Smartphones im pflegerischen Alltag – Allheilmittel oder strategieloses Flickwerk?

Die Digitalisierung ist in aller Munde und unterstützt uns in der beruflichen Tätigkeit mehr denn je. So nimmt diese Thematik auch schon länger im Schweizer Gesundheitswesen Einzug und verspricht ein hohes Potential an Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung sowie neuen Möglichkeiten dank KI basierten Technologien.

Es gibt sehr viele spannende Digitalisierungsprojekte in Schweizer Spitälern sowie in Langzeitpflege-Institutionen. Viele dieser Lösungen benötigen das Smartphone als Schnittstelle zum Menschen. Doch wird dem Thema Smartphone genügend Beachtung geschenkt oder wird deren Einsatz als zu selbstverständlich betrachtet?

Insgesamt scheint es, dass sich der digitale Fortschritt im Gesundheitswesen im vergleich mit anderen Branchen, nicht auf dem gleichen Niveau befindet (synpuls – Auf dem Weg zum „digitalen Spital“).  Die Branche will aufholen und dies zu einem idealen Zeitpunkt, wo KI-Lösungen und machine-learning die gesamte Industrie überrollen.

Es gibt spürbar viele und durchaus auch innovative, Digitalisierungs-Projekte in der Branche, allerdings sind diese vielfach wegen ausgeprägtem Silodenken und wohl auch wegen fehlender Strategien, eher als digitales Flickwerk zu bezeichnen.

Vielleicht ist der Grund für dieses Flickwerk nicht einmal die fehlende Strategie und vielmehr die nicht konsequente Umsetzung derer?

In der Praxis zeigt sich, dass viele Digitalisierungs-Projekte durch opportunistische Bedürfnisse getrieben werden. Sei es durch Ersatzbeschaffungen, welche durch Herstellerbedingte Abkündigungen (EoL – End of Life) ausgelöst werden oder durch den Bedarf eines einzelnen Bereiches. Das digitale Spital sollte, aus einem Lösungs-Ökosystem bestehen, welches aufeinander abgestimmt ist und dieses wiederum durch die Digitalisierungsstrategie einer Institution getriggert wird. In diesem Zusammenspiel ist auch die konsequente Umsetzung einer ICT-Strategie, welche als Basis für die Digitalisierung dient, elementar.

Beispiel: Smartphone im pflegerischen Alltag:
Nahezu jede Institution, die eine Ersatzbeschaffung für die bestehende Telefonie-Lösung macht, setzt neu auf Smartphone Technologien. Vielfach werden Smartphones aber auch basierend auf den Anforderungen einer einzelnen Anwendung beschafft.

Unbestritten birgt diese Technologie ein hohes Potential im Bereich der Digitalisierung. Doch wie geht man dieses Thema an, ohne dass es zu einer überteuerten Ersatzlösung von klassischen DECT-Handapparaten wird? Vielerorts ist das leider so geschehen.
Die eingesetzten Smartphones wurden entweder wegen einer einzelnen Applikation beschafft oder mit viel Pragmatismus als Ersatzlösung für die bestehende Voice-Lösung betrachtet. Doch hier handelt es sich um einen Paradigma Wechsel welche viele nicht erkennen. Denn im richtigen Setup, kann ein Smartphone zum mobilen Arbeitsplatz werden und so die Prozesse effektiv unterstützen.
Auch wenn viele von uns im privaten schon seit über zehn Jahren mit Smartphones hantieren, kann dieser Technologie im Berufsleben nach wie vor eine hohe Innovationskraft zugeschrieben werden.
Das gelingt aber nur, wenn wir den Ökosystem- und Plattformgedanken leben.

Im Fokus steht der eigentliche Nutzen. Da es sich bei einem Smartphone aber um ein Infrastrukturelement handelt, kann der Nutzen primär über die entsprechende Applikation erreicht werden. Wir sprechen hier also von einem infrastrukturellen Element, welche für verschiedene Prozesse als ein- oder Ausgabepunkt verwendet werden kann. Gegenüber dem privaten Gebrauch gibt es aber umfangreiche Punkte, die bei einer Beschaffung als Erfolgsfaktoren gewertet werden müssen.

Folgende Punkte sind zu beleuchten:

  • Welche Datenübertragungs- Technologie wird benötigt (WiFi, Voice Ready WiFi, Roaming/Handover Ausprägung bsp. für moderne Alarmierungssysteme, 4G/5G Technologie, DECT)
  • Usability: Das Gerät soll in der Basis einfach zu bedienen sein (hohe Mitarbeiter-Fluktuation und temporäre Mitarbeitende, stellen Anforderungen an diesen Bereich)
  • Shared Device: In der Pflege ist es Sinnvoll ein Gerät mit mehreren Mitarbeitern zu teilen. Die Umsetzung dieser Anforderung ist sehr umfangreich.
  • Arbeitsplatzprofiele sind zu berücksichtigen (Funktions- und Userbasiert) Hauptsächlich im Bereich UCC und Alarming.
  • SSO (Single Sign On) mit nativen Applikationen
  • User Identifizierung: Wie soll sich der Mitarbeitende am Gerät registrieren und anmelden? (Usability sehr wichtig, NFC-Login, MFA, vereinfachtes Login, AD Anbindung)
  • Anbindung eines IAM Systems (Automatisierung)
  • Patch-Management
  • Releasemanagement
  • Assetmanagement
  • Sicherstellung zur Einhaltung von Security Richtlinien
  • Sicherstellung der Remote-Unterstützung
  • Geräteüberwachung (Health-Check)
  • Batterieüberwachung
  • Lokale Gerätekommunikation (local-push-notification)
  • Repairmanagement
  • Abomanagement (Provider)
  • Lifecyclemanagement
  • uvm.

Da kommen in der Tat einige Punkte zusammen, welche für den Erfolg dieser Technologie im Berufsalltag ausschlaggebend sind. Es setzt ein umfangreiches, aufeinander abgestimmtes Technologie- und Managementsystem voraus. Letztlich kommt noch ein entscheidendes Element hinzu – das Smartphone!

Basierend auf den zu erfüllenden Anforderungskriterien, sind die Geräte in Abstimmung zur gewählten Infrastruktur zu wählen. Beim Smartphone gibt es ein weiterer umfassender Kriterienkatalog, welcher bei der Beschaffung zu beachten ist. Hier ein gekürzter Auszug:

  • Display Grösse
  • Batterielaufzeit
  • Wechsel der Batterie im laufenden Betrieb
  • Desinfizierbares  Display
  • Enthalte Kommunikationstechnologien
  • Anforderungen an die verbauten Technologien (CPU, RAM, WiFi-Chip, Antennanordnung, etc.)
  • Ladestation
  • Notruftaste
  • uvm.

Der Einsatz von Smartphones im beruflichen Alltag ist Sinnbildlich für den generellen Ecosystem-Gedanken. Das Smartphone vereint die Applikationen, welche für die fortschreitende Digitalisierung notwendig sind. Erst wenn sämtliche Anforderungen in diesem Infrastrukturellen Bereich geklärt sind, bietet sich dem Anwender ein innovatives Werkzeug, mit welchem ein effizientes Nutzererlebnis auf die mobilen Arbeitsweise ausgeweitet werden kann.

 

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Philipp Wigger

Philipp Wigger Bloggt für das CAS Digital Healthcare. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung bei axelion AG und verantwortet den Bereich Verkauf und Marketing.

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