Das Problem der Verantwortungsdiffusion – und wie Data Governance hilft

Wenn Aufgaben am Arbeitsplatz nicht klar einer Person zugewiesen sind, fühlt sich niemand verantwortlich dafür. Im Rahmen einer Data Governance soll dieses Problem gelöst werden, indem man verantwortliche Personen definiert. Doch eine reine Formalisierung von Verantwortlichkeiten reicht meist nicht aus und es müssen noch weitere Aspekte berücksichtigt werden, damit es nicht bei einer Verantwortungsdiffusion bleibt.

Was ist Verantwortungsdiffusion überhaupt?

Vielleicht kennst du das «Spülmaschinen»-Szenario am Arbeitsplatz so gut wie ich: Beinahe jeden Morgen wird die Spülmaschine bis zum Mittag nicht ausgeräumt. «Warum sollte denn gerade ich die Spülmaschine ausräumen, wenn auch andere sie benutzen?», denken wahrscheinlich die meisten.

Verantwortungsdiffusion beschreibt die Tendenz, die allgemeine Verantwortung auf alle anderen aufzuteilen. Dadurch sinkt das Gefühl der Verantwortlichkeit und somit auch die Wahrscheinlichkeit, dass etwas getan wird.

Du hast nicht ganz Unrecht, wenn du jetzt denkst, dass es wohl nicht so schlimm ist, wenn niemand die Spülmaschine ausräumt. Wenn die Folgen schlimmer wären, würdest du dich sicher darum kümmern. Bestimmt. Oder?

Im Jahr 1964 hörten 38 Menschen über einen Zeitraum von 30 Minuten die Hilfeschreie von Kitty Genovese, die kurz danach ermordet wurde. Niemand unternahm etwas. Dieses Beispiel zeigt, dass auch bei schlimmeren Konsequenzen, Verantwortungsdiffusion auftritt. Je mehr Menschen in einer Notsituation anwesend sind, desto grösser ist die Verantwortungsdiffusion.

Wie Data Governance helfen kann

Im Rahmen der Data Governance werden Verantwortlichkeiten für bestimmte Aufgaben oder Entscheidungen klar zugeteilt. Verantwortungsdiffusion kann dadurch deutlich verringert werden. Wenn jede Aufgabe oder Entscheidung in einem Unternehmen einer bestimmten Person zugeteilt wird, sollte jetzt doch alles geklärt sein, oder?

Folgende Punkte solltest du noch berücksichtigen, damit auch wirklich nichts schiefgeht:

Klare Kommunikation

Wenn Verantwortlichkeiten schriftlich festgelegt wurden, bedeutet das noch lange nicht, dass die betroffene Person darüber informiert ist. Eine zusätzliche klare Kommunikation über neue Zuständigkeiten ist daher essenziell.

Verantwortungsbereich genau definieren

Muss jetzt nur die Spülmaschine ausgeräumt oder auch noch das Geschirr versorgt werden? Der Verantwortungsbereich sollte genau definiert sein. Bei überschneidenden Verantwortungsbereichen können widersprüchliche Handlungen oder Entscheidungen zwischen den Verantwortlichen auftreten. Wenn es Lücken zwischen zwei Bereichen gibt, kann erneut Verantwortungsdiffusion entstehen.

Richtlinien und Standards

Aufgaben und Entscheidungen können sehr unterschiedlich umgesetzt resp. gefällt werden, je nachdem, wer dafür verantwortlich ist. Richtlinien und Standards für bestimmte Aufgaben oder Entscheidungen können dazu beitragen, dass Mitarbeitende ihre Verantwortung entsprechend den Erwartungen übernehmen können.

Positive Fehlerkultur

Verantwortlich für Aufgaben oder Entscheidungen zu sein, kann eine psychische Belastung darstellen, insbesondere in einem Umfeld mit hohen Erwartungen und potenziell schwerwiegenden Konsequenzen. Umso wichtiger ist es deshalb, dass eine positive Fehlerkultur gefördert wird, damit die verantwortliche Person Fehler frühzeitig und ehrlich meldet. Richtlinien und Checklisten können der verantwortlichen Person zusätzlich Sicherheit bieten.

Den Überblick behalten

Im Arbeitsumfeld kommen ständig neue Aufgaben hinzu oder bestehende Aufgaben verändern sich. Die Zuteilung der Verantwortung für neue Aufgaben kann daher leicht übersehen werden. Die RACI-Matrix oder zahlreiche webbasierte Projektmanagement- oder Data Governance-Tools helfen dabei, den Überblick zu behalten.

Keep In Mind

Wenn du dich wieder mal ärgerst, weil sich niemand um die Spülmaschine oder ein anderes Anliegen kümmert, denke daran: Ohne zugewiesene Verantwortung, tritt unweigerlich Verantwortungsdiffusion ein. Verantwortungsdiffusion ist ein sozialpsychologisches Phänomen, das in jeder Situation auftreten kann, in der mehrere Menschen involviert sind.

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Alexandra Strassmann

Alexandra Strassmann ist Data Manager in der Klinik Hirslanden Zürich und bloggt aus dem Unterricht des CAS Data Governance. Als Psychologin ist sie daran interessiert, Erklärungen für bestimmte Verhaltensweisen am Arbeitsplatz zu finden.

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