What’s the matter, Schlaraffenland oder das Ende von Smart-Home?

Im November 2022 ist mit Matter offiziell der neue Smart-Home Standard gestartet, welcher als Wunderwaffe gegen die mangelnde Kompatibilität der Smart-Home Systeme eingesetzt werden soll.

Quelle: Overkiz.com

Das Versprechen

Matter verspricht einheitliche Geräteschnittstellen, sodass man jederzeit die Smart-Home-Zentralen auch gegen die von anderen Anbietern austauschen kann. Obendrauf sollten noch die verschiedenen Gerätetypen mit ordentlicher Zertifizierung vereinheitlicht werden, sodass beim Kauf auf der Verpackung nur noch auf das Logo von Matter geachtet werden muss und es somit alles super einfach funktioniert. Produzenten von Gerätetypen bräuchten somit bei der Herstellung nur noch auf einen einzigen Standard achten, nämlich auf «Matter» und würden zudem auch eine viel grössere Zielgruppe erreichen. Folglich würde zwar der Entwicklungsaufwand steigen, aber es würden dadurch auch viel bessere und mehr Produkte geschaffen. 

Die Probleme

Bisher ist Matter mit Erfolg spärlich gesät. Daran wird auch das Matter-Update 1.1 nichts ändern. Derzeit können Matter-Geräte von verschiedenen Anbietern im Laden gekauft werden und wenn das Glück einem Hold ist, dann funktioniert auch alles ziemlich fein. Matter musste schliesslich anfangs erstmal ein Henne-Ei-Problem lösen, nämlich dass die Anbieter von namenhaften Smart-Home-Zentralen keine entsprechende Sensorik herstellen und die Hersteller von Smart-Home-Komponenten keine Smart-Home-Software schreiben. Diese beiden Seiten mussten sich mit Vorserienprodukten quasi erstmal untereinander testen und das führte anfangs, nicht ganz verwunderlich, zu einem holprigen Start. Wenn solche komplizierten- und undefinierten Probleme unter einen Hut gebracht werden sollen, ist der Problemumfang entweder möglichst klein oder der Hut möglichst gross zu gestalten. Das heisst, dass Matter 1.0 anfangs möglichst klein gehalten wurde um nicht noch weitere Probleme unter dem Hut bringen zu müssen. Matter 1.0 kannte somit noch weniger Gerätetypen als HomeKit, und HomeKit kannte schon zu wenige. Aus diesen genannten Gründen gibt es somit nicht viele zertifizierte Geräte im Laden zu kaufen. Diverse Hersteller haben erstmal begonnen Updates für bestehende Hardware herzustellen und diese anschliessend per Betaversion an die Nutzer herauszugeben. Die Betaversionen wurden von den Nutzern durchgetestet und auch immer weiter verbessert. Allerdings haben auch viele Nutzer festgestellt, dass es nicht wirklich rund läuft. Viele beklagen sich über den unzuverlässigen Betrieb der Geräte, das Hinzufügen der Geräte zu den einzelnen Systemen läuft nicht reibungslos und die grösste Katastrophe ist immer noch das Anlernen von Geräten an verschiedenen Systeme. Beispielsweise kann ein Zwischenstecker mit dem Matter Symbol, ein Apple-, Google-, Alexa-, IKEA-, Samsung-System anlernen und das funktioniert auch manchmal. Manchmal braucht es aber auch unzählbare Anläufe bis das Hinzufügen wirklich klappt. Und bei den unzähligen Anläufen weiss man dann einfach nicht ob man selbst gerade zu blöd ist oder ob das die raue Oberfläche von Matter ist an der man sich seine Geduld und gute Laune abwetzt.

Quelle: Eigene Aufnahme

Ein Gerät bei Matter hinzuzufügen funktioniert erstmal recht einfach, man scannt dazu üblicherweise den QR-Code der auf den Geräten drauf ist und fertig ist die Sache. Und weil dies im ersten System so einfach war, denkt man sich natürlich das funktioniert in jedem weiteren System ganz genauso. Leider falsch gedacht. Im ersten System muss erst ein neuer Code zum Hinzufügen von weiteren Systemen erzeugt werden, weil ja schliesslich das erste System das „führende System“ ist. Wenn man das nur vorher wüsste! Dieser neue Code ist somit anders und dessen Erstellen ist, je nachdem welches das erste System war, auch unterschiedlich tief versteckt. Man hat dafür in der Regel keinen QR-Code, sondern er muss manuell in das System eingegeben werden und das findet bei verschiedenen Systemen auch an verschiedenen Orten statt. Oh Nein, das ist sicher keine grosse- und auch keine kleine Revolution mit Matter.

Quelle: Eigene Aufnahme
Quelle: Eigene Aufnahme

Parallel dazu gab es auch bei den einzelnen Plattformen Probleme. Amazon kam mit einer unvollständigen Unterstützung um die Ecke in der so unbedeutende Geräte wie «Bridges» fehlten, Google hat schnell angekündigt und langsam veröffentlicht, Apple hat sich komplett seine Home-App zerschossen und bis heute gibt es Probleme gerade wenn zu viele Matter-Bridges bzw. Thread-Border-Router im Einsatz sind. Ausgerechnet das was ein Netzwerk stärken soll, wie eben mehrere Bridges, funktioniert einfach nicht. Zusammengefasst gibt es immer noch zu wenig Gerätetypen, zu wenig definierte Funktionen für diese Gerätetypen, zu viele Probleme mit Zuverlässigkeit, eine komplizierte Multiplattformverwaltung und viele Fragezeichen betreffend Hersteller und deren Zertifizierung.

Warum alles gut werden könnte

Matter ist wie ein riesengrosses Schwungrad, was erstmal in Bewegung kommen muss und es hapert noch an klaren Prozessen und an der Kommunikation unter den einzelnen beteiligten Herstellern. Der Druck auf die Hersteller ist offenbar nicht gross genug, damit es mit Vollgas vorangeht. Google und Amazon haben momentan andere Baustellen. Wenn es nicht rund läuft, es einfach unzuverlässig ist, bringen auch neue Gerätetypen nichts. Jedoch ist Matter meines Erachtens immer noch der richtige Ansatz, wenn es darum geht, das ganze Thema Smart-Home zu vereinfachen, eine bessere Zukunft im Smart-Home zu ermöglichen und um den Einstieg in das Smart-Home zu erleichtern. Die neue Version von Matter kommt im Herbst/Winter 2023 raus und soll auch neue Gerätetypen mitbringen und hoffentlich auch Fortschritte bei der Nutzung von mehreren Plattformen. Wir brauchen einfach nur etwas mehr Geduld, damit es gut werden könnte. 

Weiterführende Links

Matter – der neue Standard für Smart Home – HIGHLIGHT (highlight-web.de) 

Nanoleaf Essentials mit Matter im Test: Es hakt noch im Standard • digitalzimmer

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Mario Strässle

Mario Strässle ist Fachspezialist im Fachbereich Grundwasser bei der Dienststelle Umwelt & Energie des Kanton Luzern und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation.

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