Wenn deine Smartwatch mit dem Auto spricht – sicherer fahren dank systemübergreifender Vernetzung von Geräten

Sobald du in dein Fahrzeug einsteigst, die Rückfahrkamera angeht und die Räder zu rollen beginnen, wähnst du dich in sicheren Händen von verschiedenen Fahrassistenzsystemen (FAS). Stellen wir uns eine systemübergreifende Vernetzung zwischen IoT Endgeräten und dem Fahrzeuginformationssystem vor, bei welcher nebst Anrufanzeige, Kalendereinträgen via Smartphone auch noch vitale Daten des Fahrers in Echtzeit austauschen würden? Könnte damit der tägliche Verkehr um eine Spur sicherer gemacht werden?   

 

Übermüdetes Autofahren – was sagt die Statistik

Wer kennt das nicht, nach einem anstrengenden Tag noch schnell die Schläfrigkeit abschütteln und ab ins Auto – Let’s drive.
Müdigkeit am Steuer ist tatsächlich ein unterschätztes Problem, und der sogenannte Sekundenschlaf ist gemäss dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) für jeden vierten tödlichen Pkw-Unfall verantwortlich. Im Jahr 2021 ereigneten sich auf deutschen Strassen 1507 Unfälle mit Personenschaden aufgrund von Sekundenschlaf. Die Dunkelziffer wird wahrscheinlich noch höher liegen, weil nur Daten erfasst sind, die bei polizeilicher Befragung auch zu Protokoll gegeben wurden. Da es im schweizerischen Bundesamt für Statistik keine vergleichbare Erhebung gibt, wird auf das deutsche Pendent «Destatis» verwiesen.

 

Fahrassistenzsysteme sind smarte Helfer und bleiben doch eine Insellösung  

Abgesehen von vier Rädern und einem Motor haben die heutigen Autos wenig gemein mit dem Fliessbandmodell Ford Modell T, das Henry Ford im Jahre 1908 produzieren liess.
Moderne Autos sind mittlerweile fahrende Computer, voll bespickt mit Sensoren und Kameras, welche die relevanten Daten den Fahrassistenzsystemen zuspielen. Die kleinen Helferlein dienen dem Fahrkomfort oder können jederzeit in Extremis eingreifen, um Insassen zu schützen oder bei Nachlässigkeit Kollisionen zu vermeiden.
Die FAS Müdigkeitswarner/Müdigkeitserkennung spielen beim Sekundenschlaf-Problem eine tragende Rolle. Dabei wird das Lenk- und Spurverhalten des Pkws analysiert und weckt bei Bedarf, mittels Signalton oder Vibrationen am Lenkrad, den schlummernden Fahrer wieder auf.
Darin liegt aber auch der Schwachpunkt dieses Systems. Es ist immer reaktiv und greift erst ein, wenn der Fahrer bereits geistesabwesend ist und nach einer Sekunde schon 30m zurückgelegt hat.
Gemessene Vitalparameter hingegen können bedeutend mehr Aufschluss geben in Bezug auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit des Autolenkers.

Driver Alert Control by Volvo Cars US

Die Vernetzung zwischen dem Labor am Handgelenk und dem Fahrzeug

Es bedarf nicht gleich einer ganzen Gerätschaft eines Schlaflabors im Auto, um die Vitalparameter eines Pkw-Fahrers zu analysieren. Die Smartwatch, welche die Fitnessdaten der Träger misst, und millionenfach verkauft wird, kann dabei weiterhelfen. Mittels Bluetooth ist die Smartwatch schnell mit dem Fahrzeugsystem verbunden und kann nebst Blutdruck und Sauerstoffanteil im Blut auch Herzfrequenzen messen. Beispielsweise kann eine Smartwatch mit EKG-Funktion, gemäss der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, mit bis zu 95-prozentiger Sicherheit ein Vorhofflimmern anzeigen.
Mit anderen Worten, weisen Biosensoren am Handgelenk eine hohe Zuverlässigkeit auf:

  • Schlafüberwachung – Misst die Schlafqualität, erkennt temporären Schlafmangel über mehrere Tage hinaus
  • EKG – Messung der Herzfrequenz, kann ein Vorhofflimmern oder Herzinfarkt aufzeigen
  • Blutdruck – Bei zu hohem Blutdruck von 180/110mmHG darf kein Auto mehr gefahren werden
  • Pulsmessung – Erhöhter Puls vermindert die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit

 

Mögliche Szenarien  

  1. Proaktiv: Das System ist nicht mehr reaktiv, sondern der Müdigkeitswarner schlägt bereits vor dem sich anbahnenden Sekundenschlaf Alarm.
  2. Extremvariante: Die Smartwatch/Fahrzeug erkennen aufgrund deines hohen Blutdruckes oder anormalen Herzfrequenzmessungen, dass du nicht fahrtüchtig bist. Somit springt das Auto schon gar nicht an, sondern alarmiert zugleich den Notarzt.
  3. Kompromiss: Aufgrund erkannter Müdigkeit schlägt das Fahrzeug zähneknirschend eine Route mit kurzen Distanzen und somit mehr Pausen vor.

Fazit

Die IoT Technologien bieten die Möglichkeit, bereits bestehende, jedoch unterschiedliche Systeme miteinander zu vernetzen und die Strassen damit sicherer zu machen. Ob die Autofahrer jedoch bereitwillig ihre Vitaldaten dem Fahrzeug überlassen und sich auch noch durch das Sicherheitssystem bevormunden lassen möchten wird die Zukunft zeigen.

 

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MEY BUN

Mey Bun ist Product Manager bei der STOBAG AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Internet of Things (IoT) and Digital Ecosystem.

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