Digitale Transformation: Kultureller Wandel in traditionellen Industrien

Die digitale Transformation scheitert oft nicht an neuen Technologien, sondern an kulturellen Widerständen und Führungsfehlern. Clayton M. Christensen beschreibt in The Innovator’s Dilemma, wie Rückschaufehler („Hindsight Bias“) Unternehmen ausbremsen, während Edgar H. Schein in Organizational Culture and Leadership betont, dass eine Anpassung der Unternehmenskultur der Schlüssel zum Erfolg ist. Warum dies gerade in traditionellen Industrien entscheidend ist, erfahren Sie hier.

Die wahre Herausforderung: Kultur statt Technologie

In der Schienenfahrzeugbranche und anderen traditionellen Industrien stehen Unternehmen oft vor der Illusion, dass digitale Transformation rein technologische Herausforderungen mit sich bringt. Doch die grössten Barrieren sind organisatorischer und kultureller Natur. Technologie ist ein wichtiger Enabler, doch der Wandel geschieht in den Köpfen und Strukturen der Organisationen, wie John Kotter in Leading Change erklärt: „Transformation is a process, not an event.“

Kultureller Wandel ist deshalb kein Nebeneffekt der digitalen Transformation, sondern ihre Grundlage. Unternehmen, die diesen Faktor ignorieren, riskieren ihren eigenen «Kodak-Moment» – ein Begriff, der für das Verpassen disruptiver Chancen steht, wie es dem einstigen Marktführer Kodak mit der digitalen Fotografie geschah.

Hindsight Bias: Die Gefahr vergangener Erfolge

Clayton M. Christensen zeigt in The Innovator’s Dilemma auf, wie Unternehmen dazu neigen, Entscheidungen auf Basis vergangener Erfolge zu treffen. Diese retrospektive Verzerrung („Hindsight Bias“) verhindert oft, dass Marktveränderungen oder disruptive Technologien rechtzeitig erkannt werden. In der Schienenfahrzeugbranche äussert sich dies beispielsweise in der Fixierung auf etablierte Produkte (Schienenfahrzeuge), während digitale Services wie Predictive Maintenance oder Kundeninformationsportale zu wenig fokussiert entwickelt werden.

Silo-Denken und dezentrale Strukturen

Ein weiteres Hindernis für die Transformation sind isolierte Strukturen innerhalb von Unternehmen. Jede Einheit agiert oft als eigenständiges „Silo“, was nicht nur technologische Innovationen behindert, sondern auch kulturelle Einheitlichkeit untergräbt. Nach Schein liegt es in der Verantwortung von Führungskräften, Kultur aktiv zu gestalten und zu verändern, während Manager innerhalb bestehender kultureller Strukturen agieren. Viele Unternehmen setzen auf Vermittlerrollen zwischen zentralen Strategien und lokaler Umsetzung (sog. Digital Champions), wie in Leading Digital von George Westerman et al. beschrieben wird.

Solche Ansätze sind essenziell, um die Vorteile zentral gesteuerter Digitalisierungsinitiativen mit der Flexibilität lokaler Standorte zu kombinieren. Ohne diese Vermittler drohen ineffiziente Prozesse und eine mangelnde Einbindung der Belegschaft.

Angst vor Kontrolle und Arbeitsplatzverlust

Wie Schein in Organizational Culture and Leadership beschreibt, sind Ängste ein zentraler Grund für Widerstand gegen Veränderungen. Mitarbeitende fürchten Arbeitsplatzverlust oder Kontrolle durch datenbasierte Systeme. Erfolgreiche Industrie-Unternehmen wie Siemens zeigen jedoch, dass gezielte Schulungsprogramme Vertrauen schaffen können und so die Akzeptanz für Technologien wie IoT und Predictive Maintenance erhöhen.

Veränderungen müssen klar kommuniziert und die Vorteile für alle Beteiligten sichtbar gemacht werden. Nur so können Ängste abgebaut und eine positive Einstellung gegenüber neuen Technologien gefördert werden.

Technologie als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung

Technologien wie IoT-Plattformen, Digital Twins oder datengetriebene Entscheidungsfindung sind essenziell, aber ihre Wirksamkeit hängt von einer starken kulturellen Grundlage ab. Westerman et al. betonen in Leading Digital, dass eine zentrale Vision und Strategie entscheidend sind, wobei lokale Anpassungen notwendig bleiben. Unternehmen, die beides vereinen, sind langfristig erfolgreicher.

Zudem zeigt die Praxis, dass eine Veränderung von Denk- und Verhaltensmustern durch Leadership-Programme und Change-Management-Prozesse aktiv gestaltet werden muss. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie sowohl Orientierung geben als auch durch ihr eigenes Verhalten den Wandel vorleben.

Fazit

Die digitale Transformation bedeutet mehr als den Einsatz neuer Technologie – sie erfordert einen tiefgreifenden kulturellen Wandel. Traditionelle Industrien müssen organisatorische Barrieren abbauen, Ängste der Mitarbeitenden adressieren und typische Führungsfehler vermeiden. Nur durch eine Kombination aus technologischer Innovation, Veränderung der Unternehmenskultur und klarer Führungsvision wird die Transformation zur Erfolgsgeschichte.

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Stefan Liechti

Stefan Liechti ist Head of Data & Digital Services bei Stadler Service und bloggt aus dem Unterricht des CAS Chief Digital Officer. Dieser Blogbeitrag wurde mit Unterstützung von KI verfasst.

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