Die Entwicklung der Ökosysteme in der Wind- und Photovoltaikbranche

Bei den erneuerbaren Energien hat in den vergangenen 15 Jahren vor allem die Photovoltaik und die Windenergie einen enormen Boom erlebt. Die grossen Fortschritte der Digitalisierung haben auch stark zu der Weiterentwicklung beigetragen, wobei die digitalen Ökosysteme ganz unterschiedlich geprägt wurden. Heute gibt es in beiden Branchen moderne IoT-Lösungen.

Digitale Ökosysteme in der Photovoltaik (PV)

Die Steuerung und Regelung einer PV-Anlage erfolgt im Wechselrichter. Neben dem Umwandeln von Gleich- in Wechselstrom werden darin viele andere sicherheits- und funktionsrelevante Parameter kontrolliert und geregelt. Aus diesem Grund ist auch die Kommunikation der Anlage nach aussen durch die Herstellerfirmen der Wechselrichter geprägt. In den Anfängen der Photovoltaik hat jeder Hersteller ein komplett eigenes Ökosystem entwickelt und betrieben. Darin können nur die von den Herstellern vorgesehenen Daten gepflegt werden. Für kleine PV-Anlagen im privaten Einfamilienhausbereich ist dies mit wenig Zeitaufwand einfach umsetzbar und ausreichend für eine sinnvolle Anlagenüberwachung.

Lösungen für professionelle Betreiber

Für Anlagenbetreiber mit mehreren PV-Anlagen, welche Wechselrichter verschiedener Hersteller im Portfolio haben, sind die einzelnen Herstellerplattformen nicht praktikabel. Deshalb haben sich bereits vor über 10 Jahren erste Firmen wie Solarlog und meteocontrol daran gewagt, übergreifende Ökosysteme zu entwickeln, in welche neben den Wechselrichter-Daten auch zusätzliche Informationen erfasst werden können. Die Datenprotokolle der Hersteller waren damals vielfach nicht offengelegt, weshalb diese teils auch gehackt werden mussten. Durch den stetigen Druck der Anlagenbetreiber haben mehr und mehr Hersteller die Protokolle zugänglich gemacht. Als nächster Schritt begann die Standardisierung. Einige Solarfirmen begannen den Sunspec-Standard zu entwickeln, an dessen Weiterentwicklung heute mehr als 100 Firmen beteiligt sind. Dieser wird heutzutage in der Branche grossmehrheitlich genutzt.

Bei den Anbietern von Überwachungs- und Kommunikationssystemen gibt es zwei Gruppen. Die einen, wie z.B. Smartblue, QOS und Synaptic bieten reine Softwarelösungen an. Sie greifen auf die Wechselrichterdaten in der Anlage oder auf die Cloud der Wechselrichterhersteller zu. Die anderen, wie z.B. Solarlog, meteocontrol und ardexa haben einen eigenen Industriecomputer vor Ort, von wo aus sie die Daten direkt über ein lokales Bus-System vom Wechselrichter abgreifen und in die eigene Cloud senden. Diese Lösung ist etwas aufwändiger zum Umsetzen. Vor Ort können damit aber zusätzliche Geräte und Sensoren angeschlossen oder Sicherheitssysteme eingebunden werden. Damit bietet diese Architektur eine deutlich grössere Flexibilität.

Ökosysteme in Windparks

Im Gegensatz zur Photovoltaik ist die Windenergie-Branche seit mehr als 15 Jahren geprägt durch wenige Turbinenhersteller. Ein weiterer Gegensatz zur Photovoltaik ist, dass die Besitzer von Windturbinen in der Regel professionelle Investoren und Anlagenbetreiber sind. Deshalb ist die Anforderung an professionelle Ökosysteme im Vergleich zum PV-Bereich schon lange hoch.

Windturbinen sind komplexe Maschinen mit vielen elektrischen, mechanischen und hydraulischen Systemen, wobei es grosse Unterschiede im Aufbau der Turbinen zwischen den einzelnen Herstellern gibt.

Als Datenstandard wird für die Überwachung von Windturbinen meistens OPC (Open Platform Communications) verwendet. Damit sind Realtime-Daten mit einer Auflösung bis 10 Sekunden verfügbar, welche in der Regel aber nur für 48 Stunden gespeichert werden. Diese Daten werden unter anderem für Funktionsanalysen verwendet, wofür vor allem die hohe Auflösung wichtig ist. Der OPC-Standard stammt aus der Automatisierungstechnik und wird von über 600 Firmen getragen.

Weiter wird von den meisten Herstellern zusätzlich eine ODBC-Verbindung (Open Database Connectivity) zur Verfügung gestellt. Auf den ODBC-Servern werden in der Regel 10 Minuten-Mittelwerte der gesamten Laufzeit der Anlage gespeichert. Diese Daten werden vor allem für Ertrags- und Ausfallanalysen verwendet.

Mit diesen offenen, industrieüblichen Kommunikationsstandards sind übergeordnete Ökosysteme für Portfolios mit mehreren Herstellern einfach realisierbar.

Ausblick

Sowohl in der Wind- wie auch in der PV-Branche kann man heute mit entsprechenden Systemen moderne IoT-Lösungen betreiben. Da derzeit auf technologischer wie auch auf politischer und regulatorischer Ebene die Entwicklung schnell voranschreitet, werden sich auch diese Systeme laufend weiterentwickeln.

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Markus Kohler

Markus Kohler ist Asset Manager bei der Firma aventron. Er arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich der Erneuerbaren Energien

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