Die digitale Transformation im Kampf gegen COVID-19

Die Schweiz hat ihre Hausaufgaben in Sachen Digitalisierung im Gesundheitswesen und in weiteren Behörden versäumt. Nun hat Sie die Chance auf eine Nacharbeit dank der Corona-Krise. Doch diese Nacharbeit muss von den Führungskräften angestossen und zeitnah umgesetzt werden, um der Schweizer Bevölkerung aufzuzeigen, wie die Digitalisierung als Unterstützung im Kampf gegen COVID-19 genutzt werden kann.

 

Digitalisierungsakzeptanz in der Schweiz

Wie die Studie «Switzerland’s Digital DNA» der Strategieberatung Oliver Wyman zeigt, steht die Schweizer Bevölkerung der digitalen Transformation positiver gegenüber als noch ein Jahr zuvor. Auch die Bereitschaft, personenbezogene Daten im Gesundheitsbereich zu teilen, stieg dank der COVID-19 Pandemie an. Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer setzen grosse Hoffnungen in die mit der Digitalisierung verbundenen technologischen Entwicklungen. Die Corona-Krise hat nicht nur negative Auswirkungen, sondern kann als Treiber für die Digitalisierung in der Schweiz genutzt werden. Sie bietet die Chance, dem noch kritischen Bevölkerungsteil den Mehrwert der Digitalisierung zu demonstrieren und somit Ängste, sowohl auch Vorurteile zu überwinden.

Welche Sektoren fallen in der Corona-Krise auf?

Die Corona-Krise zeigt bestehende Defizite und zugleich riesiges Potential für eine digitale Transformation im Gesundheitssektor, den kantonalen Dienststellen und den Departementen auf. Doch was sind die Innovationsblocker oder Innovationsbremsen dieser Beteiligten?

  • Fehlendes Knowhow der Führungskräfte
  • Konservative Unternehmenskultur
  • Nicht agile Planungsvorgehen verhindern schnelle Wertgenerierung
  • Angst vor Entstehung unerwünschter Transparenz

Die COVID-19 Pandemie hat uns aufgezeigt, wie stark vernetzt die ganze Welt ist und wie schnell sich ein Virus ausbreiten kann. Das mutierte Virus aus Grossbritannien wird, laut Experten, sogar noch schneller übertragen. Das heisst, wir müssen noch schneller reagieren, um die derzeitige Situation und auch eine mögliche 3. Welle in den Griff zu bekommen. Genau hier kann die Digitalisierung ihre unterstützende Kraft bei der Bekämpfung des Virus entfalten, wenn sie richtig eingesetzt wird. Der Erfolgsfaktor im Wettstreit gegen die Zeit, ist die Geschwindigkeit und das ist einer der gravierendsten Mehrwerte einer Digitalisierung.

Fehlende Standards bei dem Contact Tracing

Betrachten wir das Contact Tracing in der Schweiz, fällt schnell auf, dass es keine Standards gibt. Weder bei der Datenerhebung, noch bei der Verarbeitung der Daten oder dem Informieren der Kontakte. Der Föderalismus, also unser Kantönligeist bringt unterschiedliche Herangehensweisen mit sich. Die Kantone verwenden Excel, eigenentwickelte Software oder der vom Bund empfohlenen Contact Tracing Software. Die inexistenten Standards generieren Unmengen an unnötigen Schnittstellen und dies ist einer der Gründe für das entstandene Contact Tracing Chaos.

fehlende Standards führen zum Contact Tracing Chaos
fehlende Standards führten zum Contact Tracing Chaos

Zentralisierung und gesetzliche Vorschriften müssen her!

Es müssten Standards definiert werden, um gesamtschweizerisch agieren zu können. Der Bund, die Kantone und das Gesundheitswesen benötigen digitalisierte  Schnittstellen, damit eine nahezu „Realtime“-Kommunikation möglich ist. Es kommt sogar noch vor, dass ein Fax als Kommunikationsmittel verwendet wird, obwohl gleichzeitig auch schon moderne Technologien am selben Ort eingesetzt werden. Das Fax ist hier ein Sinnbild für den veralteten Stand, verwendeter Informationstechnologien.

