse, Abläufe und Erlebnisse. Gerade in der Dienstleistungswirtschaft sehe ich enormes Zukunftspotenzial und ein weites Feld für sinnvolle Design Interventionen. Dabei geht es nicht nur um kreative Lösungen, sondern auch darum, diese aus einer wirtschaftlichen Perspektive strategisch zu denken und genau hier kommt Business Design ins Spiel. Aus diesem Grund habe ich bewusst nach Einstiegsmöglichkeiten in diesem Bereich gesucht.

Was genau steckt eigentlich hinter dem Begriff Service Design und warum speilt er in der heutigen Welt so eine grosse Rolle?

Service Design bedeutet vereinfacht gesagt, Dienstleistungen, digital sowie physisch, so zu gestalten, dass sie für Nutzer:innen wirklich funktionieren. Es geht darum, Erlebnisse zu schaffen, die sinnvoll, nutzbar und angenehm sind. Dabei schauen wir nicht nur auf einzelne Touchpoints oder Produkte, sondern auf das gesamte Erlebnis über verschiedene Kanäle und Kontaktpunkte hinweg. Ich beschreibe das oft mit einer Metapher: Service Design ist wie das Orchestrieren eines Konzerts. Jede Abteilung, jedes System, jede Interaktion mit dem Kunden ist ein Instrument und es geht darum, dass am Ende ein harmonisches Zusammenspiel entsteht, das für die Nutzer:innen stimmig und durchdacht wirkt. Wenn beispielsweise online ein Arzttermin gebucht wird, man in der Praxis problemlos eincheckt, die Rechnung anschliessend digital erhält und das alles reibungslos und logisch aufeinander abgestimmt ist, war da ziemlich sicher ein Design-Team am Werk.

Von der Bewerbung zur Transformation: Wie aus einem Praktikum bei Fjord eine feste Rolle bei Accenture Song wurde

Wie bist du auf Accenture als employer of choice aufmerksam geworden und wie verlief dein Bewerbungsprozess?

Mein Weg zu Accenture war ein Zusammenspiel aus Zufällen, Offenheit und vielleicht dem richtigen Timing. Im Rahmen meines Studiums war ich auf der Suche nach einem Praktikum und hatte mich bereits bei zahlreichen Unternehmen beworben – leider mit vielen Absagen. In der letzten Woche vor Ablauf der Frist erhielten wir eine Rundmail der Studienleitung: Ein HSLU-Alumni suche Praktikant:innen bei Fjord, damals Teil von Accenture Interactive. Ich hatte mich sofort beworben und durfte nach einem HR-Interview und zwei inhaltlichen Interviews, zum finalen Interview bzw. informellen Kennelernen mit der Geschäftsleitung ins Designstudio in der St. Annagasse kommen. Dort wurde zusammen gekocht und ich wusste sofort: Dieser Ort fühlt sich richtig an! Was folgte, war ein intensives und inspirierendes Praktikum für sechs Montate. Ich durfte Einblicke in strategische Zukunftsprojekte, UX-Analysen und Service-Prozesse in verschiedensten Branchen gewinnen.

Du hast mit einem Praktikum bei Fjord gestartet und bist heute festangestellt bei Accenture: Wie kam es dazu und wie hast du die Transformation von «Fjord – Part of Accenture Interactive» zu «Accenture Song» persönlich erlebt? 

Nach einer kurzen Rückkehr an die HSLU kehrte ich als Werkstudent zurück und schrieb auch meine Bachelorarbeit in Kollaboration mit Accenture. Weil alle guten Dinge drei sind, war die anschliessende Rückkehr in die Festanstellung fast schon ein natürlicher nächster Schritt. Der Prozess war sehr einfach und schön, da ich mein Team und das Unternehmen bereits kannte und umgekehrt. Etwa zeitgleich wurde Fjord als Marke in den globalen Brand Accenture Song überführt. Klar: Eine so prägende Designmarke loszulassen, war nicht einfach. Gerade in kreativen Teams ist Identität oft stark mit Kultur und Community verknüpft und wenn sich diese verändert, bringt das erstmal Verunsicherung mit sich. Mit etwas Abstand sehe ich die Transformation heute jedoch als wertvolle Lernerfahrung. Ich interessiere mich schon länger für Themen wie Organisationsgestaltung & Change Management und genau diese Prozesse selbst zu durchleben, statt nur theoretisch zu begleiten, hat mein Verständnis dafür enorm geschärft. Gerade als Designer hilft mir diese Erfahrung, Wandel empathisch mitzugestalten.

