(Keine) Zeit zum Experimentieren

Das Experimentieren ist ein wichtiger Bestandteil von agilen Methoden und von DevOps. Es hilft Unternehmen dabei, ihre Produkte und Dienstleistungen stetig zu verbessern und zu hinterfragen, um sich langfristig gut am Markt positionieren zu können. Doch warum nehmen wir uns in der Praxis zu wenig Zeit dafür und verpassen dadurch potenzielle Chancen? Mögliche Ursachen und ein Lösungsansatz.

 

Am Bestehenden festhalten

Kennen Sie das auch? Man baut immer weiter auf dem Bestehenden auf, ohne mal einen Schritt zurück zu stehen und zu hinterfragen, ob es nicht auch bessere Varianten gäbe. Vielleicht ist Ihnen sogar bewusst, dass die vorhandene Lösung nicht (mehr) so ganz zufriedenstellend ist, aber so dringlich scheint es dann doch nicht, dies anzupacken. Ausserdem haben wir doch genügend andere Arbeiten, die erledigt werden müssen.

 

Der Fokus in diesem Blog betrifft zwei Ebenen:

  • Arbeitsprozess & Zusammenarbeit: Welche Arten von Meetings und Events haben wir und wie sind diese aufgebaut. Welche Tools und Werkzeuge wie etwa Jira, Confluence oder eine Fileserver-Ablage setzen wir ein und wie arbeiten wir damit? Etc.

  • Produkt: Wenn das Produkt eine Software ist, stellt sich beispielsweise die Frage, ob wir mit neuartigen Features unseren Kunden einen noch besseren Service bieten können. Ausserdem gilt es zu prüfen, ob die konzeptionelle und technologische Basis den aktuellen sowie zukünftigen Anforderungen weiterhin gerecht wird.

 

Die Themen in der heutigen VUCA-Welt sind vielfältiger Natur.

Ein Ansatz, um neue Methoden, Vorgehensweisen, Ideen, Tools und Technologien auszuprobieren, ist das Experimentieren.

Denn durch ein Experiment bekommen wir ein Feedback und können darauf basierend weitere Schritte planen. Experimente bilden daher auch einen zentralen Teil des DevOps-Ansatz.

Wer am Bestehenden festhält, statt mit Neuem zu experimentieren, verpasst Chancen und schränkt sich unnötig ein. Wohin dies im Extremfall führen kann, zeigten Unternehmen wie Nokia oder Kodak, welche eine führende Marktposition hatten und schliesslich in Schieflage gerieten, da man bedeutende Trends verpasst hat.

 

 

Warum haben wir keine Zeit für Experimente?

Aus meiner Sicht nehmen wir uns aber viel zu selten Zeit für Experimente. Doch warum? Wir haben keine Zeit? Keine Zeit – folglich hat das Experimentieren keine hohe Priorität, sonst würden wir uns die Zeit dafür nehmen. Aber warum priorisieren wir das nicht höher?

 

Ein vielleicht etwas anderer Erklärungsversuch

Wir tendieren oftmals dazu, das, was wir schon kennen, zu bevorzugen (Status-quo-Verzerrung). Warum sollte ich also in einem Experiment eine neue Technologie ausprobieren, wenn ich auch mit der bestehenden weitermachen könnte? Wir treffen unsere Entscheidungen manchmal nicht rational: Wir möchten etwas, was wir schon haben, nicht gegen etwas anders, was wir noch nicht haben, eintauschen (Endowment-Effekt). Wir entscheiden uns dafür, unsere Dokumentationen lieber wie bisher in einem System weiter zu führen, wo es aufwändig, unübersichtlich und fehleranfällig ist, als eine neue Variante auszuprobieren, da schliesslich eine Migration auf ein anderes (besseres) System im Ersten Schritt noch aufwändiger wäre (Present Bias). Ausserdem neigt man oft dazu, etwas weiterhin zu behalten, wenn man schon viel Aufwand rein gesteckt hat, obwohl es aus rationaler Sicht besser wäre, auf eine andere Lösung zu wechseln (Sunk Cost Fallacy). Als Konsequenz fährt man fort wie bisher…

 

 

Ein möglicher Lösungsansatz

Im ersten Schritt glaube ich, dass es hilfreich ist, sich der oben erwähnten Effekte und Verzerrungen bewusst zu werden. Diese erklären wahrscheinlich zumindest teilweise, was uns bisher davon abgehalten hat, mehr Zeit ins Experimentieren zu investieren.

Falls Sie zur Erkenntnis gekommen sind, dass Experimente auch bei Ihnen wichtig sind, kann es hilfreich sein, ein wöchentliches Zeitfenster fix einzuplanen: Beispielsweise jeden Donnerstagnachmittag. So kann ein Ritual entstehen. Nach meiner Einschätzung sollte es in dieser Zeit möglichst wenig Vorgaben geben, damit die Kreativität nicht unnötig eingeschränkt wird.

Natürlich ist es auch ein Experiment, diesen Lösungsansatz auszuprobieren.

Frage in die Runde:
Welchen Stellenwert hat das Experimentieren in eurer Firma und wie mutig seid ihr dabei, auch mal komplett Neue Ansätze zu erproben?
Wie habt ihr dies in eure Team- oder Firmen-DNA integriert?

 


Quelle Titelbild: Unsplash. Veröffentlicht unter der Unsplash License.

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Ary (Patrick Aranya)

Patrick Aranya bloggt aus dem Unterricht des CAS DevOps Leadership and Agile Methods. Beruflich war er bisher unter anderem als System Engineer und als ERP-Projektleiter tätig.

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