Ein paar Klicks, ein smarter Flow – und schon ist dein Problem gelöst. No-Code macht es möglich. Aber was, wenn keiner weiss, dass du es gebaut hast? Wenn Daten frei im Netz schweben? Willkommen in der Welt der Schatten-IT. Warum No-Code neue Spielregeln braucht – und wie du sie mitgestalten kannst.
Warum No-Code zur Schatten-IT werden kann
Stell dir vor: Du hast eine Idee für eine kleine App oder ein automatisiertes Formular, das dir und deinem Team den Alltag erleichtert. Statt ein IT-Ticket zu eröffnen und Monate zu warten, setzt du dich einfach hin und baust die Lösung selbst – mit einem No-Code-Tool. Ganz ohne eine Zeile Code.
Genau das passiert heute in vielen Unternehmen. Fachabteilungen nehmen die Digitalisierung selbst in die Hand – schnell, kreativ, lösungsorientiert. Die Tools dafür sind einfach zu bedienen, kosten wenig und liefern Resultate. Was früher „nur die IT konnte“, geht plötzlich auch ohne sie. Klingt erstmal nach einer Erfolgsgeschichte, oder?
Ist es auch – aber mit einem Haken: Diese Lösungen entstehen oft ohne Wissen der IT-Abteilung. Daten liegen in fremden Clouds, Rechte werden per Copy-Paste vergeben, und niemand weiss so genau, wer was gebaut hat – oder wie lange es funktioniert. Willkommen in der Welt der Schatten-IT 2.0.
Der Begriff Schatten-IT ist nicht neu. Schon Excel-Makros oder selbstgebastelte Access-Datenbanken galten als solche. Doch mit No-Code bekommt das Ganze eine neue Dimension: leistungsfähiger, unsichtbarer und schwerer zu kontrollieren. Und genau das macht es heikel.
Selbst ist das Team – aus Mangel an Alternativen
Warum greifen Teams trotzdem zu solchen Lösungen? Ganz einfach: Sie müssen. IT-Abteilungen sind überlastet, Budgets knapp, Anforderungen komplex. Wenn man dann mit ein paar Klicks Prozesse automatisieren oder kleine Tools bauen kann, tut man es eben – notfalls auch ohne Freigabe. Hauptsache, es funktioniert.
Und das ist genau der Punkt: Es funktioniert – kurzfristig. Doch mittelfristig drohen Chaos, Datensilos und Sicherheitslücken. Was passiert, wenn der Ersteller das Unternehmen verlässt? Wenn eine Schnittstelle plötzlich nicht mehr läuft? Wenn niemand weiss, wie die Lösung aufgebaut ist? Dann ist aus der einst cleveren Eigeninitiative schnell ein Risiko geworden. Die Lösung? Governance neu denken.
Spielregeln statt Verbote
Es geht nicht darum, No-Code zu verbieten oder zu reglementieren, bis niemand mehr etwas macht. Im Gegenteil: Unternehmen sollten Rahmenbedingungen schaffen, die sichere, transparente und nachhaltige No-Code-Projekte ermöglichen. Das bedeutet zum Beispiel:
– eine Liste empfohlener Tools, die geprüft und freigegeben sind,
– einfache Richtlinien für Datenschutz und Rechtevergabe,
– eine zentrale Übersicht über laufende No-Code-Projekte,
– und vielleicht sogar einen „No-Code-Coach“, der Teams unterstützt.
Wichtig ist, dass diese Regeln nicht aus der IT-Abteilung „von oben“ kommen, sondern gemeinsam mit den Fachbereichen erarbeitet werden. Denn nur so entsteht Akzeptanz. Wenn die Mitarbeitenden verstehen, warum gewisse Vorgaben nötig sind – etwa zur Datensicherheit oder Schnittstellenstabilität – dann werden sie eher bereit sein, sich daran zu halten. Governance darf nicht als Kontrolle empfunden werden, sondern als Hilfestellung, um gute Lösungen langfristig tragfähig zu machen.
Denn: Wenn Fachabteilungen mit No-Code arbeiten, heisst das nicht, dass sie plötzlich zur IT werden. Es heisst, dass sie Teil der digitalen Entwicklung sind – und das ist etwas Gutes. Wichtig ist nur, dass sie nicht allein gelassen werden.
No-Code bietet enormes Potenzial – gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die schnell und flexibel handeln müssen. Aber dieses Potenzial entfaltet sich nur dann voll, wenn es auf einem stabilen Fundament steht. Governance darf dabei kein Bremsklotz sein, sondern muss als Ermöglicher verstanden werden.
Mein Fazit: Freiheit braucht Verantwortung
No-Code ist gekommen, um zu bleiben. Die Frage ist nicht, ob du damit arbeitest – sondern wie bewusst und verantwortungsvoll du es tust und ob dein Unternehmen bereit ist, diese neue Freiheit mit klugen Spielregeln zu begleiten. Denn mit jedem selbstgebauten Tool wächst nicht nur die digitale Reife eines Unternehmens, sondern auch die Verantwortung, Strukturen dafür zu schaffen. Wer diese neue Freiheit mit klugen Spielregeln begleitet, verwandelt Schatten-IT in echte Innovation – und Eigeninitiative in echten Fortschritt.