Im Bereich der Digitalisierung stehen die Infrastrukturbetreiber und die Eisenbahnverkehrsunternehmen grossen Herausforderungen gegenüber. Dazu bereitet sich die Konkurrenz vor deren Marktanteil zu übernehmen. Unter diesen Bedingungen gibt es einige Trends zu berücksichtigen. Neue Technologien ergeben neue Möglichkeiten, aber auch neue Risiken. Zusätzlich verändern sich die Erwartungen von Kunden und Mitarbeitenden immer mehr.
Die europäischen Staaten haben in den letzten Jahrzehnten gigantische Summen und Ressourcen in den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur investiert, mit dem Ziel, die Kapazität auf den Schienen zu vergrössern und Verkehr von der Strasse auf die Schiene zu bringen. Aber auch mit diesen Bauten ist die Kapazität in Ländern wie der Schweiz oder Deutschland an der Grenze angelangt. Um das weitere Wachstum des Verkehrs abfangen zu können, werden bis zu vier Mal höhere Investitionen fällig als bis anhin. Deswegen muss mit einem anderen Gedankengang an diese Herausforderungen herangegangen werden als bisher. Die Lösungsansätze müssen so flexibel sein wie der Mobilitätsmarkt selbst.
Folgenden Herausforderungen steht die Branche gegenüber:
- Flexible Kapazitätsnutzung. Auf den Schienen liegen grosse Kapazitäten brach, weil die heutigen Technologien es nicht möglich machen, diese zu nutzen. Deshalb ist es notwendig, dass eine Balance zwischen Verlässlichkeit und Flexibilität gefunden wird, die es den Infrastrukturbetreibern ermöglicht, bis zu 20% mehr Züge auf die heute vorhandenen Schieneninfrastruktur zu bekommen. Eine Möglichkeit dafür wäre bspw. eine flexiblere Fahrplan-Erstellung, die kurzfristige Änderungen nicht nur erlaubt, sondern diese immer mitkalkuliert. Dies ist eine Methode, wie sie etwa die SBB aktuell mit ihrem Traffic Management System entwickelt. Weiterhin werden IoT und 5G real-time Datenaustausch ermöglichen, mit dem Züge automatisch gesteuert werden, was einen weiteren Kapazitätsschub bringen wird.
- Verbesserung der Services. Neue Services werden von Kunden aller Branchen erwartet. So sind Digital Services heute einer der schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige. Der Transformationsprozess in der Bahnbranche wird viele neue Service-Ansätze zeigen müssen. Sei es auf der Passagierseite (z.B. Mobility as a Service oder Integration der letzten Meile) oder auch bei den Bahnunternehmen mit Technologien wie Predictive Maintenance für Schiene und Zug oder Digital Lifecycle-Management.
- Datennutzung. In der Bahnwelt fliegen gigantische Datenmengen herum. Diejenigen Unternehmen, die diese Datenmengen managen und zu nutzen wissen, werden einen grossen Wettbewerbsvorteil haben. Automatisierter Datenfluss wird insbesondere mit 5G grosse Veränderungen mit sich bringen, da zwischen Planung und Operation keine Brüche mehr vorhanden sind. Anpassungen an der Planung können sofort in den Betrieb übernommen werden.
- Automatisierung. Die Automatisierung wird die Effizienz aber auch die Effektivität der Bahnunternehmen verbessern. Die Integration von KI kann positive Auswirkungen auf die Qualität der Planung und den Bahnbetrieb haben. So werden zukünftig Automatisierte Zugfahrten (ATO), automatische Fahrplanplanung und –anpassung oder automatische Kundeninformation zum Standardrepertoire jeder Bahnunternehmnung gehören.
- Cyber Security. Neben der Entwicklung all dieser Lösungen gibt es allerdings noch einen zentralen Aspekt, der in dieser Hinsicht noch zu bewältigen ist. Da moderne Bahnen mehr und mehr IT-Systeme benötigen, um in den Genuss der positiven Effekte der Digitalisierung zu kommen, werden sie direkt Ziel von Cyber-Angriffen. Daher ist es elementar, dass für diese automatisierte Bahnwelt Cyber Security Konzepte erstellt werden, die eine sichere Bahnfahrt garantieren.
Um diese Herausforderungen in einer geeigneten Art und Weise anzupacken, bedarf es einer ganzheitlichen und international gut abgestimmten Business- und IT-Vision.