Web3- & Blockchain-Games – eine Revolution in den Kinderschuhen oder zum Scheitern verurteilt?

Der Blockchain- und Web3-Gaming-Bereich erreichte im Sommer 2021 mit «Axie Infinity» schwindelerregende Höhen. Der weitere Verlauf dieser Geschichte war weit weniger rosig, da das Kartenhaus gegen Ende desselben Jahres einzustürzen begann.
Ist das Schicksal von Web3-Gaming und Blockchain-Games besiegelt, oder können neue Ansätze einen erneuten Frühling in der Branche ermöglichen?

Der Fall „Axie Infinity“

Auf den ersten Blick sieht Axie Infinity sehr nach Pokémon aus. Um in das Spiel einzusteigen, kaufen die SpielerInnen drei niedliche Cartoon-Monster namens Axies, von denen jedes seine Stärken und Schwächen hat. Dann kämpfen sie gegen andere Axies, wodurch sie noch stärker werden. Auf dem Weg dorthin gilt es, die In-Game-Währung namens Smooth Love Potion (SLP) zu verdienen, die in andere Kryptowährungen oder FIAT-Geld umgetauscht werden kann. Gamer können ihre Axies auch verkaufen oder neue, wertvollere Monster züchten. Jedes Axie-Monster ist ein NFT: ein einzigartiger, nicht austauschbarer Token, dessen Besitz in der Blockchain, einem sicheren Transaktionsregister, aufgezeichnet wird.

Das Spiel Axie Infinity weisst gewisse Merkmale eines Schneeballsystems auf. (Zitat von verschiedenen Marktexperten)

Als die Popularität des Spiels zunahm, zeigte sich schnell, dass die wirtschaftliche Struktur des Spiels nicht tragfähig war: Der Wert von SLP erforderte, dass ständig neue Spieler einsteigen – ähnlich wie bei einem Schneeballsystem. Das Game-Studio Sky Mavis, welches «Axie Infity» entwickelt hat, räumte sogar in ihrem Whitepaper ein, dass das Spiel «auf neue Teilnehmer angewiesen» sei.

Vielleicht wird eine ausgewählte Gruppe von Gamern in der Lage sein, mit «Play-to-Earn» Geld zu verdienen, aber Profit darf langfristig nicht die einzige Motivation sein, ein Spiel zu spielen. (Zitat von Ethan McMahon, Ökonom bei Chainalysis)

Im Frühjahr 2022 war die Talsohle auf dem Kryptomarkt erreicht, so dass das Spiel nahezu wertlos wurde. Während «Axie Infinity» im November letzten Jahres über 2,7 Millionen täglich aktive Nutzer hatte, sind laut einem Tracker nur noch 760’000 aktiv. Der Wert von SLP erreichte im Juli 2021 einen Höchststand von 0,34 $; derzeit ist der Token weniger als einen halben US-Dollar Cent wert. Die Inflation des SLP-Tokens und der Axie-Monster selbst, hat also zu einer unaufhaltbaren Spirale des Wertverlustes geführt. Da jegliche Eigenschaften, welche ein traditionelles Game erfolgreich machen, wie Story, Grafik oder Spielpass, bei «Axie Infitiy» auf einem sehr tiefen Niveau sind, hat der Wegfall der Verdienstmöglichkeit die Blase zum Platzen gebracht.

Smooth Love Potion Price Chart
Smooth Love Potion (SLP) Price Chart (Quelle: CoinGecko)

Was ist Web3-Gaming?

Es ist wichtig zu verstehen, dass Web3 Games für eine erfolgreiche Disruption mit traditionellen Games in Konkurrenz stehen und nicht als eine Insel zu betrachten sind. Bisher sind Web3-Games allerdings von fragwürdiger Qualität und wirken eher wie ein Schneeballsystem mit drittklassiger Grafik, wie der Fall «Axie Infinity» in verheerendem Ausmass zeigt.

Web3-Gaming ist ein Prozess des dezentralisierten Spielens, bei dem die Aktivitäten eines Spiel-Ökosystems, insbesondere Entscheidungsfindung in allen Aspekten des Spielens, von einem dezentralen Gremium bestimmt werden. Dies geschieht meist über ein DAO (Dezentrale Autonome Organisationen), in welcher man sich durch den Besitz sogenannter «Governance Tokens» Stimmrechte sichern kann. Somit ist die Entwicklungsrichtung in den Händen der SpielerInnen und/oder der investierenden Person.

Die meisten Web3-Games schaffen mit einer Blockchain-Integration die Grundlage für «Play-to-Earn», oder «Play-and-Earn». Diese Konzepte versuchen den traditionellen Ansatz des «Pay-to-Play» grundlegend zu verändern. Der Hauptaspekt dieser Vision ist die Möglichkeit durch erfolgreiches Spielen eines Web3-Games den spieleigenen Token (Kryptowährung) zu verdienen.

