Agilität ist in der heutigen Arbeitswelt in aller Munde. Schon 2018 schrieb die NZZ «Agile Unternehmen sind erfolgreicher am Markt». Muss eine erfolgreiche öffentliche Verwaltung agil sein? Wie sieht Agilität in der öffentlichen Verwaltung aus?
Was heisst Agilität?
Agilität kommt primär aus der Softwareentwicklung. In der Vergangenheit führte klassisches Projektmanagement oft zu nicht gewünschten oder zumindest nicht zu den besten Resultaten. Unzufriedenheit bei der Kundschaft und in den Entwicklungsteams war die Folge. Deshalb wurden in der Softwareentwicklung Methoden entwickelt, welche dem Bedürfnis nach einem flexiblen, iterativen und agilen Vorgehen entsprechen. In kleineren Entwicklungszyklen, sogenannten Sprints, werden Anforderungen beschrieben, umgesetzt, getestet und gemäss Inputs der Kunden verbessert.
Bekannte Methoden agiler Softwareentwicklung sind Scrum oder Kanban. Beide Frameworks setzen auf Prinzipien wie selbstorganisierende Entwicklungsteams, Förderung der Agilität, Reduktion auf kleine Einheiten sowie ständige Verbesserung und Anpassung der Prozesse.
Agile Methoden beschränken sich nicht auf die Softwareentwicklung. Agiles Vorgehen wird heute auch für eine neue Denkweise im Projektmanagement als Gegensatz zum planungsorientierten, traditionellen Projektmanagement verstanden.
Muss auch die öffentliche Verwaltung agil sein?
Auf den ersten Blick scheint Agilität in der öffentlichen Verwaltung einen gewissen Widerspruch hervorzurufen. Die öffentliche Verwaltung wird heute noch mit stark fixierten Hierarchien, fest definierten Prozessen und übermässiger Bürokratie in Verbindung gesetzt. Doch die öffentliche Verwaltung ist heute genauso wie die Privatwirtschaft mit Herausforderungen konfrontiert, für die es keine vordefinierten oder planbaren Lösungen gibt. Aktuelle Themen wie die Covid-19 Pandemie, Klimakrise, Energiemangellage, Aufnahme von Flüchtlingen etc. gibt es genügend. Zudem steht die öffentliche Verwaltung vor sehr grossen Herausforderungen, welche die digitale Transformation mit sich bringen. Diese lassen sich nicht mehr mit klassischem Vorgehen bewältigen. Es gibt unzählige Negativbeispiele (Insieme, E-Voting, Luftraum-Überwachungssystem, Educase etc.) von gescheiterten Informatikprojekten in der öffentlichen Verwaltung. Um mit der erhöhten Komplexität und gesteigerten Dynamik bestmöglich umzugehen, ist ein iteratives Vorgehen, selbstorganisierte Zusammenarbeit, Kooperation mit Partnerorganisation sowie ein ständiges Verbessern und Anpassen der Prozesse zwingend nötig.
Was hat Agilität mit Digitalisierung zu tun?
Die Digitalisierung betrifft die ganze Gesellschaft und fast alle Arbeitsbereiche. Auch in der öffentlichen Verwaltung müssen unzählige bestehende, ineffiziente und intransparente Abläufe neu gedacht, optimiert und, wenn möglich, automatisiert werden. Mit den neuen, digitalisierten Prozessen ändern sich auch die Arbeitsweisen, die Zusammenarbeit und zunehmend ganze Tätigkeitsfelder der Mitarbeitenden. Die öffentliche Verwaltung steht mitten in einer digitalen Transformation, wie die Erarbeitung und Publikation der Strategie Digitale Schweiz aufzeigt. Damit einher geht zwingend auch eine Transformation in agilere Organisationen.
Fazit: Agilität und öffentliche Verwaltung ist kein Widerspruch!
Agile Frameworks wie Scrum oder Kanban können aufgrund bestehender Strukturen in einer Verwaltung nur schwer angewendet werden. Die agile Denkweise, welche hinter diesen Methoden steckt und die agilen Prinzipien sollen allerdings in der öffentlichen Verwaltung sehr wohl angewendet werden. Prozesse werden damit flexibler, effizienter und transparenter. Sie führen zu besseren Lösungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft sowie zu höherer Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden.
Voraussetzung ist ein grundlegender Kulturwandel in der ganzen Organisation sowie die schrittweise und konsequente Heranführung an Agilität. Nur so gelingt die digitale und agile Transformation in der öffentlichen Verwaltung!