Bauen und Renovieren – Digitalisierung verbessert das Kundenerlebnis

Für den Laien ist der Eigenheimbau oder die Renovation der eigenen vier Wände meistens zeitintensiv, nervenaufreibend und nicht zuletzt mit Ärger verbunden. Das Thema ist komplex, emotional und kostenintensiv. Wie kann der Weg vom Wunsch zur Realität durch Digitalisierung vereinfacht und zu einem erfreulichen Erlebnis werden?

Die Realität – Papierflut und Excellisten

Knapp 40% der Schweizer Haushalte leben in den eigenen vier Wänden und waren mit dem Neubau oder sind irgendwann mit Umbau und Renovationen konfrontiert. Wer schon einmal gebaut hat, weiss, dass von der ersten Idee, der Bedürfnisformulierung, der Architektensuche bis hin zur Umsetzung und zum fertigen Produkt ein langer Weg ist. Dieser ist gespickt mit einer Flut von Papier, Plänen, Verträgen, Excellisten und Bergen von Produktinformationen. Hinzu kommt, dass die Baubranche stark fragmentiert ist und aus einer Vielzahl von Kleinunternehmen mit unterschiedlichen Infrastrukturen besteht, die die Zusammenarbeit und Kommunikation erschweren. Die Komplexität im Planungs- und Baurecht ist hoch. Eine Übersicht, Transparenz und genügend Informationen als Entscheidungsgrundlage zu erhalten, ist in diesem Umfeld eine Herausforderung.

Konfiguration per Mausklick

Wir sind es fast schon gewohnt, im Internet Reisen aber auch Autos zu kaufen. Übersichtliche Vergleiche, Bewertungen unterstützen Entscheide und erzeugen ein zufriedenstellendes bis begeisterndes digitales Benutzererlebnis. Nun ist der Kauf von Reisen und Autos in Kosten und Komplexität nicht mit einem Hausbau vergleichbar. Bei diesem handelt es sich immerhin meistens um ein Unikat. Dennoch hat die Planungs- und Baubranche grossen Nachholbedarf und könnte mit digitalen Lösungen und Prozessen unterstützt und verbessert werden. Wie könnte der Planungs- und Bauprozess nun digital aussehen?

Digital gedacht

Mit neuen digitalen Anwendungen und Platformen aber auch Technologien verändern sich Branchen. Neben diesen Innovationen sind aber auch neue Wege in Prozessen und Zusammenarbeitsmodellen notwendig, bekannte Abläufe und Standards müssen hinterfragt werden. Wie wäre es, wenn sich der Bauherr seine Planer in einer strukturierten Datenbank aussuchen könnte und neben den gebauten Referenzen auch Erfahrungen von ehemaligen Bauherren in seinen Entscheid einbeziehen könnte? Verträge werden anschliessend digital erstellt und unterschrieben. Die Bedürfniserfassung ist ein iterativer strukturierter Prozess. Vielleicht zukünftig so, wie das Pärchen im Video eine Pizza zusammenstellt? (Video:Youtube) Die Planung wird in einem 3D-Modell visualisiert, in dem man sich mit einer VR-Brille bewegen und Räume und Materialien in verschiedenen Varianten prüfen und anpassen kann. Preisliche und terminliche Abhängigkeiten erfährt man in Echtzeit. Warum nicht gleich Möbel, Vorhänge und Bilder platzieren und direkt kaufen? Die Ausschreibung erfolgt direkt aus dem digitalen Zwilling und Unternehmen bieten Ihre Leistungen und Produkte auf Plattformen an. Anbieter und Produkte sind mit Bewertungen und umfassenden Informationen hinterlegt und somit vergleichbar. Die Käuferschaft weiss um die Herkunft, Inhaltsstoffe, CO2-Fussabdruck aber auch um die Unterhaltsanleitungen und Rückbaubarkeit. Wenn nötig, könnten Verträge als Smart-Contract, die auf der Blockchain-Technologie basieren, sicher abgeschlossen werden. Wenn es dann ans Bauen geht, gibt es ein Bauterminprogramm, welches von allen online einsehbar ist und kommentiert werden kann. Den Baustellenzustand kann ich per Handyapp verfolgen. Mängel und Aufgaben werden digital erfasst, kommuniziert und kontrolliert. All das schafft Transparenz und Transparenz schafft Vertrauen.

Fazit

Es gibt bereits diverse Bestrebungen, der oben skizzierten Vision näher zu kommen. Architekten und Ingenieure beschäftigen sich intensiv mit dem digitalen Zwilling, dem sogenannten Building Information Modeling (kurz BIM). Versicherungen und Banken bauen Ökosysteme, die die Immobiliensuche, Finanzierung und Versicherung abdecken. Andere bringen Handwerker, Lieferanten und EigentümerInnen zusammen. Es werden diverse Apps und Gadgets entwickelt. Für ein durchgängiges unterbruchfreies Kundenerlebnis wird es noch einige Zeit dauern. Die Branche hat die Notwendigkeit und den Nachholbedarf aber erkannt. Zukünftige BauherrInnen dürfen gespannt sein.

 

Weiterführende Links zum Thema

Bauen digital Schweiz / ist die führende Plattform für die digitale Transformation der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft

Avobis / entwickelt dank ihrer einzigartigen Datengrundlage innovative Lösungen für das Ökosystem Immobilien.

Conreal / das offene Ökosystem für die Bau- und Immobilienbranche, welches Bauherren, Architekten, Handwerker, Produktanbieter sowie Wohneigentümer vernetzt

3D Scan / simple 3D Scans von Räumen mit dem Handy

 

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Thomas Kobe

Thomas Kobe ist Leiter Baumanagement bei der Livit AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation. Er ist mit seinem Team schweizweit für Instandsetzungen verantwortlich und engagiert sich für Innovationen und Digitalisierung im Bauwesen.

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