Wo bewegt sich mein System? Das Kontext Diagramm verschafft dir Überblick!

Ein Kontext Diagramm ist eine modelhafte Abbildung einer Systemumgebung. Systeme interagieren immer auf eine Art und Weise mit ihrer Umwelt. Das Kontext Diagramm bietet den Projektbeteiligten eine Übersicht, in welchem Umfeld sich die künftige Lösung bewegt. Mithilfe des Diagramms wird der Lösungsumfang definiert und die Anforderungsquellen an das zu entwickelnde System bestimmt.

Googelt man nach „Kontext Diagramm“, so findet man verschiedene Gestaltungsarten von Diagrammen. Viele Abbildungen basieren auf Use-Case-, Datenflussdiagrammen oder UML Klassendiagrammen. Jedoch sind diese meist schon sehr detailliert gestaltet und es braucht oft tiefgründigere Vorabklärungen, sodass diese erstellt werden können. Daher macht es meiner Meinung nach Sinn, sich in einer ersten Phase nicht zu fest mit diesen Modellen zu beschäftigen, sondern eine Art Freistil Kontext Diagramm zu erstellen, welches danach als Basis für spätere Abklärungen weiterverwendet werden kann.

Warum braucht es überhaupt ein Kontext Diagramm?
Zu Beginn eines Softwareprojektes stehen meistens Bedürfnisse und Anforderungen, welche von den Fachabteilungen der Informatik zugestellt werden. Diese werden oft allgemein formuliert und weisen nicht den nötigen Informationsgehalt auf, welche das Entwicklungsteam benötigen. Auch in meiner Firma höre ich immer wieder folgende Fragen und Aussagen:

  • „Welche Stakeholder interagieren mit dem System?“
  • „Hat das System XY Schnittstellen in andere Systeme?“
  • „Muss die Anforderung XY in unserem System abgedeckt werden?“
  • „Ich glaube für diesen Bereich sind wir nicht zuständig.“
  • „Welche Geschäftsprozesse werden durch das System tangiert?“

Sicherlich hast du ebenfalls schon solche Diskussionen geführt und dir überlegt,  wie diese Fragen mithilfe einer Übersicht einfach und schnell dargestellt werden können. Hier kommt das Kontext Diagramm zum Einsatz, welches diese Fragen beantwortet.

Wann macht ein Kontext Diagramm überhaupt Sinn?
Die Erstellung eines Kontext Diagramms macht meiner Meinung nach Sinn, sobald es um Software und Systeme geht. Hier einige Beispiele:

  • Einführung neuer Applikation
  • Entwicklung neuer Software
  • Ablösung bestehender Systeme
  • Integration neuer Hardware in bestehende Systemlandschaft

Aus welchen Elementen besteht ein Kontext Diagramm?
Ein Kontext Diagramm besteht einfach ausgedrückt aus drei Bereichen:

  1. System
  2. Systemkontext
  3. Irrelevante Umgebung
Bereiche des Kontext Diagramms

Zwischen dem System und dem Systemkontext gibt es eine Abgrenzung, welche in der Literatur als Systemgrenze definiert wird. Diese Grenze wird im Prozess der Systemabgrenzung bestimmt. Die Systemgrenze trennt dadurch das geplante System von der Umgebung ab und zeigt uns auf, wo das Ende des Gestaltungsspielraums ist. Der Systemkontext an sich kann durch das System nicht verändert werden, jedoch liefert dieser die Anforderungen an das zu entwickelnde System.

Zwischen dem Systemkontext und der irrelevanten Umgebung gibt es eine weitere Abgrenzung, welche als Kontextgrenze definiert ist. Diese Grenze wird im Prozess der Kontextabgrenzung bestimmt. Dadurch erkennt man sofort, welche Aspekte eine Beziehung zum System haben.

Alles was ausserhalb dieser Kontextgrenze liegt hat somit keinen Einfluss auf das geplante System und befindet sich daher in der irrelevanten Umgebung. Hier stellt sich die Frage, warum die irrelevante Umgebung überhaupt abgebildet werden muss, wenn diese irrelevant ist? Mit der Auflistung von irrelevanten Aspekten kann beispielsweise dem Auftraggeber gezeigt werden, dass man diese Punkte abgeklärt hat, jene jedoch keinen Einfluss auf das System haben.

Wie erstelle ich ein Kontext Diagramm?
Wie bereits erwähnt macht es in der Anfangsphase Sinn, ein Freistil Kontext Diagramm zu erstellen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Zu Beginn braucht dazu nicht mehr als Stift und Papier bzw. ein Whiteboard und die wichtigsten Projektbeteiligten.

  1. System als Blackbox in die Mitte zeichnen
  2. Bekannte Aspekte auflisten
    • Personen
    • Systeme im Betrieb
    • Prozesse
    • Ereignisse
    • Dokumente
  3. Beziehung zwischen System und Aspekten definieren
  4. Ergebnis verifizieren
Vorgehen Erstellung Kontext Diagramm (Erstellt mit Microsoft Whiteboard)

Anhand dieser Schritte kann innerhalb von kürzester Zeit ein erster Entwurf eines Kontext Diagramms erstellt werden, welcher als Ausgangslage für weitere Abklärungen und als Kommunikationsmittel im Projekt dienen kann. Verständlicherweise fehlen in der Anfangsphase einige Detailinformationen und es müssen Annahmen getroffen werden. Das Kontext Diagramm muss zu Beginn nicht final definiert werden. Das Freistil Kontext Diagramm verschafft dir und deinem Projektteam ein gemeinsames Verständnis für das geplante Vorhaben. Zudem bietet es die Grundlage für die systematische Ermittlung der Anforderungen des beabsichtigten Systems.

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Vincenzo Di Federico

Vincenzo Di Federico ist Business Analyst bei der Genossenschaft Migros Luzern und bloggt aus dem Unterricht des CAS Requirements Engineering

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