„Gseesch Grossmami, das hend Wilhelm Tell und Bitcoin gmeinsam“

Um dem Anspruch Bitcoin is for everyone gerecht zu werden, genügen technische Ausführungen und Traders-Jargon bei Weitem nicht. Im nachfolgenden Artikel werde ich die Fachsprache beiseitelegen und Bitcoin meinen Grosseltern erklären. Dabei verwende ich zehn Analogien aus dem Schweizer Alltag.

1) „Legändä & Heldä“

Apfelschuss, Tyrannenmord, Bitcoin-Erfindung: Was sich genau abgespielt hat und wer die Helden waren, wissen wir bis heute nicht. Die Mythen leben jedoch weiter und inspirieren dazu, den Kampf für Unabhängigkeit und Souveränität weiterzuführen. Genauso wie Wilhelm Tell die Macht an das Volk zurückgeben wollte, hat Satoshi Nakamoto, der Blockchain-Erfinder, ein inklusives Finanzsystem ausgetüftelt, an dem sich jedes Individuum überall auf der Welt beteiligen kann und zensurfrei, kostengünstig und unbürokratisch Geld verschicken kann. In diesem Alternativsystem gibt es keinen Platz für Big Tech, Wall Street und Diktatoren. Die Macht ist in den Händen der Benutzenden.

Die auf der Blockchain-Technologie basierende digitale Währung namens Bitcoin verkörpert die Vision von Satoshi. Blockchain ist eine Art von Datenbank, die auf Tausenden von Computern verteilt ist. Diese Erfindung basiert auf jahrelanger Forschung in den Bereichen Kryptografie, Informatik, Spieltheorie sowie Finanzen.

Die digitale Währung Bitcoin ermöglicht Zahlungen zwischen Personen unabhängig von Zwischenhandelnden, Nationalstaaten und Banken. Satoshi hat die Bitcoin-Regeln in dem Programmiercode verankert. Im Gengensatz zu früheren digitalen Währungsversuchen kann man Bitcoin nur einmal ausgeben. Der Preis regelt sich durch Angebot und Nachfrage und unterliegt grossen Schwankungen.

2) „D’Migros ghört a de Lüüt.“

Analog einer Genossenschaft gehört das Bitcoin-Netzwerk den Mitgliedern. Die Macht verteilt sich dezentral unter Hunderttausenden von Interessent*innen. Sie erhalten das Netzwerk am Leben, indem sie Blockchain-Kopien halten und ständig aktualisieren. Sie treiben gemeinsam die Bitcoin-Entnwicklung voran, ohne eine zentrale Instanz innezuhaben.

3) Eigenverantwortung statt „fremdi Vögt“

Indem Geld von Person zu Person direkt verschickt werden kann, entfällt die Notwendigkeit von Treuhänder*innen und Banken. Anstelle von traditionellen Institutionen vertraut man kryptografischen Verfahren. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Teilnehmenden. Sie müssen sich das notwendige Wissen aneignen, um ihre Krypto-Schlüssel sicher aufzubewahren. Ohne diese kann man seine Bitcoins nicht ausgeben.

4) Hinter der Maske

Die Blockchain-Mitglieder stehen hinter einer kryptografischen Maske. Ihre digitale Identität erscheint als eine lange Reihe von zufällig generierten Zahlen und Buchstaben. Jedoch sind sie nicht anonym. Durch spezielle Verfahren und IT-Geräte lassen sich sämtliche Bitcoin-Transfers zurückverfolgen und Einzelpersonen identifizieren. Alle Transaktionen sind öffentlich zugänglich, in (digitalen) Stein gemeisselt und somit nicht änderbar.

Bitcoin-Adressen lassen nicht sofort auf die Identität des Besitzers schliessen (Quelle Unsplash.com)
Bitcoin-Adressen lassen nicht sofort auf die Identität des Besitzers schliessen (Quelle Unsplash.com)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5) Was d’Gmeinschaft zämähebt

Neben der Vision von Inklusion, Souveränität und Zensurfreiheit hat die Bitcoin-Community auch finanzielle Anreize, das Netzwerk aufrechtzuerhalten. Wenn die Mitglieder dem Konsensmechanismus über gültige Transaktionen korrekt folgen, bekommen sie Bitcoin-Belohnung.

6) Gardisten

Freiwillige Enthusiast*innen, Miners genannt, sorgen für Ordnung und Sicherheit im Bitcoin-Netzwerk. Sie besitzen hochleistungsfähige Rechner, um Transaktionen zu validieren.

7) „20 Minuten“

Während in der Zeitung „20 Minuten“ ein ganzer Tag zusammengefasst wird, dreht sich die Blockchain-Welt im 10-Minuten-Takt. In jedem Intervall werden die validierten Transaktionen zu einem neuen Block zusammengeführt.

8) „De Gschnäller isch de Gschwinder.“

Alle Miners stehen im Wettbewerb. Alle validieren die gleichen Transaktionen und ver(sch)wenden ihre Rechenleistung dafür, eine irrelevante Rechenaufgabe zu lösen. Aber nur die schnellste Person, die die Aufgabe löst und dies dem Netzwerk mitteilt, darf einen neuen Block an der Blockchain ansetzen. So generieren die Miner ihre Belohnung, nämlich neue Bitcoins.

Die oft kritisierte Bitcoin-Ineffizienz ist der programmierte Schutzmechanismus des Netzwerks und der Preis für seine Unabhängigkeit. Ein Angriff würde so viel Energie in Anspruch nehmen, dass das Unterfangen finanziell nicht tragbar wäre.

9) „S’hett, solangs hett.“

Gemäss Code hat Satoshi die Höchstmenge von Bitcoin auf 21 Millionen gesetzt. Dies macht Bitcoin knapp, deflationär (werterhaltend) und umso begehrter.

10) „Einer für alle, alle für einen.“

Obwohl nur eine Person pro Block das Recht bekommt, auf dem Blockchain zu schreiben, braucht das Netzwerk Millionen von Menschen. Denn je mehr Blockchain-Mitglieder, desto dezentraler das Netzwerk und desto unantastbarer die Position von jedem Einzelnen im System. Auch wenn es viele Spekulierende gibt, geht es bei Bitcoin primär um ein faires und inklusives Finanzsystem. Satoshi hat eine neue Weltordnung konzipiert, in der das Individuum die Kontrolle über seine Daten, sein Vermögen und seine Zukunft hat. Bei Bitcoin gilt umso mehr das Motto: „Einer für alle, alle für einen“.

Beitrag teilen

Elena Milusheva

Elena Milusheva ist Project-Management-Profi im Personalbereich und bloggt aus dem Unterricht des CAS Blockchain. Ihr Schwerpunkt ist Dezentrale Autonome Organisationen (kurz DAOs) und wie traditionelle Unternehmen schrittweise zu DAOs übergehen können. In ihrer Freizeit lernt sie Schweizerdeutsch.

Alle Beiträge ansehen von Elena Milusheva →

Schreibe einen Kommentar