Oft liegt es an fehlendem Know-how oder den fehlenden gesetzlichen Vorschriften. Nicht alle Einrichtungen im Gesundheitswesen sind gleich. Jedoch haben alle gemeinsam eine strenge Hierarchie. Die Aufgaben und die Handlungsbefähigung sind klar definiert. Die Initialisierung für eine Digitalisierung muss also vom C-Level Management kommen, gelebt und implementiert werden.

Zeitnahe Wertgenerierung durch agile Vorgehen

Es gibt bereits agile Vorgehensweisen, welche auf Veränderungen der Anforderungen reagieren können und auf eine rasche Wertgenerierung ausgelegt sind. Hier die meist verbreitesten Frameworks, welche einzeln angewendet werden können oder auch untereinander kompatibel sind:

  • SAFe (Skalierungs-Framework)
  • Scrum (Framework für Produktentwicklung)
  • Kanban (Change Management)
  • DevOps (stetiger Prozessverbesserungsansatz)

Es werden Sprints in fachübergreifenden Gremien definiert und durch einen regelmässigen Austausch von Feedbacks, lässt man aus dem vorhergehenden Sprint das Gelernte in den Neuen unmittelbar einfliessen. Nach jedem Sprint wird ein Produktinkrement generiert, in welches die gewonnen Erkenntnisse einfliessen (z.B. Fehlerverbesserungen, Adaptionen oder neue Features).

Digitale Transformation ist auch eine Kulturtransformation

Ein agile digitale Transformation des Gesundheitswesen und der Kantone bedeutet zugleich auch ein Wandel der konservativen Unternehmenskultur. Nachhaltige Digitalisierung ist nur möglich, wenn die Führungsetagen das erkennen und bereit sind, eine agile und transparente Kultur  vorzuleben. Zudem sollte das BAG weiterhin mit positivem Beispiel vorangehen und als zentralisierte Stelle fungieren, in welcher sie Standards definieren kann.

Um eine mögliche 3. Welle, besser und effektiver zu meistern, ist eine agile und  solidarische Kultur gefragt. Die digitale Transformation ist eine Investition und bringt noch weitere Vorteile für die Gesundheitsbranche mit sich.  Es können z.B. leistungsstarke Prognosen und Simulationen durchgeführt werden, wodurch auch eine hohe Benutzerfreundlichkeit entsteht, da die Reaktionszeit fast Echtzeit beträgt. Durch die Benutzerfreundlichkeit steigt parallel auch die Akzeptanz.

Je schneller diese Erkenntnis zu den richtigen Personen durchdringt, desto schneller kann die Digitalisierung ihr volles Potential entfalten und einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten. Sei es zur Unterstützung  beim Contact Tracing, bei der Realisierung der Impfkampagne oder bei der Kommunikation zwischen Bund & den Kantonen, den Gesundheitsdienstleistern oder der Bevölkerung.

Nach dem Ende der Corona-Krise sehnen sich alle
Klar ist, nach dem Ende der Corona-Krise sehnen sich alle!

Das betroffene Personal sowie die Bevölkerung sind erschöpft und sicherlich dankbar für jegliche zuverlässige Unterstützung, wie auch Entlastung, um schneller wieder in die Normalität zurückkehren zu können!

Weiterführende Links:

https://www.netzwoche.ch/news/2020-11-19/keine-digitale-transformation-ohne-soziale-transformation

https://www.watson.ch/schweiz/digital/335890251-corona-experte-ueber-die-it-probleme-der-schweiz

Quellen:

Oliver Wymann „Switzerland’s Digital DNA“ (2018)

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Severin Ramseier

Severin Ramseier ist Product Manager Cisco bei der Tech Data GmbH und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation.

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