Belangloser Datenschutz …

Ein Normalsterblicher mutiert zum Datenschutzbeauftragten, sieht darin zunächst «ein Buch mit sieben Siegeln» und erkennt die Bedeutung für die Menschheit. Eine Menschheit, die Freiheit des Einzelnen schätzt und gleichzeitig ihre Rechte einfordert. Wie das zusammenpasst und welche Bedeutung Datenschutzbeauftragte für die Gesellschaft haben, zeigt dieser Blogbeitrag.

Das Laub raschelte unter meinen Füssen, der Regenschirm war schwer gegen den Wind zu halten. Es war einer der anstrengendsten Morgen meines Arbeitslebens. Man muss raus, auch wenn dieser herbstliche, windige, dunkle und regnerische Morgen perfekt für einen schönen Moment im Bett gewesen wäre.

Heisse Füsse der Chefin

Aber mein Outlook-Kalender forderte zum Handeln auf. Gedanken wie diese schwirrten durch meinen Kopf: «Meine Chefin hat entschieden, dass ich gehe, sie hat mich angemeldet und für die verd… Veranstaltung bezahlt». Und: Sie bekommt heisse Füsse, wenn wir den Datenschutz im Unternehmen nicht garantieren.
Drei Stunden später, mit nassem Mantel und kalten Fingern, versuchte ich meine Brille zu putzen. Verspätet stand ich vor dem Eingang des historischen Casinos in Bern, durch die tropfenden Fenster sah ich Frauen und Männer, die genüsslich an der Bar standen. Kaffee und Gipfeli vor und – schön schweizerisch – ein Apéro nach der Veranstaltung, so stand es zumindest auf dem Programm. Dazwischen prangte in dicken Lettern ein Begriff auf dem Programm: Datenschutz.

Die Frage in meinem Kopf, was ich als Leiter der Unternehmenskommunikation bei dieser Veranstaltung zu tun habe, liess mich schon seit Tagen nicht mehr los. Was sollte ich dort? Die Menschenmenge kam mir vor wie ein Haufen rechtsgelehrter Experten. Mitten unter den «weissen» Schafen fühlte ich mich wie ein «schwarzes» Tier, das von der Materie keine Ahnung hat.

Mutation eines Normalsterblichen

Inzwischen sind einige Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich mein dynamischer Arbeitsbereich weiterentwickelt und wurde durch den Datenschutz ergänzt. Natürlich bei gleichem Arbeitspensum.
Zu Beginn habe ich die Thematik überwiegend als schwer zugänglich eingeschätzt. Diese Sichtweise schien mich lange zu begleiten, bis die vertiefte Beschäftigung mit dem Thema Licht ins Dunkel brachte. Heute kann ich sagen: «Datenschutz war für mich ein Buch mit sieben Siegeln, jetzt nicht mehr». Natürlich gibt es auch heute noch Fragezeichen, mit Blick in das Plenum meiner Fortbildung stelle ich fest, dass es jedem so geht. Selbst Juristen haben nicht immer den Durchblick.

Freiheit und Schutz unter einem Dach

Aus der Vogelperspektive und mit der nötigen Flughöhe habe ich festgestellt, dass der Datenschutz dem Menschen dient. Auf der einen Seite muss die Freiheit des Einzelnen gewährleistet sein, auf der anderen Seite der Schutz der Persönlichkeit. Den Spagat dazwischen füllen wir Datenschutzbeauftragten mit Massnahmen, um eine datenschutzkonforme Organisation gewährleisten zu können. Wir müssen die Sichtweise ändern, die uns zusätzliche und lästige Arbeiten aufbürdet. Denn Datenschutz ist als eine weitere gesellschaftliche Funktion zu sehen, die das Zusammenleben verbessert. Er bietet mitunter die Chance, die Freiheiten einer fortgeschrittenen und entwickelten Gesellschaft zu sichern. Mit dieser Perspektive ist unsere tägliche Arbeit sinnvoll und sinnstiftend.

Das Wunder von Bern

Nach diversen intensiven Überlegungen war der beschriebene Workshop im Herbst 2019 in Bern ausschlaggebend, mich dem Thema Datenschutz zu nähern. Für mich im Nachhinein überraschend, habe ich ein persönliches Interesse am Datenschutz entwickelt. Rückblickend war es wohl auch die Unkenntnis im Unternehmen, die mich dazu bewogen hat, mich dem Thema zu nähern. Ein Thema, für das sich erstens niemand interessiert und von dem zweitens niemand eine Ahnung hat, hat mich beflügelt. Endlich ein Arbeitsfeld zu haben, an das sich nur wenige herantrauen. Zudem handelt es sich um ein Themenfeld, das aufgrund seiner Aktualität und Brisanz auch in Zukunft von grosser gesellschaftlicher Bedeutung sein wird. Denn das Spannungsfeld zwischen der heute möglichen Erfassung grosser Datenmengen und der Selbstbestimmung des Einzelnen wird immer grösser.

Durch meine Tätigkeit als Leiter Unternehmenskommunikation habe ich verschiedene Schnittstellen zu möglichen Datenbearbeitungsprozessen. Aufgrund der Komplexität der gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit und der teilweise unklaren Verantwortlichkeiten im Unternehmen sehe ich Handlungsbedarf. Aus Eigeninteresse und um einen Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen, beschäftige ich mich nun seit drei Jahren intensiv mit der Thematik und versuche mit dem CAS Data Privacy Officer eine weitere Vertiefung zu erlangen. Ein CAS, das durchaus empfehlenswert ist.

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Thomas Keiser

Thomas Keiser ist Leiter Unternehmenskommunikation bei der Zentralbahn und bloggt aus dem Unterricht CAS Data Privacy Officer.

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