Design mit Wirkung: Wie ich als Service Design Analyst bei Accenture arbeite

Was genau machst du in deiner Rolle als Service Design Analyst? Mit welchen Methoden und Tools arbeitest du am häufigsten?

In meiner Rolle als Service Designer liegt mein Fokus stark auf qualitativer Forschung. Ich führe Interviews, Beobachtungen oder andere ethnografisch inspirierte Methoden durch, um tiefergehende Einblicke in Bedürfnisse, Kontexte und Verhaltensweisen zu gewinnen. Diese Erkenntnisse übersetze ich in Formate wie Personas, Journey Maps, Service Blueprints oder Insight-Reports, sodass sie für Projektteams und Entscheidungsträger:innen greifbar und strategisch nutzbar werden. Ein weiterer zentraler Bestandteil meiner Arbeit sind Co-Creation-Formate. Ich konzipiere und moderiere Workshops mit Nutzer:innen, internen Teams oder diversen Stakeholdergruppen. Dabei geht es nicht nur um Ideengenerierung, sondern auch darum, Austausch zu ermöglichen und gemeinsam Wissen zu schaffen. Methoden wie die „How Might We“-Frage, Lightning Decision Jams oder strukturierte Ideation-Formate kommen dabei genauso zum Einsatz wie digitale Tools wie Miro, FigJam oder Notion zur Dokumentation und Zusammenarbeit. Was mir besonders wichtig ist: Nicht nur Nutzer:innen eine Stimme zu geben, sondern ihre Perspektiven so zu übersetzen, dass sie im strategischen Entscheidungsprozess tatsächlich Gewicht bekommen. Letztlich geht es darum, Komplexität greifbar zu machen und Orientierung zu geben, immer mit dem Ziel, bessere Services und Experiences zu gestalten.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Woran arbeitest du aktuell? Welche Themen und Branchen begleiten dich in deinen Projekten?

Was ich an meinem Job besonders schätze, ist die Abwechslung. Natürlich bewegen sich die Aufgaben entlang des klassischen Designprozesses, also irgendwo zwischen Research, Synthese, Ideation und Kollaboration. Mal bin ich mitten in der Durchführung qualitativer Interviews, mal vertiefe ich mich in die Analyse dieser Gespräche, um Muster, Bedürfnisse oder Spannungsfelder herauszuarbeiten. An anderen Tagen formuliere ich Erkenntnisse in strukturierter Form, sei es für interne Abstimmungen oder für unsere Kund:innen und unterstütze Teams dabei, daraus konkrete Handlungsansätze zu entwickeln. Ich finde es besonders bereichernd, wenn wir gemeinsam mit den Stakeholdern Schritt für Schritt zu einem tieferen Verständnis kommen und dabei Wissen aufbauen, das strategisch weiterträgt. Aktuell arbeite ich in einem Projekt in der Finanzbranche, das sich mit der Weiterentwicklung von Services für kleine und mittelständische Unternehmen beschäftigt. Ich finde die Arbeit mit KMUs besonders spannend, weil hinter diesen oft sehr vielfältige Menschen, Persönlichkeiten und komplexe Alltagsrealitäten stecken, mit ganz anderen Herausforderungen als in grossen Unternehmen. Es geht nicht nur um „Business Needs“, sondern oft auch um sehr menschliche, situative Kontexte, die eng mit der Lebensrealität der Unternehmer:innen verbunden sind. Solche Einblicke in konkrete Lebens- und Arbeitswelten treiben mich an und geben der Arbeit eine Tiefe, die weit über die pure Produktentwicklung hinausgeht.

Wie verbindest du kreative Prozesse mit strategischem Denken im Alltag?

