Ein neues System löst alle Probleme, oder doch nicht?

Die Anforderungen an ein neues System sind essenziell. Aber es steckt viel mehr dahinter. Das System muss das richtige Werkzeug für die Zielerreichung sein. Der Systemkontext muss geklärt sein. Die Mitarbeitenden müssen den Einsatzzweck und den Prozess kennen. Zudem ist eine fundierte User-Schulung unerlässlich. Damit werden die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Systemimplementierung geschaffen und das Lächeln der Mitarbeitenden bleibt erhalten.

Ich möchte ein Problem ansprechen, dass immer wieder vorkommt. Es verursacht viel Unmut, dessen Behebung erfordert viel Arbeit und in vielen Fällen hätte es verhindert werden können. Als Einstieg dient die nachfolgende Schilderung.

Eine intensive Projektarbeit liegt hinter den Beteiligten und der langersehnte Tag wird Wirklichkeit. Die neue Software geht live und wird dem Business übergeben. Die Euphorie ist bei allen sehr gross, doch bald tritt die Ernüchterung ein. «Wir haben doch alle Anforderungen gestellt und trotzdem funktioniert es nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben.»

Was ist geschehen und wie hätte das verhindert werden können?

Die Überzeugung ist gross, dass die Einführung einer neuen Software alle bisherigen Probleme löst und auch alles besser wird. So wird es den Mitarbeitenden sehr oft erzählt und das weckt Erwartungen. Diese sind oftmals nicht deckungsgleich mit den Einsatzmöglichkeiten des Systems.

Ist es denn möglich Probleme mit neuen Systemen zu lösen oder Dinge zu verbessern?

Ja, das ist es. Es gelingt jedoch nur, wenn an alles gedacht wird und der Fokus nicht nur auf den Systemanforderungen liegt. Oftmals vergisst man, dass eine Software oder anders formuliert, ein «digitales Werkzeug» lediglich Mittel zum Zweck ist. Dies allein genügt jedoch nicht, um ein Problem lösen zu können.

Ich möchte dies mit einem Beispiel aus der analogen Welt verdeutlichen. Nehmen wir dazu einen Hammer. Der Hammer ist ein Werkzeug, welches zum Schlagen oder Klopfen benutzt wird. Meist setzen wird diesen zum Einschlagen von Nägeln ein. Und genau da möchte ich ansetzen. Der Hammer ist das Werkzeug zum Einschlagen eines Nagels. Wenn man aber nicht weiss, wofür und wie dieser benutzt wird und wo der Nagel eingeschlagen werden soll, dann kann dieses Vorhaben in einer Katastrophe enden. Jetzt werden die meisten lachen und sich denken, das ist doch logisch. Ja, das ist für viele so, weil ihnen das Wissen vermittelt wurde oder sie aus Erfahrungen gelernt haben. Aber nicht alle haben dieses Wissen und in der digitalen Welt ist es nicht anders.

Es ist unbestritten, dass eine Software die Effizienz und Effektivität steigern kann, jedoch nur dann, wenn jeder genau weiss, wie diese einzusetzen ist, also dazu befähigt wurde diese korrekt zu bedienen. Doch auch das reicht noch nicht. Sowohl der Hammer als Beispiel für die analoge Welt, als auch ein digitales Werkzeug stehen mit vielen weiteren Faktoren, wie Prozesse, Schnittstellen oder User in einem grösseren Kontext. Vielleicht muss aufgrund der Systemeinführung ein oder mehrere Prozesse angepasst werden oder neue Sicherheitsrichtlinien erlassen werden. Und was nicht vergessen werden darf, jedes Werkzeug wird für die Erreichung eines Ziels eingesetzt. Oder würde jemand der Lesenden hingehen und mit einem Vorschlaghammer ein Loch in die Wandschlagen, damit ein Bild aufgehängt werden kann? Eher nicht. Der Grund liegt auf der Hand. Weil «alle» wissen, dass das Loch viel zu gross wäre und der Nagel, um das Bild aufzuhängen, nicht mehr halten würde. Weshalb ist das so? Weil das Ziel bekannt ist. Der Nagel muss das Bild an der Wand halten.

Das Beispiel mit dem Hammer ist im Kontext mit der Software vielleicht etwas sehr einfach. Vielleicht wäre der Vergleich mit dem Bau eines Hauses besser. Die Aussage dahinter bleibt dieselbe.

Wenn wir uns vor der Beschaffung von neuer Software dieselben Fragen stellen, wie in der analogen Welt. Also, was ist das Problem? Welches Ziel wird damit verfolgt? Was muss ich wissen, um das korrekt einsetzen zu können? Wo und wofür soll es eingesetzt werden? Oder anders formuliert ist das Werkzeug zur Problemlösung geeignet? Dann wird man mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht von unerwarteten Überraschungen heimgesucht und die Zufriedenheit bleibt auch nach der Einführung der Software erhalten.

Beitrag teilen

Melanie Rohrer

Melanie Rohrer ist Business Engineer bei der Migrol AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Requirement Engineering.

Alle Beiträge ansehen von Melanie Rohrer →

Schreibe einen Kommentar