Stell dir vor, du hast ein aufregendes erstes Date mit Scrum, voller Erwartungen und Versprechungen. Aber was passiert, wenn der verkaterte Sonntagmorgen kommt und die Realität auf dich einprasselt? Ein Blick auf die ungeschminkte Wahrheit.
Die Erwartungen vor dem Date
Die Erwartungen sind hoch. Scrum als eines der bekanntesten Agile Frameworks wird als die Lösung für Unternehmenserfolge angepriesen. Endlich scheint die Antwort gefunden, um durchzustarten. Obwohl der innere Skeptiker warnt, dass solche Teleshopping-Versprechen zu schön sind, ist man bereit, ihnen zu glauben. Denn es gibt viele inspirierende Erfolgsgeschichten, TED-Talks oder Berichte über Unternehmen, die mit Agile-Methoden bedeutende Fortschritte erzielt haben. Die Unternehmen erwarten Flexibilität, höhere Produktivität und einen schnelleren «time to market». Aber hält Scrum diese Versprechen?
Das erste Date
Die erste Begegnung mit Scrum ist aufregend. Der Fokus auf die Selbstorganisation, die Events, die Geschwindigkeit und mehr Transparenz. Die Veränderung liegt von Anfang an in der Luft. Der Ansatz, ständig nach Möglichkeiten zu suchen sich weiterzuentwickeln – alles fühlt sich richtig und motivierend an. Man möchte sofort loslegen.
Der verkaterte Sonntagmorgen
Doch darauf folgt der altbekannte verkaterte Sonntagmorgen. Was ist passiert? Gestern war doch noch alles in Ordnung? Plötzlich fällt auf, dass viele Probleme noch immer vorhanden sind. Ausserdem bleiben viele Fragen unbeantwortet:
- Wie geht man Mitarbeitenden um, die an klare Anweisungen gewöhnt sind?
- Wo beginnt man mit der Umsetzung?
- Was tun, wenn Mitarbeitende gegen Veränderungen sind?
- Was tun, wenn ein Entwickler feststeckt, dies aber nicht kommuniziert?
Die ungeschminkte Wahrheit
Es ist an der Zeit, die ungeschminkte Wahrheit zu enthüllen: Scrum liefert keine Antwort auf solche Fragen.
Scrum macht überdies möglichst wenig Vorgaben, wenn es um die Umsetzung geht. Denn es wäre widersprüchlich, wenn die Agilität selbst bei der eigenen Umsetzung nicht agil genug wäre. Darauf folgt oft der Moment der Enttäuschung. Denn bei auftauchenden Problemen fehlt eine konkrete Handlungsempfehlung, wie man in der Praxis damit umgehen kann.
Leider ist die Realität komplexer als die Versprechungen, die über Scrum erzählt werden. Unternehmen müssen sich diesen Herausforderungen selbst stellen und dies ist zweifellos keine einfache Aufgabe.
Die Essenz von Scrum
Das bedeutet nicht, dass agile Projektmanagement-Methoden nutzlos sind. Denn im Rahmen dieser Frameworks ist man gezwungen, das eigene Unternehmen zu analysieren und Lösungsansätze für vorhandene Hindernisse zu entwickeln.
Dabei sind nicht nur die vorgegebenen Events und Rollen entscheidend, sondern vor allem die Werte, die im Scrum Guide als Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung genannt werden:
Commitment, Fokus, Offenheit, Respekt und Mut.
Das sind die Grundprinzipien, die eine agile Transformation vorantreiben. Sie schaffen nicht nur Struktur, sondern formen auch die Denkweise und Kultur im Team. Die Essenz liegt in der inneren Verankerung dieser Werte, die den wahren Nutzen agiler Methoden entfalten. Agilität erfordert jedoch Mut, um festgefahrene Denkmuster herauszufordern und neue Wege zur Zielerreichung zu finden. Teams müssen in einer kontinuierlichen Verbesserungsprozess lernen, ihre angewandten Praktiken anzupassen, um neue Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. So wird die agile Reise zu einem nachhaltigen Transformationsprozess.
Zum Schluss
Scrum ist wie das erste Date, voller Erwartungen, aber manchmal endet es in einem verkaterten Sonntagmorgen. Wie wir mit dieser Realität umgehen, liegt an uns. Ich denke die Wahrheit über Scrum liegt irgendwo dazwischen – es ist kein leeres Teleshopping-Versprechen, aber auch keine Allheillösung. Es ist ein Werkzeug, das in den richtigen Händen Wunder bewirken kann.
Letztendlich stellt sich die Frage: Welche Schlüsse ziehen wir aus dem vermeintlichen „Sonntagmorgen“ nach dem ersten Date? Lassen wir uns von dem brummenden Kopf abschrecken oder nutzen wir die Erlebnisse als Antrieb für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Agilität?