Daten treffen auf Emotionen – Meine Erfahrungen aus der Mode Branche

Noch vor 10 Jahren standen Mode-Händler dem Thema E-Commerce eher skeptisch gegenüber – Mode ist ein emotionales Thema: Kleidung lebt davon, dass man sie anfassen kann, die Stoffe fühlt, vor dem Spiegel anprobiert und verschieden kombiniert. Doch datengetriebene Unternehmen wie Zalando & Co. haben dem klassischen Modehandel eines besseren belehrt und den Weg für Mode im World Wide Web geebnet. Heute werden mit Bekleidung rund 12.7 Mrd. Euro im deutschen Online-Handel umgesetzt. Damit ist Mode die bedeutendste Warengruppe im E-Commerce.
Sind Daten tatsächlich mächtiger als Emotionen?

Warengruppen im Online-Handel nach dem Umsatz in Deutschland
in den Jahren 2015 bis 2018 (in Millionen Euro)


Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/253188/umfrage/umsatzstarke-warengruppen-im-online-handel-in-deutschland/

Wann bringen Daten einen Mehrwert?

Natürlich, wenn es darum geht die Konsumenten im E-Commerce gezielter anzusprechen. Wenn ich weiß, wer gerade in meinem Online-Shop unterwegs ist, kann ich ihm ausgewählte Produkte anbieten: Zum Beispiel kann ich ihm auf Grund vergangener Verkäufe passende Farben vorschlagen oder die passende Hose zur Jacke zeigen, die er sich letzte Woche gekauft hat und so die Verkaufschancen erhöhen.
Potenzielle Käufer locke ich gezielt in meinen Shop, indem ich sie im Web per Cookies verfolge und im richtigen Moment meine Werbung ausspiele. Wenn ihr z.B. nach „Winterjacke“ googelt und später in eurem Facebook-Feed Werbung von Zalando auftaucht, dann wurdet Ihr als potenzielle Käufer identifiziert.
Um die Conversion Rate – also den Anteil Kunden die Kaufen gegenüber allen Kunden die auf meinem Shop landen – zu erhöhen, kann ich Rabatt-Voucher verschicken oder im richtigen Moment ein Pop-Up Fenster öffnen lassen mit einem Sonder-Angebot bei sofortigem Kauf.
Um die Retouren zu senken, analysiere ich die Gründe und versuche u.a. mit Größen-Ratgebern, Kundenbewertungen sowie detaillierten Produktbildern und -videos die Retouren zu minimieren. Oder ich bewerbe chronische Rücksender nicht mehr mit Newslettern, die ich schnell über meine Kundendatenbank identifizieren kann.
Dies sind nur einige Beispiele, was ich aus den Daten die ich in einem Webshop sammle analysieren kann, um meinen Umsatz bzw. Profit zu steigern.

Daten und Emotionen

Wie Anfangs erwähnt, bewegen wir uns beim Thema Mode auch  in einer sehr emotionalen Welt. Nehmen wir als Beispiel die Kreation von Mode. Können Sie sich Karl Lagerfeld vorstellen wie er  SQL-Abfragen schrieb, um sich für seine nächste Kollektion zu inspirieren? Nein? …ich auch nicht.
Bei kommerziellen Marken-Herstellern macht es sicherlich Sinn, Daten in die Kollektionsentwicklung einfließen zu lassen. Aus Verkaufsschlagern der letzten Saisons lässt sich gut ableiten was in der Zukunft funktionieren kann. Doch würden das alle Marken machen, wäre die Mode bald sehr trist – die meist verkauften Farben sind i.d.R. Schwarz, Weiß, Blau und Grau.
Bei Marken, die die Trends vorgeben, muss die Inspiration von woanders kommen. Hier kann nicht auf vergangene Kollektion geschaut werden, um  die Trends von morgen zu definieren, sonst gilt das Design schnell als unkreativ.
Starke Marken folgen nicht einer Zielgruppe, sondern die Zielgruppe folgt der Marke.

Auch das Verhalten des Konsumenten lässt sich nicht immer mit Daten beschreiben. Einerseits möchten wir manchmal überhaupt nicht gezielt angesprochen werden – Wir möchte uns einfach inspirieren lassen und beim durch-browsen Neues entdecken. Andererseits ist es auch nicht rational erklärbar, warum wir uns nun für ein paar neue Jeans entscheiden – sicher nicht weil uns kalt um die Beine ist. Letztendlich haben wir uns von unseren Emotionen (ver)leiten lassen und Emotionen lassen sich nur schwer mit Daten beschreiben.

Dennoch helfen uns die Daten den Konsumenten besser zu verstehen. Im Grunde sind die Daten im E-Commerce der Ersatz für einen guten Verkäufer im stationären Handel. Mit ihrer Hilfe können wir online die Bedürfnisse der Kunden erkennen und entsprechend reagieren. Unternehmen die die Macht der Daten für sich erkannt haben und diese bewusst einsetzen, werden im harten Wettbewerb bestehen.

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Kai Christian Pfenig

Kai Christian Pfenig ist Senior Business Analyst bei der Mammut Sports Group und bloggt aus dem Unterricht des CAS Business Intelligence & Analytics

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