Veränderungen begleiten mich schon mein ganzes Berufsleben. Neue Technologien, neue Prozesse, neue Erwartungen. In meiner Rolle als Leiter bei einer Bank habe ich viele davon selbst angestossen oder aktiv mitgestaltet. Trotzdem war mir nie ganz klar, warum manche Veränderungen so zäh verlaufen. Seit dem CAS Requirements Engineering ist mir klarer, was oft fehlte: die strukturierte Verbindung zwischen dem Was und dem Wie, zwischen Anforderungen und Change.
Als Führungskraft mitten im Wandel
Vor einem Jahr durfte ich eine ganze Abteilung reorganisieren. Der Auftrag war klar: effizient arbeiten, bessere Erreichbarkeit für die Kunden, neue Kanäle aufbauen. Ich schrieb Prozesse neu, organisierte das Team um und plante den Aufbau der neuen Organisationseinheit Support. Es gab fachlich und menschlich viel zu tun.
Ich erinnerte mich daran, wie wir früher die Anforderungen eher «aus dem Bauch heraus» zusammengetragen hatten. Diesmal wollte ich es besser machen. Ich führte Interviews mit Teammitgliedern, beobachtete Arbeitsabläufe, entwarf Ablaufszenarien. Rückblickend war ich bereits ins Requirements Engineering eingestiegen, ohne den Begriff zu kennen.
Durch Requirements Engineering kommt Struktur in den Change
Im Unterricht wurde mir klar: Veränderung ist nicht nur ein Projektziel, sondern auch das Produkt. Und dieses Produkt hat Anforderungen. Laut den Prinzipien des Requirements Engineering ist die Änderung von Anforderungen nicht das Problem, sondern der Normalfall. Damit sie gelingt, braucht es Kontextverständnis und klare Kommunikation.
Das klingt selbstverständlich, ist in der Praxis nicht einfach. Ich habe erlebt, wie wichtig es ist, zwischen Stakeholdern zu vermitteln. Die Anforderungen an ein System sind das eine, die Erwartungen und Emotionen der Mitarbeitenden das andere. Wenn man beides nicht aufeinander abstimmt, führt das zu Widerstand.
Warum Change Management nicht reichen darf
Change Management legt den Fokus auf Akzeptanz und Begleitung. Das ist zentral. Fehlt eine saubere Struktur für die Anforderungen, fühlt sich der Wandel schnell unübersichtlich an. Was genau soll anders werden? Wer braucht welche Informationen? Welche Prozesse sind betroffen?
Requirements Engineering macht Veränderung greifbar. Von der Idee zur Anforderung. Vom Stakeholder zum Szenario. Vom Bauchgefühl zum dokumentierten Ziel.
Was ich heute anders mache
Ich kombiniere beides: Change Management und Requirements Engineering. Ich nutze unter anderem Werkzeuge wie Personas oder User Story Mapping. Ich stelle mehr Fragen. Und ich dokumentiere strukturierter. So verstehe ich heute nicht nur besser, was sich ändern soll, sondern auch wie ich andere auf diesem Weg mitnehme.
Die Anforderungen sind nicht länger nur ein Excel am Projektanfang. Sie sind Gesprächsbasis, Kommunikationsmittel und strategischer Kompass. Sie helfen mir, mein Team sicher durch die nächste Veränderung zu führen.
Vom Problem zur Anforderung bis zur Lösung
Oft erlebe ich: Es gibt ein Problem oder eine Idee. Alle wissen, was nicht gut läuft. Aber niemand kann genau sagen, was sich ändern soll. Früher führte das zu Missverständnissen oder zu vorschnellen Lösungen. Heute gehe ich strukturiert vor.
Ich starte mit dem Ist-Zustand: Was genau ist das Problem? Was soll sich ändern? Dadurch erhalte ich einen ersten Entwurf des Soll-Zustands. Erst danach formuliere ich konkrete Anforderungen.

Diese einfache Visualisierung hilft, den Überblick zu behalten und dient als guter Gesprächseinstieg mit Stakeholdern.
Personas schaffen Nähe und Verständnis
Ein weiteres Werkzeug, das ich im Requirements Engineering schätzen gelernt habe, sind Personas. Früher habe ich Anforderungen eher abstrakt formuliert: «Der Benutzer soll …». Heute erstelle ich kleine Steckbriefe mit Namen, Fotos und kurzen Geschichten. Diese Personas machen die Zielgruppen greifbar.
Personas machen Zielgruppen greifbar. Ich denke nicht mehr an «interne Benutzer», sondern an «Markus, 45, Teamleiter Kundenberatung». Ich überlege, was ihn unterstützt und wo er Hürden erlebt. Das verändert die Perspektive und damit auch die Qualität der Anforderungen.
Fazit
Veränderung ist Alltag geworden. Aber wie wir sie gestalten, ist entscheidend. Das Requirements Engineering gibt mir methodische Werkzeuge, Change gezielter und wirksamer zu begleiten. Es hilft mir, Bedürfnisse zu verstehen und passende Lösungen zu entwickeln. Nicht als Gegenspieler, sondern als perfekter Partner des Change Managements.