Blockchain im Tourismus: grosses Potenzial – wenig Initiative.

Die rasante Entwicklung der Blockchain-Technologie hat das Potenzial, den Schweizer Tourismussektor zu transformieren. Die Vorteile ebensolcher Plattformlösungen liegen offenkundig auf der Hand: Transparenz, Sicherheit, Effizienz, neue Möglichkeiten.

Dennoch sieht man bisher nur wenige konkrete touristische Projekte, welche digitale Ökosysteme auf Blockchain-Basis entwickeln. Woran liegt’s? Hier erfährst du zudem konkrete Anwendungsbeispiele und Handlungsempfehlungen.

Warum geht’s nicht schneller voran?

Der vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erstellte Progress Report zur Digitalisierung im Tourismus findet deutliche Worte.

Die digitale Entwicklung basiert primär auf der Weiterentwicklung bestehender zentralisierter Plattformlösungen und viel weniger in der Entwicklung eigener Technologien und Lösungen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf Blockchains. Denn hier haben wir in der Schweiz verhältnismässig ein sehr hohes Vertrauen in zentrale Instanzen wie Staat und Banken. Dies schmälert den offenkundigen Nutzen oder Bedarf an dezentralen und fälschungssicher abgelegten Daten.

Bei einer Mehrheit der Akteure im Schweizer Tourismus erkennt man heute noch eine fehlende Akzeptanz, ein fehlendes Verständnis der Technologie und ein schleppender Wissensaufbau. Dies alles führt zu einer begrenzten Erkennung von offenkundigem Zusatznutzen und Einsatzmöglichkeiten von Blockchain basierten Ökosystemen gegenüber zentralen Datenbanksystemen.

Aufgrund der typisch schweizerischen Kleinstrukturiertheit und den föderalistischen Strukturen sind dezentrale Ökosysteme über viele Stakeholder oder gar Branchen hinweg, besonders herausfordernd umzusetzen und zu finanzieren.

Blockchain einfach erklärt. In 4min die Funktionsweise und Vorteile erkennen.

Die Vorteile sind offenkundig.

Die Schweiz hat am 1. August 2021 als eines der ersten Länder der Welt, gesetzliche Regelungen für die Blockchain-Technologie in Kraft gesetzt. Dies schafft Rechtssicherheit und ermöglicht Innovation und Wachstum. Die Finanzbranche ist längst auf den Blockchain-Zug aufgesprungen. Der Tourismus muss jetzt folgen.

  1. Transparenz und Vertrauen: Eine Blockchain ermöglicht eine transparente und unveränderliche Aufzeichnung von Transaktionen und Informationen. Dies könnte dazu beitragen, das Vertrauen zwischen verschiedenen Akteuren in der Tourismusbranche, wie Hotels, Transportunternehmen, Reiseveranstaltern, Restaurants und Touristen und Touristinnen, zu stärken. Alle können die auf der Blockchain gespeicherten Informationen überprüfen und sich auf ihre Integrität verlassen.
  2. Sichere Zahlungen: Mit einer Blockchain könnten dank Smart Contracts und Tokens sichere und automatische Zahlungen zwischen verschiedenen Parteien erleichtert werden, ohne dass ein zentraler Vermittler wie eine Bank erforderlich ist. Für Touristen eröffnet sich die Möglichkeit von gebührenfreien Mikrotransaktionen bei sämtlichen Tourismusakteuren im Ökosystem.

    Direktbezahlung über Tokens ohne Gebühren und Finanzdienstleister. Quelle: Midjourney
  3. Effiziente Buchungssysteme: Ein Blockchain basiertes Buchungssystem könnte die Effizienz verbessern und den Verwaltungsaufwand reduzieren. Durch die Verwendung von Tokens und Smart Contracts könnten Buchungen automatisch und in Echtzeit abgewickelt werden, ohne dass Intermediäre wie Reisebüros oder Online-Buchungsplattformen erforderlich sind. Den Touristen stehen erstmals ein konsequenter One-stop-Shop für sämtliche Dienstleistungen aller Tourismusanbieter im Ökosystem zur Verfügung.
  4. Verbessertes Marketing und Datenschutz: Die auf der Blockchain gesammelten, aber anonymisierten Daten über das Verhalten und die Präferenzen von Reisenden könnten genutzt werden, um personalisierte Marketingkampagnen und massgeschneiderte Angebote zu kreieren. Gleichzeitig bleiben die Touristen Besitzer ihrer eigenen Daten und geben nur jene Daten frei, welche sie für nötig empfinden.

    Touristische Attraktionen erhalten digitale Zwillinge und ermöglichen so spielerische Kundenbindungsideen. Quelle: Pixabay
  5. Einzigartige Loyalitätsprogramme: Dank NFTs erhalten touristische Attraktionen und Souvenirs ihre digitalen Zwillinge und eröffnen die Möglichkeit komplett neuer Sammel- und Loyalitätsprogramme mit persönlichen digitalen Erinnerungen. Gameification bringt grosses Potenzial in der Kundenbindung.
  6. Nachvollziehbarkeit der Lieferkette: Eine Blockchain könnte dazu beitragen, die Nachvollziehbarkeit und Rückverfolgbarkeit von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern. Touristen könnten beispielsweise die Herkunft von lokal produzierten Lebensmitteln überprüfen oder sicherstellen, dass Aktivitäten wie Öko-Touren tatsächlich nachhaltig sind. Oder wie wäre es mit einer lückenlosen Nachverfolgung des Reisegepäcks in Echtzeit?

 

Das kannst du beitragen.

Der Schweizer Tourismussektor muss die Herausforderungen überwinden, um das Potenzial digitaler Ökosysteme auf Blockchain-Basis nutzen zu können und damit die Branche nachhaltig zu transformieren.

  1. Schnellerer Wissensaufbau bei den Akteuren
  2. Forschung und Wissenstransfer durch den Bildungssektor fördern
  3. Innovations- und Projektförderung durch Bund und Kantone steigern und einfordern, wie das SECO mit Innotour und Neue Regionalpolitik (NRP)
  4. Aber am wichtigsten: Visionen, Mut und Zusammenarbeitswille von Tourismusdestinationen, Tourismus- und Transportunternehmen und Technologieanbietern wie zum Beispiel bei Heidiland Tourismus AG
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Daniel Furter

Daniel Furter träumt ab und an von grossen digitalen Ökosystemen im Schweizer Tourismus- und ÖV-Umfeld und den offenkundigen Vorteilen für Unternehmen und Endkunden. Zusammen mit seinem Team bei der SBB RailAway leistet er einen kleinen Beitrag zur Digitalisierung der Schweizer Tourismus- und ÖV-Branche. Nebenbei bloggt er aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation an der HSLU Informatik.

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