Durch digitale Tools näher bei der Bevölkerung

Sind digitale Formen der Mitsprache bei öffentlichen Planungen das Mass aller Dinge? Der richtige Mix ist entscheidend.

Öffentliche Planungsbehörden wie z.B. Gemeinden und Kantone sind per Gesetz verpflichtet über Ziele und Ablauf von Planungen zu informieren. Das Schweizer Raumplanungsgesetz geht aber noch weiter und fordert, dass die Bevölkerung in «geeigneter Weise mitwirken» kann (Artikel 4 RPG). Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, geht es doch um die Gestaltung unseres gemeinsamen künftigen Lebensraums. Um die Mitwirkung der Bevölkerung bei Planungen zu gestalten, gilt es in Zukunft die richtige Mischung von analogen und digitalen Formaten zu finden und diese entsprechend ihren Stärken gezielt einzusetzen.

Chancen und Grenzen

Digitale Formate zur Beteiligung der Bevölkerung in öffentlichen Planungen haben viele Vorteile, aber auch Grenzen. Besonders effektiv sind virtuelle Formate, um grösseren Gruppen eine orts- und zeitunabhängige Beteiligung zu ermöglichen. Sie können auch mithelfen neue Bevölkerungsgruppen für die Partizipation zu gewinnen, wobei aber gerade ältere Generationen dabei nicht zurückgelassen werden dürfen. Anspruchsvoll wird es, wenn es um besonders kreative Verfahrensschritte geht, gerade auch, wenn nicht alle mit den Tools genügend vertraut sind. Ebenfalls schwierig sind konfliktreiche und emotionale Themen, kann doch mit digitalen Formaten viel weniger auf zwischenmenschliche Aspekte eingegangen werden. Auch der informelle Austausch kann zu kurz kommen. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die beteiligten Akteure zu einem längerfristigen gemeinsamen Prozess gewonnen werden sollen. Und schliesslich kann die vermeintliche Anonymität auch dazu verleiten, sich z.B. kurzfristig für ein virtuelles Meeting abzumelden.

Mehr als nur Informationsvermittlung

Partizipation ist mehr als nur die einseitige Vermittlung von Informationen. Die nächst höhere Stufe der Beteiligung umfasst das «Mitreden» bei dem Anliegen, Bedürfnisse und Hinweise z.B. aus einer Bewohnerschaft einer Strasse während der Planung erfragt und aufgenommen werden. Effektives «Mitgestalten» oder «Mitwirken» bildet die höchste Stufe der Partizipation, wobei hier auch ein gewisses Recht auf «Mitentscheiden» dazugehört, um glaubwürdig zu sein.

Stufen der Partizipation (Grafik: Marco Achermann)
Stufen der Partizipation (Grafik: Marco Achermann)

Digitale Formen und Hilfsmittel

Digitale Instrumente sind nicht erst seit Covid-19 wichtiger Bestandteil partizipativer Prozesse. Die Pandemie hat diesen aber einen zusätzlichen Schub verliehen. Planungsbehörden haben in dieser Zeit gezwungenermassen vermehrt auf digitale Formate gesetzt.

Wenn es um reine Informationsvermittlung geht, sind Webseiten, Newsletter oder Socialmedia-Plattformen schon etabliert. Online-Umfragen, Tools wie Mentimeter oder die besonders für öffentliche Planungsverfahren entwickelte Plattform E-Mitwirkung kommen dann zum Zug, wenn es darum geht Bedürfnisse oder Meinungen zu einer konkreten Planung abzuholen. Der Einsatz verschiedener Tools ist nötig, wenn in virtueller Form ein aktives Mitgestalten gefragt ist. Vollständig digital durchgeführte Workshops benötigen eine besonders gute Planung und eine gut vorbereitete, aktive Moderation. Neben Lösungen für die Videokonferenz wie z.B. Zoom oder Jitsy, wo auch virtuelle Grupperäume eingerichtet werden können, wird ein gemeinsames Whiteboard benötigt. Auf solchen digitalen Wandtafeln wie z.B. Miro, Mural oder Padlet können die Teilnehmenden individuell oder gemeinsam auf Informationen zugreifen, Notizen hinterlassen und Diskussionsergebnisse festhalten und strukturieren.

Einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten der digitale Partizipation bietet ein eigenes Themendossier von regiosuisse.ch, einer Plattform für Regionalentwicklung in der Schweiz. Darin finden sich viele gute Beispiele, aber auch praktische Tipps wie z.B. zur Durchführung von Online-Workshops. Ausprobieren und Erfahrungen sammeln ist erlaubt! Vielleicht zuerst bei einem internen Workshop im eigenen Team?

Quellen und weiterführende Links

Digitale Partizipation in der Regional- und Stadtentwicklung | Regionalentwicklung | regiosuisse
Eine umfassende Auslegeordnung zum Thema «E-Partizipation» in der Regional-, Stadt- und Gemeindeentwicklung.

demokratie-toolbox.ch
Ein grosser Fundus an digitalen und partizipativen Tools, zur digitalen Beteiligung in demokratischen Prozessen.

in-comune.ch
Eine Plattform zur Förderung der Partizipation der Bürgerinnen und Bürger im Gemeindeleben.

Partizipation & Pandemie (berlin.de)
Ein Nachschlagewerk zu kontaktlosen Formen der Bevölkerungsbeteiligung (analog und digital).

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Marco Achermann

Marco Achermann ist Abteilungsleiter Raumplanung beim Kanton Uri und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digitale Transformation für die Verwaltung.

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