Steigert Agilität tatsächlich das Tempo?

«Mit agilen Arbeitsmethoden können wir unser Tempo steigern!» Eine Aussage, welche wohl viele von uns auf Anhieb bestätigen würden. Doch ist das tatsächlich so? Unser Erneuerungsprojekt «IT-Solution Insurance Broker» haben wir agil organisiert und umgesetzt. Ein kurzer Erfahrungsbericht.

Die neue Lösung soll die Bedürfnisse abdecken und ins Umfeld passen (Bild von unsplash.com)

Unsere selbst entwickelte Software-Lösung hat den «End of Life» überschritten. Das Kundenportal war nicht state-of-the-art, es fehlte an Schnittstellen zu Drittsystemen und der Aufbau war monolithisch. Es war an der Zeit, diese Lösung mit einer modernen Umgebung zu ersetzen.

Agile Projektorganisation

Was wollten wir in diesem Projekt anders machen? Wir wollten dieses Projekt dank einer agilen Organisation und Arbeitsweise mit schlanken Ressourcen in kurzer Zeit umsetzen. Unser Ziel war es, die bisherige Lösung innert acht Monaten durch einen Minimum Viable Product (MVP) abzulösen, ohne Parallelbetrieb mit der bisher eingesetzten Lösung.

Das Projektteam haben wir mit acht Personen schlank gehalten. Es war cross-funktional zusammengesetzt. Bettina war Projektverantwortliche und hat auch die Rolle als Scrum Master wahrgenommen. Anstatt einer linearen Vorgehensweise mit detailliert spezifizierten Anforderungen, haben wir uns beim Projektstart auf 20 wichtige Anforderungen beschränkt. Auf dieser Basis haben wir entschieden, eine Lösung einzukaufen und Anbieter zu einem Beauty Contest einzuladen. Die Wahl fiel auf die Lösung Brokerstar.

Vorgehen nach SCRUM (Darstellung von arocom.de)

Die eingekaufte Standardlösung sollte nun auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten werden. Um sicherzustellen, dass wir nur bei wichtigen Anforderungen vom Standard abweichen, musste jede Abweichung im Projektteam besprochen werden. Nur wenn mindestens fünf Personen des Projektteams davon überzeugt waren, wurde die Spezifikation tatsächlich umgesetzt. Mit dieser Hürde konnten wir sicherstellen, dass wir uns nur auf Abweichungen mit wirklichem Kundennutzen konzentrierten.

Damit das agile Projekt in einem hohen Tempo umgesetzt werden konnte, wurden die Sprints in zeitlich kurz Abständen festgelegt. In den ersten und den letzten sechs Wochen wurden die Sprints wöchentlich festgelegt. Dazwischen wurden die Sprints zweiwöchentlich umgesetzt. Bei jedem Sprint sollte die Machbarkeit geprüft und/oder ein Prototyp erstellt werden.

Kritischer Projektstart

Rückblickend waren die ersten vier Wochen (Sprints) kritisch. Das angestrebte Tempo konnte bei weitem nicht erreicht werden. Die ersten Sprints waren geprägt von Missverständnissen, zu hohen Erwartungen und nicht klar definierten Zuständigkeiten. Wir haben uns bereits nach einem Monat Grundsatzfragen zur Projektorganisation und der Vorgehensweise gestellt. Umso beeindruckender war, wie sich diese Punkte danach verbessert haben.

Ziele erreicht

Die Lernkurve im Rahmen des Projektes entwickelte sich sehr dynamisch. Unsere Zielvorgabe mit acht Monaten konnten wir mit zwei Wochen Verspätung fast einhalten. Mit Brokerstar konnten wir eine moderne webbasierte Softwarelösung einführen, welche auf «Open Standard Technologien» basiert. Durch den containerbasierten Aufbau und der modernen Reportingmöglichkeiten können wir zukünftige Erweiterungen einfach und zeitnahe vornehmen. Sämtliche Daten unserer 1’500 Firmenkunden wurden migriert, die Mitarbeitenden geschult und die Basis für unser neues Kundenportal gelegt. Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel, dass agile Methoden tatsächlich zur Steigerung des Tempos führen können.

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Simon Tellenbach

Simon Tellenbach ist Leiter Firmenkunden beim VZ VermögensZentrum und Projekt Sponsor des beschriebenen Projektes. Er ist Betriebsökonom, eidg. dipl. Finanzanalyst und eidg. dipl. Pensionskassenleiter. Der Bereich Firmenkunden umfasst die Teilbereiche «Insurance Brokerage» und «Vorsorge».

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