Zahlen zu Bitcoin – aus einer etwas anderen Perspektive

Als ich im letzten Oktober mit dem CAS Blockchain begann, hatte ich, wie wohl die meisten, nur eine ungefähre Ahnung, wie Blockchains, Proof of Work oder Proof of Stake, Bitcoin, Ethereum und Smart Contracts funktionieren.

Dies änderte sich mit den vermittelten Informationen zwar sehr schnell, eine intuitive Einordnung der Angaben war jedoch oft etwas schwierig.

Deshalb hier ein Versuch, einige der Zahlen und Grössen am Beispiel Bitcoin etwas anschaulicher darzustellen.

Proof of Work: Die Nadel im Heuhaufen

Damit eine verteilte Maschinerie, wie die des Bitcoin-Netzwerks, überhaupt funktionieren kann, müssen sich alle Teilnehmer jederzeit auf eine einzige “Wahrheit” einigen können. Diese “Wahrheit” besagt, zu welchem Zeitpunkt welche Transaktion stattgefunden hat. Bei Bitcoin wird dieser Konsens nach dem Prinzip des Proof of Work erreicht.

Dabei werden die Transaktionsdaten in einem Block zusammengefasst und mit einer weiteren, beliebigen Zahl zu einem Kennwert verrechnet. Ist das Resultat, ein scheinbar zufälliger Wert, kleiner als ein vorgegebener Zielwert, ist ein gültiger Block gefunden und kann an die anderen Knoten im Netzwerk kommuniziert werden. Andernfalls wird eine andere, beliebige Zahl gewählt und der Rechenvorgang neu gestartet.

Da sich nicht im Voraus sagen lässt, welche Ausgangsdaten nötig sind, um ein bestimmtes Resultat zu erreichen, bleibt nur der Weg, alle Möglichkeiten durchzurechnen, was als Mining bezeichnet wird.

Die Krux liegt nun darin, dass sich derzeit sehr viele Miner darum bemühen, einen gültigen Block zu finden, denn dafür erhalten sie eine Belohnung. Gerade eben beim Block 828263 waren es $295’227.

Das Bitcoin-Protokoll gibt jedoch vor, dass durchschnittlich nur alle 10 Minuten ein Block gefunden werden darf. Dies wird erreicht, indem der Zielwert so klein gesetzt wird, so dass es unglaublich viele Rechendurchläufe braucht, bis das Rätsel gelöst ist.

Die Anzahl der Durchläufe pro Sekunde, die sogenannte Hashrate, wird derzeit mit 461.58 EH/s angegeben. Das heisst, von allen Minern wird alle 10 Minuten 276’948’000’000’000’000’000’000 Mal versucht, eine gültige Lösungszahl zu finden.

Unvorstellbar. Versuchen wir’s doch anhand der Geschichte mit der Nadel im Heuhaufen.

Gemäss einem befreundeten Bauern wiegen 30 Halme etwa 12 g und 1 m³ Heu rund 110 kg. In einem Kubikmeter Heu befinden sich demnach etwa 275‘000 Halme. Setzt man nun jeden Rechendurchgang mit einem Halm gleich, dann ergibt dies einen Heuhaufen von etwas mehr als 1 Billion m³.

Gleichmässig über die Schweiz verteilt, wäre der Haufen somit 24’400 km hoch, was etwa 2/3 der Höhe von geostationären Satelliten entspricht. GPS-Daten wären in diesem Fall für die Schweiz leider keine mehr verfügbar, denn die GPS-Satelliten flögen auf ihrer Höhe von 20’200 km in den Haufen.

Über die Landmasse der Erde von 149 Millionen km² verteilt – wir wollen ja kein nasses Heu – ergibt sich immer noch einen Wert von 6’800 m oder 3/4 der Höhe des Mount Everest.

Was bei der ganzen Sache nicht vergessen werden darf ist, dass der gesamte Heuhaufen alle 10 Minuten weggeräumt und wieder neu aufgeschichtet werden muss.

 

Strombedarf: Ein weiter Weg

Dass die  Rechenleistung, die von allen Minern erbracht werden muss, enorm viel Strom verbraucht, ist aus den oben genannten Gründen gut fassbar. Schätzungen gehen derzeit von einem Verbrauch von 164 TWh pro Jahr aus. Unter der Annahme, dass pro Block maximal 4000 und somit pro Jahr 210 Millionen Transaktionen verarbeitet werden, ergibt dies einen Strombedarf von 780 kWh pro Transaktion.

Oder etwas anschaulicher: Gemäss Hersteller verbraucht ein Tesla Model 3 pro 100 km 13.2 kWh. Dies bedeutet, dass mit der gleichen Strommenge, die für eine einzige Zahlung mit Bitcoin verbraucht wird, das Auto 5900 km fahren kann.

Das Bitcoin-Netzwerk benötigt jede Sekunde eine Strommenge, die einen Tesla über 40’000 km, d.h. einmal um die Erde, fahren lässt.

 

CO2: Kaugummis am Kiosk

Der Strom für das Mining wird zu einem überwiegenden Teil aus nicht erneuerbaren Energiequellen bereitgestellt. Schätzungen gehen davon aus, dass dadurch pro Jahr über 80 Millionen Tonnen an CO2 oder fast 4000 kg pro Transaktion emittiert werden. Basierend auf Zahlen des BAZL mit 66 g CO2 pro Passagierkilometer spielt es darum CO2-mässig keine Rolle, ob ich Kaugummis am Kiosk im Flughafen Zürich mit Bitcoin bezahle oder auf die kanarischen Inseln fliege, bar bezahle und wieder zurückfliege.

 

Fazit

Bitcoin mag ein genialer Proof of Concept sein, ressourcenmässig ist es jedoch eine Katastrophe. Es ist deshalb zu hoffen, dass nachhaltigere Blockchain-Implementationen Bitcoin mit der Zeit ersetzen werden.

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Daniel Mischler

Daniel Mischler ist CEO der Ticketville AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Blockchain.

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