Datenanalyse im Profisport am Fallbeispiel von FC Brentford

Die Fans des englischen FC Brentford nennen ihren Verein auch «Moneyball»-Club, ganz nach dem US-amerikanischen Filmklassiker. Geschickt versucht der Verein sich mittels Datenanalyse gegen die finanziell besser gestellte Konkurrenz durchzusetzen. Dies mit Erfolg: Nach langer Zeit in der dritten Englischen Liga gelang es dem Verein innerhalb von acht Jahren, bis in die Premier League aufzusteigen. Basis dafür bildete die intelligente und pragmatische Weise, wie man die Instrumente der Datenanalyse eingesetzt hat.

Der Wettkönig als Retter in der Not

Nach langer Durststrecke änderte sich die Situation des FC Brentford im Jahr 2012, nämlich als der durch Sportwetten reich gewordene Matthew Benham Mehrheitsaktionär des Vereins wurde. Der neue Eigentümer investierte rund 100 Millionen Pfund in den Verein und daraus resultierte bereits zwei Jahre später der Aufstieg des FC Brentford in die zweite Englische Liga.

Die Weichen für die Nutzung von Datenanalysen waren bereits gestellt, so gründete Benham schon weit vor der Überahme im Jahr 2004 das Unternehmen Smartodds. Smartodds nutzt statistische Analysen, um seine Kundinnen und Kunden dabei zu unterstützen, ein besseres Verständnis des Glücksspielmarktes zu erlangen und ihre Chancen auf einen Wettsieg zu steigern. Das Forschungsteam von Smartodds analysiert akribisch die Daten verschiedener Fussballligen, um zukünftige Resultat zu prognostizieren. Benham und sein Team aus Profis in den Bereichen Daten- und Leistungsanalyse haben dann die Arbeitsweise und die eingesetzten Instrumente von Smartodds auf den FC Brentford übertragen. Es gelang ihnen, die erhobenen Informationen mit den traditionellen Ansätzen zu kombinieren.

Benhams Millionen wurde nicht, wie sonst üblich, für teure Spielertransfer eingesetzt. Um sich auf dem Spielfeld einen Vorteil zu verschaffen, hat der Verein Wege gesucht, wie man mithilfe von Daten einen Mehrwert schaffen kann. Eine der bedeutendsten Massnahmen, die vom Verein ergriffen wurden, ist die Revolution der Rekrutierungsstategie von jungen Talenten.

Moderne Transferpolitik

Eine eigene Jugendabteilung aufzubauen und finanziell zu fördern, bot dem kleineren FC Brentford eine potenzielle Möglichkeit, unabhängig zu agieren. In den Anfangsjahren der Benham-Eigentümerschaft zeigte der Verein grosses Interesse an diesem Ansatz. Dies mündete allerdings in einer Enttäuschung: Der FC Brentford investierte jährlich 1,5 Mio. Pfund in die eigene Akademie, doch die Mehrheit der Nachwuchstalente verzeichneten keine nennenswerten Erfolge. Es bildete sich ab, dass Spieler mit viel Potenzial die Akademie frühzeitig – teilweise gar vor einem Einsatz in der ersten Mannschaft – verliessen. In der Folge wurde der Fokus anders gelegt: Man hielt Ausschau nach talentierten, aber übersehenen, Spielern im Ausland. So konnten vielversprechende Talente für verhältnismässig geringe Summen rekrutiert werden.

Der FC Brentford entwickelte im Verlaufe der Zeit eine bemerkenswerte Fähigkeit dafür, unterbewertete Spieler zu einem günstigen Preis zu verpflichten, ihre Fähigkeiten zu verbessern und sie dann für hohe Summen weiterzuverkaufen. So hat der FC Brentford, Stand Frühling 2022, seit 2016 rund 75 Mio. Pfund für Ablösegelder ausgegeben und über 190 Mio. Pfund durch Verkäufe wieder eingenommen. Durch diese profitable Transferpolitik konnte der Verein im Jahr 2020 ein neues Stadion bauen und sich mit Vereinen messen, die ein weitaus höheres Budget hatten.

Doch wie findet der FC Brentford all diese verborgenen Talente? Eine Strategie ist es, Modelle zu erstellen, welche die Leistungsfähigkeit von Vereinen aus unterschiedlichen Ländern vergleichen. So kann der FC Brentford Mannschaften finden, die in weniger bekannten Ligen erfolgreich sind und deren Schlüsselspieler zu einem gemässigten Preis zur Verfügung stehen. Daraufhin können diese Spieler genauer gescoutet werden.

Vorreiterrolle

Benham besitzt neben dem FC Brentford auch den dänischen FC Midtjylland, in dem er 2014 Hauptanteilseigner wurde. Daten sind für den dänischen Verein genauso wichtig wie für den FC Brentford. In der dänischen Superliga gewann der FC Midtjylland 2015 erstmals den Meistertitel und konnte den Erfolg seither zwei Mal wiederholen. Es überrascht daher nicht, dass andere Vereine ähnliche Wege suchen, um die Erfolgsgeschichte von Benhams Vereinen nachzuahmen. Der FC Brentford war nicht der erste Verein, der die Datenanalyse in den Sport einbrachte. Aber er gehört zu den ersten, die diese Methodiken im Fussball erfolgreich einsetzten. So haben mittlerweile auch bedeutende Vereine, wie FC Liverpool und FC Barcelona das erfolgsversprechende Rezept von FC Brentford übernommen.

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Sergiy Lopatyuk

Der leidenschaftliche Fussballfan Sergiy Lopatyuk ist Verkaufscontroller bei Pistor AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Business Intelligence & Analytics.

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