Die Achillessehne der Clouds – Kabel-Hotspot Ägypten

Unterwasserkabel halten das Internet am Laufen. Wenn sie an einem Ort zusammentreffen, wird es knifflig.

Trotz all der immateriell klingenden Begriffe rund um das Internet – „Cloud“, „Cyberspace“ – ist das Internet immer noch auf physische Dinge angewiesen, um zu funktionieren und diese physischen Objekte, einschließlich Kabel, können zerstört werden. 

Etwa 95 Prozent des weltweiten interkontinentalen Datenverkehrs wird über Unterseekabel abgewickelt, die über den Meeresboden verlaufen. Sie bieten im Gegensatz zur Satelliten-Kommunikation hohe Bandbreite und geringe Latenzen. 

AAE-1

DAS INTERNETKABEL ASIEN-AFRIKA-EUROPA-1 verläuft 24’800 Kilometer entlang des Meeresbodens und verbindet Hongkong mit Marseille in Frankreich. Auf seinem Weg durch das Südchinesische Meer und in Richtung Europa trägt das Kabel dazu bei, mehr als ein Dutzend Länder von Indien bis Griechenland mit Internetverbindungen zu versorgen. Als das Kabel am 7. Juni 2022 gekappt wurde, waren Millionen von Menschen vom Internet abgeschnitten und sahen sich mit vorübergehenden Internetausfällen konfrontiert. 

 

 

Unterwasserkabel halten die Clouds am Laufen. (Bildquelle: GETTY IMAGES)

Das Kabel, das auch als AAE-1 bezeichnet wird, wurde an der Stelle durchtrennt, an der es kurzzeitig über Land durch Ägypten verläuft. Ein weiteres Kabel wurde bei dem Vorfall ebenfalls beschädigt, wobei die Ursache für die Beschädigung unbekannt ist. Die Auswirkungen waren jedoch sofort spürbar. Laut Rosalind Thomas, Managing Director von SAEx International Management, waren sieben Länder und eine Reihe von Over-the-Top-Diensten betroffen. Cloud-Dienste von Google, Amazon und Microsoft waren ebenfalls gestört, wie eine anschließende Analyse ergab.

Zwar konnte die Verbindung innerhalb weniger Stunden wiederhergestellt werden, doch die Unterbrechung macht deutlich, wie anfällig die weltweit mehr als 550 Unterwasserkabel für das Internet sind und welche überragende Rolle Ägypten und das nahe gelegene Rote Meer für die Internetinfrastruktur spielen. Das globale Netzwerk von Unterwasserkabeln bildet einen großen Teil des Internet-Backbones, das den Großteil der Daten um die Welt transportiert und schließlich mit den Netzwerken verbunden wird, die Mobilfunktürme und Wi-Fi-Verbindungen versorgen. 

Kabel-Hotspot Ägypten

Durch Ägypten verlaufen 16 dieser Kabel, die Europa mit Asien verbinden und 17 % des weltweiten Internet-Verkehrs übermitteln. Die 16 Kabel durchqueren das rote Meer der Länge nach, treffen an zwei Anlandungspunkten auf Land. Die folgenden 160 Km verlaufen überirdisch und gehen dann wiederum an zwei Punkten ins Mittelmeer zurück.  Im Jahr 2013 verhaftete das ägyptische Militär drei Personen die versuchten Kabel durchzuschneiden. Im selben Jahr kam es auch bei anderen Kabeln in der Nähe zu Ausfällen. Die Region ist nicht der einzige Kabel-Hotspot auf der Welt. Das Vereinigte Königreich, Singapur und Frankreich sind allesamt wichtige Internet-Verbindungspunkte.  

Kabelrouten durch Ägypten (Bildquelle: Webseite Undersea Cable Map / Urs Walcher)

Elon Musks Starlink als mögliche Alternative?

Wenn es um Ägypten und das Rote Meer geht, gibt es nur begrenzte Möglichkeiten, und mehr Kabel sind oft die Antwort. Elon Musks Starlink hat zwar das Satelliteninternet populär gemacht, aber diese Art von System bietet keinen Ersatz für Unterwasserkabel. Satelliten werden für die Bereitstellung von Verbindungen in ländlichen Gebieten oder als Notfallsysteme eingesetzt, können aber die physische Infrastruktur nicht vollständig ersetzen.

Der Weg über Ägypten ist im Moment die einzig praktikable Route zwischen Europa und Asien. Im Süden sind die Kabel, die um Afrika herumführen länger, während im Norden nur ein Kabel (der Polarexpress) über Russland verläuft. Alle alternativen Routen, die entworfen werden, durchqueren am Ende Syrien, den Irak, den Iran oder Afghanistan – all diese Orte haben eine Menge Probleme. Und Russland ist im Moment ebenso keine Alternative.

Google und Co.

Der größte Versuch, Ägypten zu umgehen, kommt jedoch von Google. Im Juli 2021 gab das Unternehmen bekannt, dass es das Blue-Raman-Unterwasserkabel verlegt, das Indien mit Frankreich verbinden soll. Das Kabel verläuft durch das Rote Meer, aber anstatt in Ägypten das Land zu überqueren, erreicht es das Mittelmeer über Israel. Google liefert im Moment keine weiteren Informationen, aber das Kabel bringt wahrscheinlich seine eigenen geopolitischen Herausforderungen mit sich. Google hat das Kabel in zwei separate Projekte aufgeteilt: Blue verläuft durch Israel und nach Europa, während Raman eine Verbindung zu Saudi-Arabien herstellt, bevor es weiter nach Indien führt. Die neue Route soll 2024 fertig gestellt sein und ein Präzedenzfall für weitere Kabel schaffen.

Andere Cloud-Anbieter, wie Microsoft, Facebook oder AWS investieren ebenfalls hunderte Millionen, um Redundanzen zu schaffen, allerdings konzentrieren sie sich mehr auf die Atlantik- und Pazifik-Routen.

„All-wet-Cable“?

Weitere Ideen stehen im Raum, wie z.B. ein “all-wet-Netzwerk“ (SAEx-Cable), dass Europa komplett umgeht und Amerika-Afrika-Asien direkt verbindet. Sind aber im Moment noch in der Finanzierungsphase.

„all-wet-cable“ als Alternative zu Ägypten Hotspot? (Bildquelle: Webseite von SAEx)

Fazit

Letztendlich wird Ägypten immer im Zentrum der Internetverbindungen in Europa und Asien stehen. Die Geografie lässt sich nicht ändern. Dennoch sollte mehr getan werden, um die weltweiten Unterwasser-Internetkabel zu schützen, da jeder auf sie angewiesen ist.

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Urs Walcher

Urs Walcher ist Infrastruktur System-Engineer beim Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und bloggt aus dem Unterricht des CAS Cloud and Platform Manager.

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