Die Smartwatch – der Retter des Gesundheitssystems?

Wer kennt sie nicht – die Smartwatch. Wie es der Name schon sagt, sind solche Uhren heute vermeintlich intelligent. Sie werden für weitaus mehr benutzt, als dass sie einen lediglich über die Uhrzeit informieren. Zeit also, diesen kleinen Geräten mal etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken und zu evaluieren, ob sie als Retter für unser Gesundheitssystem dienen können.

Kennt ihr diese Situation? Ihr sitzt mit einem/-r Kollegen/-in in einem Meeting und sprecht miteinander – plötzlich vibriert etwas am Arm des Gegenübers und Schwupps ist die Aufmerksamkeit weg. Jetzt muss unbedingt geprüft werden, welche spannende Neuigkeit auf dem Display angezeigt wird. Danach blickt einem das Gegenüber verdutzt an, bemüht darum sich zu erinnern, worüber man zuvor gesprochen hat – der Gesprächsfluss ist dahin.
Ich empfinde diese ständige Erreichbarkeit als etwas störend, weshalb ich diesen Geräten gegenüber etwas skeptisch eingestellt bin. Doch tue ich der Smartwatch damit unrecht? Ist das Potential, welches in dieser Technologie schlummert, weitaus grösser als deren vermeintliche Nachteile?

Das Potential – der 24/7 Datengenerierer
Die heutigen Uhren besitzen einige interessante Funktionen. So kann man damit die körperliche Fitness, die Schlafqualität, den weiblichen Zyklus oder bestimmte Vitalfunktionen aufzeichnen. Apple z.B. bewirbt, dass ihre Uhr durch Messung der Herzschlagfrequenz erkennt, ob der Tragende an einem Vorhofflimmern leidet. Dieses frühzeitige Erkennen kann im besten Fall einen Schlaganfall verhindern. Bedenkt man, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Schweiz immer noch zu den häufigsten Todesursachen zählen, wäre das allein schon Argument genug für die Smartwatch.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen und könnten mithilfe der Smartwatch vermieden werden. (Bildquelle: Bundesamt für Statistik, bfs)

Da die Uhren zudem meist tagein tagaus getragen werden, muss man sich mal vorstellen, was für eine Unmenge an Gesundheitsdaten dadurch generiert werden. Zurzeit werden die Daten meist nur für den Eigengebrauch auf das Smartphone geladen und es wird ihnen mehr oder weniger Beachtung geschenkt. Solche Daten wären allerdings für die medizinische resp. pharmazeutische Forschung höchst interessant. Auch könnten sie der Ärzteschaft z.B. bei der Überwachung von chronisch erkrankten Patienten helfen. Doch wieso wird diese Technologie mit ihren Daten nicht breiter genutzt?
Eine mögliche Antwort auf die Frage findet man aus meiner Sicht, wenn man sich den Stand der Digitalisierung des Schweizer Gesundheitssystem anschaut.

Die Krux – die schleppende Digitalisierung
Habt ihr schon mal von der Strategie Gesundheit2020 des Bundes gehört? Damit hat der Bund seit 2013 verschiedene Massnahmen vorangetrieben, die das Gesundheitssystem auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten sollten. Dazu zählte auch die Einführung des elektronischen Patientendossier.

10 Jahre später steht ein solches zwar zur Verfügung, doch scheint es trotz all der Jahre der Entwicklung weit entfernt von Benutzerfreundlichkeit und Praxistauglichkeit zu sein. Für mich ist dies ein Paradebeispiel dafür, wie schleppend die Schweiz im Gesundheitsbereich in Sachen Digitalisierung arbeitet.
Aktuell arbeitet der Bund an der Umsetzung der Strategie Gesundheit2030. Schön zu lesen ist, dass der Bund darin anerkennt, dass bei der Digitalisierung ein grosser Handlungsbedarf bestehe und man darum bemüht ist, Gesundheitsdaten und Technologien in Zukunft besser zu nutzen.

Der Bund anerkennt den Handlungsbedarf in Sachen Digitalisierung im Schweizer Gesundheitssystem (Bildquelle: Bundesamt für Gesundheit)

Die Bemühungen sind also vorhanden. Jetzt können wir einerseits hoffen, dass man schneller vorankommt als mit der Entwicklung des Patientendossiers. Andererseits, dass schweizweite, einheitliche Lösungen ausgearbeitet werden und für einmal nicht der Schweizer Föderalismus zur Hürde wird.

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage
Für mich ist deshalb klar, dass ich mich zurzeit nicht schuldig fühlen muss, wenn ich nicht ständig eine Smartwatch trage. Allerdings sehe ich das Potential, das in dieser Technologie schlummert. Eine Smartwatch einzusetzen, die mit einem Dashboard gekoppelt wäre, welches erlauben würde, wann immer gewünscht den eigenen Gesundheitszustand zu überprüfen – das wäre doch interessant. Zudem könnten mit Hilfe der Daten ein KI-System so trainiert werden, dass es Auffälligkeiten erkennen und den Tragenden automatisch darüber informieren würde, wenn eine Intervention notwendig wird. Dadurch könnten Arztbesuche entfallen und das Gesundheitspersonal entlastet werden. Hört ihr hier auch Zukunftsmusik? Ich generell schon. Allerdings bin ich überzeugt, dass das Schweizer Gesundheitssystem noch weit davon entfernt ist, das volle Potential dieser Geräte auszunutzen.

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Cécile Dommann

Cécile Dommann besucht das CAS Business Intelligence and Analytics und arbeitet beim Pharmaunternehmen AstraZeneca AG als Market Access Managerin. Aufgrund dieser Tätigkeit setzt sie sich regelmässig mit dem Schweizer Gesundheitswesen und den vorherrschenden Problemen auseinander.

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