Ein weiterer Zweig des «Play-and-Earn» Konzepts sind virtuelle Märkte für die digitalen Assets des Spiels. Diese Vermögenswerte werden in Form von NFTs (Non Fungible Tokens) gespeichert und sind eindeutig identifizierbar. Dies bietet Spielern die Möglichkeit mit In-Game-Assets zu spekulieren oder jene zu verkaufen, sollten sie nicht weiterspielen wollen. Hier ist der Fantasie der Entwickler keine Grenzen gesetzt: Von Skins, welche das Aussehen deines Spielecharakters verändern, über Gegenstände welche dich im Spiel stärker machen, bis hin zu Eintrittskarten in verborgene Bereiche des Spiels – alles kann als NFT auf der Blockchain gespeichert werden. Die Grundidee ist, dass jeder Teilnehmer des Ökosystems am Erfolg des Titels teilhaben kann und nicht lediglich eine zentrale Organisation (Game-Studio), mittels In-Game-Shop, die Früchte des Erfolgs erntet.

Ist Web3-Gaming die Zukunft?

Web3-Gaming hält noch nicht, was es auf den ersten Blick verspricht

Eine Technologie, welche die Trends in der traditionellen Gaming-Industrie perfekt ergänzt und gleichzeitig verspricht, die grössten Kritikpunkte der SpielerInnen im Keim zu ersticken – dies hört sich alles wie ein dezentralisierter Traum für Gamer an! Ist also Web3 die perfekte Disruption für die Gaming-Industrie? Aus meiner Sicht: Weit gefehlt – zumindest bis jetzt!

Was viele Projekte und deren Führung im Web3-Gaming-Bereich noch nicht verstanden haben, ist die simple Tatsache, dass die erfolgreichsten Games langfristig Spass machen und gut aussehen müssen. Ein Spieler möchte in eine andere Welt abtauchen und sich in dieser verlieren – aktuelle Web3-Games massen da eher wie Arbeit an.

Ein weiterer Schritt zur Massentauglichkeit ist die Blockchain-Integration. Wenn ein Web3-Game erfolgreich sein will, muss die Verbindung zur Blockchain und Kryptowährungen möglichst subtil umgesetzt werden. Keine komplizierten «Wallet Setups» oder «Cross-Chain-Bridges» – dies schreckt den durchschnittlichen Gamer nur ab.

Für eine erfolgreiche Zukunft, muss auch der Ruf des Web3- oder Blockchain-Gamings wieder aufpoliert werden. Dieser hat in der Bubble im Jahre 2021 noch mehr gelitten als der Ruf der gesamten Krypto-Industrie. Der grösste USP der damaligen Zeit (Play-to-Earn) wurde meist so eingeführt, dass ein sogenannter «boom and bust cycle» vorprogrammiert war, wie das Beispiel von «Axie Infitiy» zeigt.

Um die Massen anzulocken, ist es notwendig, dass Web3 Games anhand der Trends in der traditionellen Gaming-Industrie entwickelt werden und sich durch die einzigartigen Features, welche die Blockchain mit sich bringt, einen Vorteil verschaffen. Des Weiteren sind traditionelle Parameter, welche ein gutes Game auszeichnen schlicht eine Grundvoraussetzung (eine gute Marke, Grafik, Spielspass, etc.).

Was muss sich im Web3-Gaming ändern?

Was ist hier nun also falsch gelaufen? Die Entwicklungen in der Gaming-Industrie und die technischen Möglichkeiten, welche uns mit der Blockchain-Technologie zur Verfügung stehen passen doch, wie die berühmte «Faust aufs Auge»!

Illuvium könnte den nächsten Web3-Gaming-Hype auslösen – ist er diesmal nachhaltig?

Weil ich genau dieser Meinung bin und sowohl die Faszination fürs Gaming als auch jene für die Kryptoindustrie in mir Trage, habe ich mich auf die Suche nach Projekten gemacht, welche dazu beitragen könnten, dass Web3-Gaming einen zweiten Frühling erlebt.
Dabei bin ich auf das Game Illuvium gestossen, welches aus meiner Sicht der nächste Stern am Himmel des Web3-Gamings sein könnte. «Illuvium», welches sich noch in der Testphase befindet, ist auf gutem Weg umzusetzen, was ich als die 3 Säulen für ein erfolgreiches Web3-Game bezeichne:

  • Traditionelle Werte: Gute Grafik, langfristiger Spielspass, ansprechende Marke, aktive Community, tauglich für E-Sports und die Möglichkeit die Spiele über ein Mobilgerät zu spielen.
  • Krypto-Ökonomie: Inflationsresistentes System für die In-Game-Währung und die In-Game-Assets (NFTs), tiefe Einstiegshürde (Free-to-Play) und einen einfach zu bedienenden Markplatz für In-Game-Assets und In-Game-Tokens.
  • Verwaltung: Dezentralisierte Verwaltung über eine DAO, Einnahmebeteiligung für SpielerInnen / Investierende in allen Bereichen des Ökosystems und Integration aller Konzepte für zukünftige Erweiterungen des Spiels oder gar neue Titel.

Wenn es «Illuvium» oder ein anderes Game im Web3-Bereich schafft, diese 3 Säulen langfristig umzusetzen, könnte Web3-Gaming aus meiner Sicht doch noch die Kurve kriegen!

We will see…und übrigens: Der Inhalt dieses Blogeintrags ist meine persönliche Meinung und in keiner Form ein finanzieller Rat!

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Florian Schaffner

Florian Schaffner ist Blockchain, Crypto und NFT Enthusiast und bloggt aus dem Unterricht des CAS Crypto Finance & Cryptocurrencies

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