„The Power of Blockchain“ vs „Konsortium-Problem“

Allgemein hat sich die Ansicht etabliert, dass die Blockchain-Technologie das Potenzial hat eine Vielzahl von Branchen zu revolutionieren. Beim genaueren Hinschauen kommt jedoch zum Vorschein, dass der Grossteil der Anwendungsfälle auf nur wenige Themenbereiche fokussiert ist. Warum sind die Anwendungen – trotz des grossen Potenzials – derart limitiert?

Banking the unbanked, DeFi, GameFi und was sonst noch…

Das sind drei grosse Schlagwörter, die oft verwendet werden, um konkrete Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie aufzuzeigen. Mit Kryptowährungen soll jedem der Zugang zu einem Zahlungssystem ermöglicht werden. Mit der Hilfe von DeFi-Applikationen werden wiederum den Nutzern von Kryptowährungen Finanzdienstleistungen zur Verfügung gestellt. Abgerundet durch GameFi, welches das Spieleuniversum monetarisiert. Alle drei Themenfelder haben gemeinsam, dass die monetäre Basis im Mittelpunkt steht.

Deutlich herausfordernder wird es werden, zukünftige Anwendungsfälle ausserhalb dieser drei Themenfelder umzusetzen. Das Schwierigste dabei sind die notwendigen Korporationsbündnisse, die dazu geschaffen werden müssen. Diese Projekte sind einiges komplexer und eine Vielzahl von Parteien müssen am gleichen Strang ziehen, um eine erfolgreiche Implementierung zu erreichen.

Was ist das Konsortium-Problem?

Das Konsortium-Problem beschreibt die Herausforderung ein Konsortium von Teilnehmern davon zu überzeugen, dass es in ihrem besten Interesse ist, gemeinsam eine Sache zu verfolgen. Dabei sind Aspekte wie Vertrauen, Koordination, Konfliktumgang und Regulierung von fundamentaler Bedeutung.

Vertrauen: Verschiedene Akteure und zum Teil Konkurrenten müssen ein Mass an Vertrauen zwischeneinander aufbauen.
Koordination: Alle Teilnehmer müssen ihre Ressourcen und Fähigkeiten einbringen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Konfliktumgang: Konflikte können aufgrund unterschiedlicher Interessen und Ziele der Teilnehmer auftreten und müssen entsprechend adressiert werden.
Regulierung: Regulierungsherausforderungen bestehen aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher und regulatorischer Anforderungen in verschiedenen Ländern.

Mögliche Anwendungsfälle bei erfolgreicher Konsortium-Bildung

Ein Mikrochip, welcher in einem physischen Produkt platziert ist, kann mittels NFC Technologie mit einem Smartphone gescannt werden. Dadurch erhält der Nutzer Informationen zum physischen Produkt und jeder einzelne Mikrochip ist direkt mit einem NFT auf der Blockchain verlinkt. Dadurch entstehen Möglichkeiten wie z.B. Produkteigentumsübertragung, Produkthistorie, Kundenpflege, Eventeinladungen, Metaverse-Kompatibilität etc. Als Resultat kann unzähliges Papier gespart, der Produktzyklus verlängert und eine bessere Kundenbeziehung erzielt werden.

Ein Gastarbeiter-Pass wird durch eine NGO in Zusammenarbeit mit dem Heimatland auf einer Blockchain aufgesetzt. In diesem Blockchain-Eintrag werden zum Beispiel die digitale ID, die Bildungs- und Fähigkeitsausweise, Visa und die Arbeitsbewilligung hinterlegt. Auf dieser Grundlage werden Blockchain-Migrationskredite vergeben, womit kostenintensive, lokalen Geldverleiher umgangen werden können. Zu guter Letzt können die Heimatüberweisungen der Gastarbeiter kosteneffizient via Blockchain abgewickelt werden.

Schlussfolgerung

Blockchain-Anwendungen, die einen grossen allgemeinen Mehrwert aufweisen, sind wegen ihrer Komplexität und dem Konsortium-Problem schwieriger umzusetzen. Doch genau solche Herkulesaufgaben sollten angepackt werden, um die Akzeptanz der Blockchain-Technologie in der breiten Bevölkerung zu fördern. Es wird sich zeigen, ob sich Blockchain-Anwendungen weiterhin nur auf den Finanzbereich konzentrieren oder eben doch, wie vorausgesagt, revolutionäre Anwendungen hervorbringen und zu Paradigmenwechseln führen.

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Christian Benz

Christian Benz ist Execution Trader bei der Zürcher Kantonalbank und seit über 10 Jahren im Investment Banking tätig. Er bloggt aus dem Unterricht des CAS Blockchain.

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