Raus aus der Intensivstation: Hilfreiche Fluchten dank Virtual Reality

Sei es in Form von spezialisierten Gerätschaften zur Diagnostik, komplexen Klinikinfomationssystemen bis hin zur roboterassistierten Operation. Eins ist klar: Das Gesundheitswesen ist im Wandel und wird hinsichtlich neuer Technologien stark gefordert. Die Virtual Reality (VR) bietet Patientinnen und Patienten eine Möglichkeit, sich für eine bestimmte Zeit von belastenden Situationen zu distanzieren.

Ein Traum oder Realität?

Die Virtual-Reality-Technologie ermöglicht es Personen, sich in einer computergenerierten virtuellen Umgebung zu versetzen, in der sie interagieren können. Dabei kommen spezielle VR-Brillen zum Einsatz, die den Personen das Gefühl vermitteln, tatsächlich in der virtuellen Umgebung zu sein.

Diese Technologie ist nicht ganz neu, sie wird bereits seit einigen Jahren in der Bau- und Unterhaltungsindustrie oder im Bildungswesen eingesetzt. Das Gesundheitswesen benötigt da meist ein bisschen länger, aber auch hier ist die Virtual Reality angekommen und konzentriert sich auf folgende drei Hauptaspekte:

  • Ausbildung und Schulung von Fachpersonal
  • Medizinische und gesundheitliche Prävention
  • Medizinische Rehabilitation und psychologische Therapie

Dank realitätsnaher Simulationen von chirurgischen Eingriffen oder medizinischen Notfallszenarien kann das Fachpersonal jederzeit für den Ernstfall üben, ohne dass jemand zu Schaden kommt. Daneben wird die VR-Technologie für Fernbehandlungen von Patientinnen und Patienten eingesetzt, indem das Fachpersonal mithilfe von VR-Brillen virtuelle Hausbesuche durchführt.

VR – Nur ein neues Gadget für das Fachpersonal? Natürlich nicht!

Auch Patientinnen und Patienten dürfen von der Technologie profitieren. Wie im Video erwähnt, werden in einigen Kliniken VR-Brillen bereits ergänzend zu verschiedenen Anästhesieverfahren angeboten. Die Technologie wird jedoch längst noch nicht flächendeckend eingesetzt, so befindet sie sich beispielsweise auf Intensivstationen noch in den Kinderschuhen.

Weshalb ist das so? Wäre es nicht gerade für diese Patientengruppe eine nette Abwechslung, wieder einmal den Berner Rosengarten oder die Piazza Grande in Locarno zu sehen?

Betroffene benötigen oft ständige Überwachung und Versorgung durch das Fachpersonal, was die Verwendung von VR-Brillen beschränken kann. Aufgrund von Bewusstseinsveränderungen oder kognitiven Einschränkungen sind sie möglicherweise nicht in der Lage, VR-Brillen sicher zu verwenden. Darüber hinaus gibt es erst wenige speziell entwickelte VR-Programme, welche auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt sind. Trotz dieser Gegebenheiten gibt es immer mehr Intensivstationen, die VR-Brillen einsetzen und damit positive Erfahrungen sammeln. Gerade bei längeren Aufenthalten wird es von den Betroffenen sehr geschätzt, neben all den medizinischen Geräten und störenden Piepstönen, wieder einmal vertraute Orte zu sehen oder Geräusche von der Aussenwelt wahrzunehmen. Ergänzend zu diesem angenehmen Effekt werden mit dem Einsatz der VR-Brillen spezifische Ziele angestrebt:

  • Schmerzreduktion: Durch das Tragen der VR-Brille tauchen die Betroffenen für eine bestimmte Zeit in eine virtuelle Umgebung, welche von der Realität ablenkt und somit Schmerzen kurzzeitig vergessen lässt.
  • Angst- und Stressreduktion: Beruhigende und entspannende Umgebungen wirken sich dies positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus.

Und jetzt, ist das Ganze ein «Must have» oder doch nur ein «Nice to have»?

Den Patientinnen und Patienten bietet die Technologie ein intensives Erlebnis, welches dazu beitragen kann, Schmerzen und Angstzustände zu reduzieren. Zudem hilft sie, die Aufmerksamkeit der Betroffenen von der Umgebung abzulenken und in eine angenehmere zu versetzen. Wichtig ist, dass beim Einsatz von VR-Brillen mögliche Nebenwirkungen berücksichtigt werden, so können Betroffene während oder nach dem Gebrauch unter Schwindelgefühlen, Übelkeit oder Desorientierung leiden.

Dem Fachpersonal kann der Einsatz von VR-Brillen eine zeiteffektive Alternative zu traditionellen Behandlungsmethoden bieten. Wird die Technologie allerdings als Ersatz für die zwischenmenschliche Kommunikation eingesetzt, so dies kann zu einer Distanzierung zwischen Patienten und Patientinnen und Fachpersonal führen. Eine umfassende Schulung des Fachpersonals, damit die Geräte effektiv und sinnvoll verwendet werden, ist empfehlenswert.

Fazit: Heute wohl eher noch ein «Nice to have», da die Technologie aber viel Potenzial im Gesundheitswesen mit sich bringt, ist sie morgen vielleicht schon ein «Must have».

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Giulia Dürr

Giulia Dürr arbeitet als Pflegefachberaterin im des Spital Männedorf und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Healthcare. Neben der sozialen Arbeit bestand schon immer grosses Interesse an der Digitalisierung. Die Virtual Reality kannte sie bisher nur aus der Unterhaltungsindustrie und hat sich deshalb intensiv mit deren Einsatz im klinischen Alltag auseinandergesetzt.

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