Gute Frage! Für mich gehören kreatives Arbeiten und strategisches Denken ganz selbstverständlich zusammen. Im Designprozess passiert beides oft gleichzeitig. Kreativität bedeutet für mich nicht nur Ideenfindung, sondern auch, neue Perspektiven einzunehmen, Muster zu hinterfragen und Unbekanntes auszuhalten. Damit das aber nicht im Luftleeren bleibt, braucht es immer auch die strategische Einbettung: Wo stehen wir gerade im Projekt? Was sind die übergeordneten Ziele? Wer trifft letztlich Entscheidungen und auf welcher Basis? Ich sehe es als zentrale Aufgabe meiner Rolle, diese zwei Ebenen bewusst miteinander zu verbinden: Tiefe und Offenheit des kreativen Prozesses mit der Klarheit und Zielorientierung strategischer Entscheidungen. Das gelingt am besten, wenn man Research-Insights so aufbereitet, dass sie nicht nur inspirieren, sondern auch handlungsleitend sind. In der Praxis nutze ich kreative Methoden wie Ideation-Workshops, Prototyping oder Visualisierungstechniken gezielt, um gemeinsam mit Stakeholdern Denkprozesse anzustossen. Gleichzeitig denke ich immer mit: Welche Erkenntnisse zahlen auf die Gesamtstrategie ein? Wo eröffnen sich echte Hebel für Wirkung?

Last but not least: Was ich meinem früheren HSLU-Ich heute mitgeben könnte? Hab keine Angst davor, nicht alles zu wissen. Vieles lernt man erst im Doing und das ist völlig in Ordnung. Vertraue darauf, dass Neugier, Empathie und eine gute Portion gesunder Menschenverstand oft wichtiger sind als perfekt zu sein. Weiterer Tipp von mir: Die eigenen Interessen dürfen ruhig widersprüchlich oder breit gefächert sein – gerade das macht dich später als Designer aus. Accenture Song bietet diesen Raum: ein Ort, an dem man sich ausprobieren, mitgestalten und fachlich wie persönlich wachsen kann. Hier treffen unterschiedlichste Perspektiven aufeinander und genau das macht es so spannend. Ich schätze besonders die inhaltliche Vielfalt und die offene, wertschätzende Kultur. Die Projekte fordern einen immer wieder neu heraus, durch wechselnde Themen, Branchen und Kolleg:innen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Gleichzeitig erlebe ich eine gesunde Haltung zur Work-Life-Balance, was die Arbeit langfristig nachhaltig und motivierend macht.

Zusammengefasst ist Service Design ein Feld voller Möglichkeiten – für alle, die Gestaltung, Strategie und echte Wirkung miteinander verbinden möchten. Wer offen bleibt, gerne mit Menschen arbeitet und Komplexität verständlich machen will, findet hier den richtigen Platz. Hast du Fragen oder möchtest dich austauschen? Dann vernetz dich gerne mit mir auf LinkedIn!

👉 Upcoming: Im nächsten Blogpost treffen wir Amela Besic (she/her), die 2021 ihren Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen im Teilzeitmodell an der HSLU abgeschlossen hat. Heute arbeitet sie bei Accenture als Business Architecture Analyst. Du interessierst dich für hybride Rollen, IT-Beratung oder den Quereinstieg in die Tech-Welt? Dann hinterlass deine Fragen in den Kommentaren, vielleicht beantworten wir genau diese im nächsten Beitrag!

Lora Zylfijaj

Hi there! Lora hier - unterwegs zwischen meiner Rolle im Campus-Marketing bei Accenture und dem Hörsaal an der HSLU im Major Online-Business and Marketing. Daher beschäftige ich mich immer wieder intensiv mit der Frage, wie ich #BestOfBothWorlds ausleben und optimal kombinieren kann. Im Rahmen des Moduls Web Literacy wird diese Vision jetzt Realität: Mein Content-Projekt verknüpfe ich daher direkt mit einem Thema aus dem beruflichen Kontext und entwickle die Employer-Branding-Kampagne #FacesOfHSLU. In insgesamt 8 Blogposts möchte ich euch mitnehmen und zeigen, wie vielfältig Karrierewege sein können. Dafür teile ich Geschichten von verschiedenen Accenture-Kolleg:innen, die genau wie du und ich an der HSLU studieren oder studiert haben und heute in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig sind. Von Cybersecurity über Finance bis hin zu UX-Design geben sie persönliche Einblicke in ihren bisherigen Werdegang, sprechen über Herausforderungen, Learnings und Chancen. 👉 Vernetze dich gerne mit mir auf LinkedIn, wenn du Anregungen für die Interviews hast oder dich austauschen möchtest!

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