Viel hat sich verändert, seit ich in meiner Jugend die Freizeit mit der Jagd nach Gelbbauchunken verbracht habe. Die Digitalisierung ist in unserer Gesellschaft weit fortgeschritten und ich Frage mich, ob die KI — wie ich — zwischendurch auch von Gelbbauchunken träumt?
Stundenlang bin ich damals, auf der Suche nach Ringelnattern und Fröschen, durchs Rietgras geschlichen. Für mich war es ein schöner Tag, wenn ich dabei eine Gelbbauchunke zu Gesicht bekam. Heute, nach dem CAS-Unterricht auf der Rückfahrt im ÖV, zeigt es sich deutlich — vieles hat sich verändert. Das Smartphone hat bei der Jugend den Walkman als treuen Begleiter abgelöst, und auch bei den meisten Erwachsenen ist es nicht anders. Mir persönlich hat die Digitalisierung, seit sie mit dem IBM PC Einzug in unseren Haushalt hielt, mit QuickBASIC die Tür zu einer neuen Welt aufgestossen. Beruflich habe ich mich allerdings trotz meinem Interesse für die Biologie für eine IT-Tätigkeit entschieden. Ich staune immer wieder, wie stark die IT mein Leben seitdem beeinflusst hat. Augenfällig nicht nur meines; sie durchdringt die Gesellschaft auf allen Ebenen und prägt die Art, wie wir unseren Alltag gestalten. Sie beeinflusst unser Leben und Arbeiten wie kaum eine Errungenschaft zuvor.
Fortschritt durch Digitalisierung
Seit der frühen Nutzung einfachster Steinwerkzeuge durch den Menschen, bis zur Erfindung von Mikroprozessoren und Cloudcomputing — selten waren Errungenschaften so bedeutend für den Menschen wie die der digitalen Revolution. Hört man auf die Visionen der grossen Technologieunternehmen, von denen ihre neuesten KI-Werkzeuge eindrückliche Vorboten sind und stellt man sich dabei die Zukunft vor, bleibt einem nur das Staunen. Ein Staunen darüber, wie weit wir gekommen sind und über den möglichen, weiteren Fortschritt sowie die Geschwindigkeit, mit der sich dies alles vollzieht.
Das CAS bietet die Möglichkeit, sich mit wesentlichen Themen auseinanderzusetzen. Wir lernen, wie wir mit den Herausforderungen der Digitalisierung umgehen und wie wir aus unternehmerischer Sicht dazu aufgefordert sind, Schlüsselkompetenzen zu entwickeln, um auf die sich ändernden Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Agil zu sein, damit Leistungen wertstromorientiert, schnell und mit grösster Wirkung erbracht werden können.
Fortschritt und nachhaltiges Wachstum
Während den eingangs erwähnten Tagen im Riet verstrichen die Stunden abwechslungsreich. Die Chancen waren gross, im Wasser eine Unke zu erwischen. Nicht selten geschah es, dass ich in der Nacht von diesen Abenteuern träumte. Heute ist meine letzte Sichtung einer Gelbbauchunke Jahrzehnte her. Inzwischen gilt sie als verletzlich. Ihr Bestand geht immer noch zurück und sie ist auf Schutzmassnahmen angewiesen.
Generell ist unser Lebensraum grossen Gefahren ausgesetzt. Verantwortlich dafür ist auch die Liberalisierung der Märkte unter dem Credo des steten Wirtschaftswachstums. Seit der Club of Rome 1972 die Grenzen des Wachstums und damit die Notwendigkeit der nachhaltigen Nutzung unserer natürlichen Ressourcen mit der Forderung, Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, aufs politische Parket gebracht hat, hat sich nur wenig getan. Zwar haben viele Staaten mit Verschärfungen der Umweltgesetzgebung und Bekenntnissen zu Netto-Null-Strategien reagiert. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob die vorgesehenen Massnahmen griffig genug sind. Hat sich doch allein in den letzten 30 Jahren der globale Materialverbrauch mehr als verdoppelt. Er liegt weit über dem, was Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen als planetare Grenze der Ressourcennutzung ansehen.
Fazit
Bemerkenswert ist, wie vielseitig die Themen im besuchten CAS beleuchtet werden. Leider wird aber in keinem Teil auf die Notwendigkeit eingegangen, die agile Transformation im Kontext von nachhaltigem Wachstum zu gestalten. Auch hier optimieren wir entlang des Wertstromes, ohne die Folgen einer übermässigen Ressourcenausbeutung und einhergehende Umweltschädigungen als Kostenfaktoren in unseren Überlegungen berücksichtigen zu müssen. Ich bezweifle, dass aktuelle KI-Modelle aus emotionaler Verbundenheit zu Amphibien über solche träumen und unserer Umwelt damit intrinsisch ausreichend Wert beimessen. Sollten sich aber zukünftig, hinter den durch technischen Fortschritt öffnenden Türen, mehr als nur virtuelle Welten und autonome Systeme finden lassen, geht meiner Meinung nach technischer Fortschritt nicht ohne nachhaltiges Wachstum.
Weiterführende Literatur
- Verkaufte Zukunft, Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht
Becker J.; Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2024 - Rote Liste der Amphibien, Gefährdete Arten der Schweiz
Schmidt B., Mermod M., Zumbach S.; Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern, 2023 - Eine kurze Geschichte der Menschheit
Harari Y. N.; Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2015 - Die Grenzen des Wachstums, Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit
Meadows D., Meadows D., Zahn E., Miling P.; Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1972