Smartphone-Konkurrenz setzt Banken unter Zugzwang

Die Digitalisierung hält am Schweizer Finanzplatz immer mehr Einzug. Junge und innovative Firmen fordern meist mit Smartphone-Apps traditionelle Banken heraus. In vielen Bereichen punkten dabei die neuen Player. Bei den Banken ist im Hinblick auf die neue Konkurrenz Wachsamkeit gefragt. Doch „Open Banking“ bringt den Banken künftig entscheidende Vorteile – darunter ihre Kundendaten.

Die digitale Transformation im Banking-Sektor der Schweiz schreitet weiter voran – mit oder ohne Corona. Revolut, N26, CSX oder Neon – in den letzten Jahren stampfen Fintechs buchstäblich aus dem Boden.

Viele Namen, gleiche Bedeutung

Ist von Digital- oder Neobanken die Rede, werden damit meist junge und innovative Banken gemeint. Weitere bekannte Begriffe sind Challenger-Banken oder Fintechs. Sie definieren das Banking neu, indem sie mit einfachen und überschaubaren Smartphone-Apps auf den Markt kommen. Dabei agieren sie nahezu ausschliesslich digital. Obwohl es im Angebot durchaus Unterschiede gibt, überwiegen die Gemeinsamkeiten:

  • Smartphone-App

Oft genügt für die Nutzung ausschliesslich eine App. Einfaches Onboarding und digitale Account-Bewirtschaftung.

  • Preisstruktur

Die Gebühren und Preise sind deutlich tiefer als bei traditionellen Banken. Schlanke Strukturen und digitale Prozesse machen es möglich.

  • Einfaches Handling

Keine Wartezeiten, 24/7-Zugriff und eine einfache Handhabung sorgen für ein gutes Kundenerlebnis.

  • Kundenfokus auf Zielgruppe

Konzentration meist auf eine Zielgruppe. Wünsche und Anregungen sind auf diese abgestimmt.

  • Service und Support

Geschieht fast ausschliesslich über FAQ’s und vorzugsweise im Selfservice.

  • Marketing und Auftritt

Einfache und simple Kommunikation. Dies schafft Nähe und ein Gefühl der Zugehörigkeit.

Vom Basisangebot ausgehend sind die Digitalbanken im Stande, durch moderne IT-Struktur und schlanke Prozesse ihre Angebote agil auszubauen und schnell zu wachsen.

Auf den ersten Blick spricht eine Neobank insbesondere preisaffine und für das Retail eher unattraktive Nutzer*innen an. Die „ti&m – Trendstudie Banken 2021“ zeigt jedoch, dass die Hauptzielgruppe jüngere und gut gebildete Kund*innen mit eher höherem Einkommen ist.

Big Data und Open Banking als Chance für etablierte Banken

Trotz hoher Innovation und deutlich tieferen Preisen der neuen Konkurrenz müssen etablierte Banken in der Banking-Transformation nicht zwingend das Nachsehen haben. Einerseits gelten die etablierten Finanzinstitute in der Schweiz als äusserst vertrauenswürdig, andererseits haben sie hinsichtlich digitaler Transformation längst nicht das gesamte Potential ausgeschöpft. Die digitale Nutzung als einziges Alleinstellungsmerkmal wird in Zukunft nicht reichen. Abgesehen davon sind viele Angebote der digitalen Banken kopierbar. Es überrascht deshalb nicht, dass in den letzten Monaten diverse grosse Finanzinstitute eigene Smartphone-Apps lanciert haben. Je nach Angebot und Zielgruppe beobachtet man häufig Joint-Ventures, wie zuletzt bei der Lancierung der Neobank „Yuh“ (Postfinance und Swissquote). Solche Zusammenschlüsse zeigen, dass die Entwicklung in Richtung „Open Banking“ geht.

Für die etablierten Banken bietet sich hier eine grosse Chance. Folgen nämlich Schweizer Banken dem internationalen Trend trotz noch fehlender Regulierung, sind insbesondere die traditionellen Banken dank der Kundendaten wertvolle und interessante Partner mit einer eigenen Ecosystem-Plattform. Abhängig vom Budget bestehen bei Schweizer Banken unterschiedliche Reifegrade beim Datenmanagement. Immer noch gibt es Finanzinstitute, die das Datenthema komplett unterschätzen.

Fazit

Der Erfolg reiner Digitalbanken hängt also zum grossen Teil von der Innovationsfähigkeit und Offenheit der bereits etablierten Finanzinstitute ab. Das „Open-Banking“ bietet bei der Transformation allen Playern eine faire Chance, sich auf dem Markt zu behaupten. Es bleibt spannend!

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Zdravko Stambolija

Zdravko Stambolija ist Teamleiter bei der Zürcher Kantonalbank und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation.

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