SAFe, Scrum, ITIL – Wieso uns der Kampf um Methoden nicht weiterbringt

Im Rahmen der digitalen Transformation wird häufig ausschliesslich von Methoden und Prinzipien gesprochen und in Organisationen darüber gestritten, welches nun die richtigen seien. Dabei wird das Wesentliche ausser Acht gelassen: Unsere Haltung gegenüber Neuem und Unvorhersehbarem, sowie den wertschätzenden und vertrauensvollen Umgang untereinander. Die Haltung bestimmt das Verhalten über Methoden und Prinzipien und nicht umgekehrt.

Organisationen und die Gesellschaft befinden sich im Spannungsfeld zwischen stetigen Veränderungen und Komplexität auf der einen, sowie Kontinuität auf der anderen Seite. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, fokussieren sich Entscheidungsträger häufig auf die Suche der «richtigen» Methode(n). In der Praxis etablierte und bewährte Methoden gibt es einige.

Spannungsfelder nehmen zu und der Fokus im Management liegt bei der Beantwortung von Fragen wie «wieso die einen offen sind gegenüber neuen Methoden, andere nicht» oder «entspricht der Einsatz der gewählten Methoden dem gewünschten und erforderlichen unternehmerischen Zweck». Diese Fragestellungen sind berechtigt und wichtig, denn die eingesetzten Methoden können nur das gewünschte Verhalten in der Zusammenarbeit hervorbringen, wenn sie auf den Zweck und die Kultur der eigenen Unternehmung adaptiert werden.

Trotzdem bleiben Spannungsfelder bestehen und digitale Transformationen scheitern immer wieder. Nicht an Methoden, vielmehr an der Einstellung von Führungskräften und Mitarbeitenden. Jede Grundhaltung wird sichtbar, bei der Arbeit, beim Umgang mit Menschen und beim Blick auf sich selbst. Grundlegende Sichtweisen sind notwendig, welche zu einem gemeinsamen Werteverständnis und Verhaltensmustern führen, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten.

Hindernis Misstrauenskultur
Eine auf Misstrauen und einem abwertenden Menschenbild (gemäss Taylorismus) aufbauende Grundhaltung gegenüber den Menschen im Unternehmen ist noch stark verbreitet. Menschen werden in Klassen eingeteilt (z.B. interne und externe), als nicht vertrauenswürdig und mit neidischem Blick betrachtet. Daraus folgt die Überzeugung, nach dem Prinzip “Druck und Belohnung“ zu führen. Das Risiko der «Manipulation» und «Mechanisierung» der Mitarbeitenden zum Selbstzweck, Status und Absicherung der eigenen Position ist hoch. Daraus entsteht eine Kultur des Gegeneinanders und von Machtspielen. Dies führt zu zunehmender Ablehnung von Veränderungen und Lähmung der Organisation.

Hindernis hybride Kultur
Wenn unterschiedliche Haltungen und damit Kulturen in einer Organisation etabliert sind, entstehen Konflikte. Wenn die Interessen überwiegend «Ich-zentriert» sind, wird eine auf den Kunden ausgerichtete Zusammenarbeit unmöglich. Was auch immer die Treiber für den Selbstzweck dieser Menschen sind, werden diese immer zuerst für sich schauen und versuchen, sich in ihren Silos zu verstecken, Kontrolle auszubauen und das System zu unterlaufen. Die Zusammenarbeit und Kultur werden «toxisch».

Hindernisse lösen durch «bewegliche» und «mutige» Haltung
Organisationen brauchen Menschen, welche überzeugt sind, über die eigenen Teamgrenzen hinweg, unvorhersehbares, sinnstiftendes und grosses zu erreichen. Dank dem wertschätzenden und vertrauensvollen Umgang untereinander, nehmen Leistungsfähigkeit und Motivation zu. Dadurch sind Menschen in der Lage, sich neuen Herausforderungen zu stellen, offen, transparent, reflektiert und lösungsorientiert mit bestehenden Problemen umzugehen.

Unausweichliche Auseinandersetzung mit uns und unserem Arbeitsumfeld
Welche Haltung habe ich und welche wünsche ich in meinem Arbeitsumfeld anzutreffen? Folgende vier Handlungsfelder helfen, diese für die digitale Transformation notwendige Haltung von einer dazu nicht kompatiblen abzugrenzen.

Selbstbild und Fremdbild
Selbstbild und Fremdbild (Bildquelle: Mooncamp)

 

Fazit
Führungskräfte und Mitarbeitende mit einer den heutigen Anforderungen gerechten Haltung werden Ihre Unternehmen verlassen, wenn es nicht gelingt, eine dem Selbstzweck-, Angst- und Misstrauensgetriebene Kultur abzubauen. Die Unternehmungen brauchen diese Menschen, um Methoden und Prinzipien für eine erfolgreiche Zukunft anzupassen. Sie werden es mit ihrem Mut und ihrer Leistungsbereitschaft danken.

Auf den Begriff «agiler Mindset» wurde bewusst verzichtet, da die oben beschriebenen Werthaltungen nicht neu sind und im Zusammenhang mit verschiedenen Herausforderungen bereits Mitte des letzten Jahrhunderts beschrieben wurden.

Der Satz «Alter Wein, in neuen Schläuchen» hat daher seine Berechtigung und soll uns alle ermutigen, die notwendigen Schritte miteinander zu gehen.

Weiterführende und inspirierende Links zum Thema

 

 

 

 

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Fabian Widmer

Fabian Widmer ist Produkt Manager IT Service Management innerhalb der Dienststelle Informatik des Kanton Luzern und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Themen rund um die Digitale Transformation, insbesondere in der Verwaltung.

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