Urlaubsgesuche im Militär: Vom Formular zur digitalen Eingabe und Verwaltung

Das Urlaubsgesuch ist das seit Jahrzehnten meistverwendete Formular der Schweizer Armee. Angehörige der Armee (AdA) können im Vorfeld des Wiederholungskurses (WK) schriftlich ihr Gesuch an den Kommandanten ihrer militärischen Formation richten, um sich stunden- oder tageweise vom geplanten Militäreinsatz zu entfernen. Gründe für ein Urlaubsgesuch können vielfältig sein, beispielsweise dringende Einsätze beim Arbeitgeber, Weiterbildungen oder Bewerbungsgespräche.

Was heisst Urlaub im militärischen Sinn?

Das Dienstreglement der Armee (DRA, Reglement 51.002) definiert unter Art. 55 Abs. 2 und 55a DRA die Arten von militärischen Urlauben und wie das Vorgehen bei einem Urlaubsgesuch vonstattengeht. Man spricht dabei vom «Allgemeinen Urlaub», vom «Persönlichen Urlaub» und vom «Frei wählbaren Urlaub».

Allgemeiner Urlaub

Der «Allgemeine Urlaub» ist jener Urlaub, der grundsätzlich für einen Grossteil der AdA für das Wochenende angeordnet wird. In der Regel treten sie am Freitagabend oder am Samstagmorgen in den Wochenendurlaub ab und rücken am Sonntagabend wieder ein. Dieser Urlaub ist befohlen und somit nicht mittels eines Gesuchs einzugeben.

Frei wählbarer Urlaub

Diese neue Form des militärischen Urlaubs, auch «Joker Tage» genannt, bietet dem AdA in Rekrutenschulen die Möglichkeit, höchstens zweimal 24 Stunden Urlaub pro Dienstleistung zu beziehen. Diese «Freizeit» kann gesamthaft oder als Einzeltage bezogen werden. Das Gesuch ist schriftlich einzugeben und muss nicht begründet werden.

Persönliche Urlaub

In diesem Blog sprechen wir ausschliesslich vom «Persönlichen Urlaub», also jenem militärischen Urlaub, den der Gesuchstellende während eines Dienstes für Stunden oder Tage vom Militärdienst befreit. Aufgebotene AdA, die einen persönlichen Urlaub benötigen, reichen vor Beginn ihrer Dienstleistung beim Kommandanten ein begründetes und unterschriebenes Gesuch (inklusiv Beweismitteln) ein. Urlaubsgesuche können in unvorhersehbaren Fällen auch während der Dienstzeit eingereicht werden, beispielsweise bei einem Todesfall in der Familie.

Vom analogen Formular zur digitalen Eingabe

In den vergangenen Jahren wurde beim Bund und insbesondere im VBS immer wieder über Möglichkeiten diskutiert, die Verwaltung zu digitalisieren. Verschiedene Verwaltungsbereiche innerhalb des Bundes haben bereits damit begonnen, so z.B. das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), das Bundesamt für Justiz (BJ) oder das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Auch im VBS ging man an die Herausforderung der Digitalisierung heran. Im Jahr 2020 gab man verschiedene digitale Pilotprojekte in Auftrag, um die Möglichkeit zu testen, agile Digitalisierungsprojekte iterativ zu stemmen und so von den schwerfälligen Beschaffungs- und langwierigen Entwicklungsprozessen, wie sie bis anhin üblich waren, wegzukommen.

17. August 2020: Startschuss zum ersten digitalen Pilotprojekt im Kommando Ausbildung (VBS), dem Digitalisieren von Urlaubsgesuchen

Innerhalb von 10 Wochen wurde zusammen mit einer Schweizer IT-Unternehmung die Digitalisierung des Jahrzehnte alten Verwaltungsprozesses «Urlaub» für WK-Formationen mittels einer Progressive Web-App (PWA) komplett neu überarbeitet und umgesetzt.

Am 20.12.2020 war diese PWA, als Web-App für Gesuchstellende und als web-basiertes Dash-Board für Kommandanten erstellt. Am 08.03.2021 erfolgte die grossflächige Einführung bei den WK-Truppen. Die «App Urlaubsgesuche» läuft seither störungsfrei. Im 2021 wurden rund 150’000 Marschbefehle mit einem QR-Code, als Einstieg für die Gesuchsteller, verschickt und davon haben rund 18’000 AdA Gebrauch gemacht. Für Kommandanten verringerte sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Urlaubsgesuch von 10 auf 2 Minuten. Zudem hat der Kommandant auf seinem PC jederzeit eine strukturierte Übersicht aller Gesuche.

Fazit

Die digitale Transformation der Verwaltungsprozesse eröffnet der Schweizer Armee neue Chancen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Miliz auf zeitgemässe Art und Weise anzusprechen. Die jungen Frauen und Männer sowie die Wehrdienstleistenden stehen dabei im Zentrum. Der Autor durfte mit diesem Pilotprojekt «App Urlaubsgesuche» den Beweis erbringen, dass auch das VBS die Zeichen der Zeit erkannt hat und in der Lage ist, schnell auf aktuelle Kundenbedürfnisse einzugehen und mittels dieser kleinen digitalen Transformation innerhalb der Militärverwaltung einen Mehrwert für die Truppe zu schaffen.

Quelle VBS/DDPS, Gino Knöpfel

Weiterführende Links:

  1. Urlaubsgesuch: Produktvideo
  2. Urlaubsgesuch: Erklärungsvideo – YouTube
  3. Urlaubsgesuch: Web-App
  4. Formular Urlaubsgesuch
  5. Verordnung über die Militärdienstpflicht (VMDP)

Weiterführende Literatur

«Digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung» von Hans Werner Streicher, Praxishandbuch für Projektleiter und Führungskräfte, Verlag: Springer Gabler, ISBN 978-3-662-60937-8

Beitrag teilen

Christian Zogg

Christian Zogg ist Leiter Digitalisierung Miliz im Personellen der Armee (Pers A) und bloggt aus dem Unterricht des CAS «Digitale Transformation der Öffentlichen Verwaltung».

Alle Beiträge ansehen von Christian Zogg →

Schreibe einen Kommentar